Die geheimnisvolle Tuer
ihn.
»Er tut mir bestimmt nichts.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich spüre es«, sagt Alexander. »Du bleibst hier im Versteck.«
Er wartet, bis die Männer in einer anderen Ecke des Schlosshofes sind. Dann schleicht er an der Mauer entlang bis zum großen Tor und ruft: »Hier bin ich!«
»Da ist er!«, rufen die Männer und rennen los.
Alexander bleibt stehen. Die Männer umringen ihn, aber keiner fasst ihn an.
»Bringt ihn zu mir!«, befiehlt der Herr der Finsternis.
Die Männer führen Alexander zu ihm.
»Komm mit!«, sagt der Herr der Finsternis und geht mit Alexander ins Schloss. Vor einer Tür bleibt er stehen und sagt: »Diesen Raum hat außer mir noch kein Mensch betreten.«
Er öffnet die Tür, und Alexander traut seinen Augen kaum: Ein schwacher Lichtschein fällt heraus. Der Herr der Finsternis geht hinein, Alexander folgt ihm und sieht eine brennende Kerze. Sie steckt in einem Halter an der Wand und beleuchtet das Bild eines Mädchens. Der Herr der Finsternis bleibt vor dem Bild stehen und betrachtet es so lange, als sehe er es zum ersten Mal. Alexander steht neben ihm und rührt sich nicht. Das Mädchen auf dem Bild hat wunderschöne blonde Locken und scheint die Betrachter anzulachen.
Der Herr der Finsternis atmet schwer aus und wendet sich um.
Alexander sieht sofort die Tränen in seinen Augen.
»Du hast Haare wie sie«, murmelt er und berührt sie zart. »Golden und weich.«
»Ist sie … ist sie deine Tochter?«, fragt Alexander leise.
Der Herr der Finsternis nickt. »Ich hatte zwei Kinder und habe beide verloren. Du ähnelst meiner Tochter und bist ein Junge wie mein Sohn. Du bist kein gewöhnliches Wesen, sonst könnten deine Haare nicht leuchten. Dich schickt mir der Himmel als Trost für meine alten Tage.«
»Aber ich … ich kann nicht hierbleiben«, murmelt Alexander.
»Warum nicht?«
»Ich muss zurück ins Land des Lichts«, antwortet Alexander. »Und du musst mitkommen.«
»Ich?« Der Herr dir Finsternis schüttelt den Kopf. »Ich werde mein Land nicht mehr verlassen.«
»Du musst!«, lässt Alexander nicht locker.»Damit du siehst, wie schön es im Land des Lichts ist.«
»Warum soll ich das sehen?«, fragt der Herr der Finsternis. »Meine Tochter war schön, und man hat sie mir genommen. Deswegen werde ich allen alles nehmen, was schön ist.«
»Was hast du dann davon? Das bringt dir deine Tochter auch nicht zurück.«
Der Herr der Finsternis schweigt. Er schaut wieder ihr Bild an.
»Sie würde es bestimmt nicht richtig finden, dass du alles Schöne, ja sogar alles Leben zerstören willst«, sagt Alexander leise.
»Das verstehst du nicht«, sagt der Herr der Finsternis, dreht sich um und geht zur Tür. »Komm mit!«
Im Schlosshof verkündet er den Männern: »Das ist Alexander. Er kann sich im Schloss frei bewegen, darf es aber nicht verlassen.«
Alexanders Augen suchen Rulu, aber er kann sie nirgendwo entdecken und hofft, dass die Männer sie nicht gefunden haben.
»Du kommst jetzt mit mir«, sagt der Herr der Finsternis zu ihm. »Ich zeige dir dein Zimmer.«
»Ich brauche kein Zimmer«, entgegnet Alexander. »Ich bleibe nicht hier.«
»Du wirst es gut haben bei mir.«
»Nein! Ich will nach Hause!«
»Dein Zuhause ist jetzt hier.«
Plötzlich rennt Alexander los, kommt jedoch nicht weit. Zwei Männer halten ihn fest, und der Herr der Finsternis lässt ihn in sein Zimmer bringen.
»Beruhige dich erst mal und ruh dich aus«, sagt der Herr der Finsternis. »Dann werden wir gemeinsam essen. Du hast doch sicher Hunger.«
»Ich will nichts essen!«, ruft Alexander verzweifelt. »Ich will hier raus!«
Der Herr der Finsternis geht hinaus und lässt Alexander allein. Nachdem er sich einigermaßen beruhigt hat, überlegt er, was er jetzt tun könnte.
»Xenody«, murmelt er. »Sie muss Hilfe holen.«
Alexander geht zur Tür und drückt dieKlinke vorsichtig nach unten. Die Tür ist nicht abgeschlossen. Er späht hinaus, schleicht durch den Flur in den Schlosshof. Dort setzt er sich auf eine Bank. Obwohl er Xenody nicht sehen kann, ist er sicher, dass sie ihn sieht. Und es dauert auch nicht lange, bis sie heranschwebt. Sie stellt sich unter die Bank, damit sie nicht entdeckt wird.
»Ich komme hier nicht mehr raus«, flüstert Alexander. »Du musst ins Land des Lichts fliegen und Hilfe holen.«
»Und wenn sich niemand mitzukommen traut?«
»Sie müssen sich trauen, sonst muss ich für immer hierbleiben und sie sind alle verloren.«
»Ich werde es
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