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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Er packte den Griff seines Dolches und beugte sich vor. »Den holen wir uns jetzt. Ich von rechts, du von der anderen Seite.«
    »Er hat uns nicht gesehen. Aber hier im Durcheinander der Straße wird er uns wieder entkommen.«
    »Nicht, wenn wir es geschickt machen.«
    »Wir dürfen nicht auffallen, nicht rennen«, sagte Sean und ging scheinbar ohne Eile unter bunten Sonnensegeln und an Händlertischen entlang nach links, überquerte die Straße zwischen Lastenträgern und neugierigen Käufern und blieb stehen. Der junge Araber stand noch immer am Brunnen und redete mit einer verschleierten Frau. Er gestikulierte heftig, dann lachte er, verbeugte sich und sprang von den Stufen.
    Sean beschleunigte seine Schritte und drängte sich durch die Menschenmenge. Er achtete darauf, niemanden anzurempeln, um nicht durch einen Streit aufgehalten zu werden. Er sah Uthman nicht mehr, der im Gewimmel verschwunden schien, aber er verlor den jungen Araber nicht aus den Augen. Der Verfolgte ging entschlossen zwischen zwei Palmenstämmen hindurch und in eine Quergasse hinein. Sean spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er folgte dem Araber, der ihn noch immer nicht gesehen hatte und sich auch nicht umsah.
    »Heute entkommst du mir nicht«, knurrte er und duckte sich hinter einen Stapel Teppiche, als sich der Verfolgte umdrehte. Zwei Atemzüge danach sprang er auf und sah, dass der junge Araber stehen geblieben war und zu einem Fenster hinaufblickte. Sean schätzte die Entfernung ab und begann zu rennen. Kurz bevor er sich auf den Araber stürzen konnte, hörte dieser seine Schritte, drehte sich um und starrte Sean an. Dann sprang er mit einem weiten Satz zur Seite. Sean rannte ins Leere und fing sich an der Mauer ab. Er warf sich herum und wollte den Araber packen, was ihm zunächst auch scheinbar gelang, doch dann merkte er, wie ihm der Ärmel des Burnus, nach dem er gegriffen hatte, unvermeidlich aus den Fingern glitt.
    Als der Araber zu rennen anfing, kam Uthman in vollem Lauf um die Ecke der Gasse gerannt und breitete beide Arme aus. Der Dolch in seiner Hand blitzte gefährlich auf.
    »Bleib stehen«, rief er. »Dieses Mal kommst du nicht davon.«
    Der Araber blieb nach vier, fünf Schritten stehen und zog ebenfalls einen Dolch. Er sah ein, dass er weder an Sean noch an Uthman vorbeikam. Seans Schritte wurden langsamer; auch er zog seinen Dolch aus der Scheide und blieb fünf Ellen vor dem Araber stehen.
    »Willst du reden oder kämpfen?«, fragte er scharf. Der Araber lachte verächtlich, wie es Sean schien.
    »Beides, Ungläubiger.«
    Uthman versperrte den Weg nach vorn. Sean hob den Arm und hieb auf den Araber ein. Der junge Mann, kaum älter als Sean, wehrte den ersten Angriff ab, indem sein Arm mit der Waffe hochschnellte und den Dolch vor seinem Körper auf Armeslänge hin-und herschwenkte. Sean blieb außerhalb der Reichweite der Dolchspitze und versuchte, den Araber ab und an durch ein Vorstoßen seines Dolches einzuschüchtern. Die Männer begannen sich mit vorsichtigen Schritten zu umkreisen. Immer wieder blitzten die Klingen auf, kreuzten und berührten sich flüchtig, dann wichen beide wieder zurück.
    »Du hast mich fast erschlagen mit deinem verdammten Stein«, keuchte Sean. Uthman griff nicht ein, aber er beobachtete wachsam jeden Schritt und jede Bewegung des Arabers.
    »Ich wollte nicht, dass du stirbst.« Der Muslim war ebenso schweißüberströmt wie Sean und atmete kaum weniger schwer. Aber er bewegte sich geschickter als Sean. »Ich wollte, dass du liest und verstehst.«
    Für die Dauer zweier Herzschläge war Sean abgelenkt. Die Antwort des Gegners, die er deutlich’ verstanden hatte, hatte ihn zu sehr verblüfft. Hatte er sich verhört? Hatte er tatsächlich ›lesen‹ und ›verstehen‹ gesagt?
    Der Knauf des gegnerischen Dolches traf sein Handgelenk und schlug die Waffe aus seinen empfindungslos gewordenen Fingern. Der Schmerz fuhr bis in Seans Schulter hinauf. Im gleichen Augenblick packte der Muslim Seans linken Arm, riss ihn zu sich heran und legte seinen Arm um Seans Hals. Er presste den Schotten an sich und zielte mit der Dolchspitze auf dessen Herz.
    »Ich könnte dich töten«, zischte er in Seans Ohr.
    »Dann tu’s doch!«, entfuhr es Sean. Er hörte die Schritte und sah einen Schatten. Uthman näherte sich von hinten, seinen Arm mit dem Dolch stoßbereit.
    Der würgende Griff um Seans Kehle lockerte sich, der Dolch des Arabers schwand aus seinem Blickfeld und klirrte zu Boden.
    Deutlich und

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