Die Gehilfen des Terrors
für
Hilfe Aber nix Polizei. Nicht mich sehen. Ich illegal.“ ( illegal =
gesetzwidrig/auch= nicht berechtigter Aufenthalt in einem Land)
Du meine Güte!, dachte Gaby.
Auch das noch. Aber was heißt das schon! Dem guckt die Not aus allen Poren.
Dann muss ich eben ran. Seufzend lehnte sie ihr Rad an die Mauer. Verfolgung!
Die Gummistiefel quietschten und patschten. Das Cape raschelte. Aber der
Brutalo würde nichts hören. Der war schon zu weit voraus.
Gaby erreichte die
Weidenanger-Straße, trat aus dem schützenden Durchhaus unter den freien —
grauen — Himmel und wurde mit einer Sturzflut geduscht. Die Straße bot das
gleiche Bild wie drüben: Keine Passanten, nur geparkte Fahrzeuge und natürlich
halbschuhhoch Wasser auf dem mit Asphalt versiegelten Boden.
Und dort war der Messertyp.
Eben stieg er in seinen Wagen,
einen braunen VW mit Delle am Kotflügel hinten links. Der Kerl hatte die Tür
geöffnet, schüttelte den Regen vom Kapuzenmantel und zwängte sich hinters
Lenkrad. Die Parktasche vor dem VW war frei. Er konnte abfahren ohne zu
manövrieren. Die Entfernung zu Gaby betrug nur ein Dutzend Schritte.
Das Kennzeichen!
Ein Windstoß kam Gaby zu Hilfe.
Er fegte die Regenschleier beiseite. Ungehinderte Sicht. Ja, der Wagen war hier
in der Millionenstadt zugelassen. Und endete auf die persönliche Kennung: ...
AH 3345.
Dann sah Gaby nur noch die
glimmenden Rücklichter, der VW bog ab und die Straße war verwaist. Kein
Geräusch mehr außer dem Regen.
Gaby prägte sich die Kfz-Nummer
ein und fand auch gleich eine Eselsbrücke zum leichteren Merken — eine
Eselsbrücke, die ihr typisch erschien.
AH, dachte sie, steht für die
Initialen von Adolf Hitler. Und richtig am Ruder war dieser
Fast-schon-Global-Vernichter von 1933 bis 1945. Zwölf Jahre, die gereicht haben
für unermesslichen Schaden an der Welt und den Menschen.
Sie lief zurück. Das Durchhaus
erstreckte sich gerade. Deshalb sah sie gleich: Der Farbige war verschwunden.
War auch nicht mehr zu sehen, als sie auf die Dieselsmock-Straße trat und nach
allen Seiten spähte. Aber der arme Typ hatte eine Spur hinterlassen. An der
Betonwand, gegen die ihn der Brutalo gepresst hatte, war ein nasser,
umrisshafter Abdruck der schmächtigen Gestalt. Und auf dem Boden lag etwas.
Gaby bückte sich und hob ein
schmales Zündholz-Briefchen auf — wie es Raucher, die der Nikotinsucht nicht
abschwören können, bei sich tragen oder Kavaliere, die sich zwar nicht selbst
die Giftkippen reinziehen, aber rauchenden Ladys Feuer geben.
Das Briefchen war
meerwasserblau und trug einen Reklameaufdruck: Bei Bruno im Poseidon.
Damit konnte Gaby nichts
anfangen. Aber sie schob das Briefchen in eine ihrer trocknen Jeanstaschen.
Denn der Afrikaner — sie schätzte den Farbigen als solchen ein — hatte es
vermutlich verloren: Oder der Brutalo. Aber das erschien ihr nicht so
wahrscheinlich.
Gabys Bike lehnte noch an der
Mauer, blank gewaschen vom Regen. Der Wolkenbruch ließ etwas nach. Gaby traute
sich wieder, stieg auf den Sattel und fuhr Richtung Lindenhof Allee — zum
Treffen mit ihren Freunden.
Selbstverständlich war das
Erlebnis nicht abgehakt. Im Gegenteil! Jetzt hieß es, sich einzuschalten. Der
Afrikaner brauchte sicherlich Hilfe und gegen den Messertyp musste ermittelt
werden. Bestimmt war dies nicht sein erster Übergriff gewesen.
Dem schieben wir einen Riegel
vor, dachte Gaby, damit die Menschlichkeit nicht aus diesem Lande verschwindet.
Man müsste sich ja schämen vor der übrigen Welt. Aber — wahrscheinlich müssen
wir das schon. Ist längst Wirklichkeit. Und voll peinlich!
2. Bruno, Spezialist für Bomben
Die Luft roch nach Bier. Das
ließ sich trotz aller Sauberkeit nicht verhindern. Auch der Geruch von kaltem
Rauch war nicht zu verbannen. Er steckte in den Vorhängen, in den Polstern der
Stühle und Bänke. Er hatte Besitz ergriffen von dem Bierlokal Bei Bruno.
Bruno Scherg, der Pächter und
Wirt, hätte sich gewehrt gegen die Bezeichnung ,Kneipe‘. Nein! Nicht diese
Geringschätzung. Sein Lokal war etwas Besonderes. Erstens, weil er der Wirt
war, zweitens, weil Bei Bruno einen wirklich einmaligen Standort hatte.
Das Lokal befand sich nämlich im Erdgeschoss einer ehemals hochherrschaftlichen
Villa, der gewaltigen Poseidon-Villa, die in den ersten 50 Jahren ihres Daseins
beste Zeiten gesehen hatte. Sie war umgeben von einem kleinen Park, der
allerdings jetzt zusehends verwilderte, lag in einem aufstrebenden Wohnviertel
der
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