Die Gehilfen des Terrors
beim Lesen. Sie... Heheh! Die Bücher
gehören ihr ja gar nicht.“ Karl hatte eins aufgeschlagen, dann noch eins, dann
noch eins — und das Exlibris (Dieses Buch gehört... ) gelesen.
„Sondern wem?“, fragte Tim.
„Hier steht Martha Zinse.“
„Was?“, rief Gaby. „Zinse?
Martha Zinse?“
Karl hielt ihr den
aufgeklappten Buchdeckel hin. „Ist deutlich zu lesen.“
Gaby machte große Augen.
„Martha Zinse — so heißt die Frau von Hans-Martin Zinse, dem Bulldozer.“
„Hier ist noch mehr von ihr“,
teilte Klößchen mit. Er untersuchte die zweite Kommode. „Frauen-Journale.
Abonnierte Hefte. Sie wurden per Post verschickt. Deshalb steht die Adresse
drauf. Frau Martha Zinse, Bauhaus-Straße 26... in unserer Stadt.“
Sie suchten weiter. Noch mehr
Bücher, noch mehr Journale. Alles gehörte Martha Zinse.
„Kein Stück von Irene“, stellte
Tim fest. „Wäre Marthas Lesestoff mit Irenes vermischt — würde ich vermuten:
Die Damen kennen sich und Martha hat Irene das geistige Futter ausgeliehen oder
geschenkt. Ist aber nicht. Daraus könnte man schließen: Dieses Gartenhaus gehört
Martha Zinse. Willi, guck doch mal vorn an die Gartenpforte. Da muss ein
Namensschild sein.“
Klößchen war nach einer halben
Minute zurück.
„Hast Recht. M. Zinse.“
Tim hatte sich inzwischen mit
Irenes Handtasche beschäftigt. Sie enthielt allerlei, doch nichts gab
Aufschluss.
„Sie ist betrunken“, sagte
Gaby. „Sie ist bekleidet mit Hausanzug und Hausschuhen. Was nicht ausreichend
ist für diese kühle Behausung. Zu Fuß ist sie nicht in dem Outfit hergekommen.
Aber draußen parkt nirgendwo ein Auto. Also hat man sie hergebracht. Und dann
sich selbst überlassen. Sich selbst und dem Whisky — oder was das ist. Versteht
ihr das?“
„Legen wir sie erst mal auf das
Sofa“, sagte Tim. „So auf dem Boden — das ist würdelos. Auch für ‘ne
Schnapsdrossel.“
Er nahm Irene an den Schultern.
Karl und Klößchen hoben sie an den Beinen. Gaby klopfte die beiden abgenutzten
Sofakissen zurecht. Irene schlief weiter, flackerte aber mit den Lidern und
schnarchte dann mit seitlich gebettetem Kopf etwas leiser.
„Wir rufen Lohmann an“, sagte
Tim. „Er muss sich kümmern.“
Karl holte sein Handy aus der
Brusttasche und gab’s Tim zur Benutzung.
Über 11833, die Auskunft,
erfragte der TKKG-Häuptling Jens Lohmanns Rufnummer. Dort ließ er’s zehnmal
durchläuten, aber niemand hob ab. Nicht mal ein Anrufbeantworter mit einem
launigen Sprüchlein meldete sich.
„Vielleicht ist er unterwegs
und sucht seine Frau“, mutmaßte Gaby. „Wie ich ja von Papi weiß, ist der Mann
geschäftlich pleite. Wenn so einer finanziell nichts mehr vom Teller zieht,
springt er entweder aus dem Fenster oder er flüchtet ins Privatleben, also zu
seiner Frau. Wahrscheinlich hat er sie vorher so vernachlässigt, dass sie aus
Kummer alkoholabhängig wurde.“
„Hm!“, meinte Tim. „Alles
möglich. Ich rufe mal den Zinse an. Ist ja schließlich die Hütte seiner Frau.“
Wieder die Auskunft. Dann
klingelte bei Hans-Martin Zinse das Telefon. Diesmal hatte Tim Glück.
„Wohnungsbau GmbH Hans-Martin
Zinse“, meldete sich eine Frauenstimme. Sie klang wie Stahlbeton.
„Guten Tag. Ich heiße Peter
Carsten. Sind Sie Frau Zinse?“
„Nein. Ich bin die Sekretärin
von Herrn Zinse. Hier ist das Büro.“
„Können Sie mich mit Frau Zinse
verbinden?“
„Frau Zinse ist noch bis Anfang
Dezember in ihrem spanischen Ferienhaus. Auf Mallorca.“
„Dann bitte Herrn Zinse!“
„Herr Zinse ist nicht mehr im
Büro.“
„Wo kann ich ihn erreichen?“
„Ich fürchte, nirgendwo. Er ist
unterwegs. Wenn Sie mir sagen, worum es geht, Herr Carsten, lege ich ihm eine
Notiz auf den Schreibtisch.“
„Wir sind hier in der
Gartenkolonie am Bahndamm. Aus Versehen haben wir mit einer Luftpistole an
einer Laube die Fensterscheibe zerschossen. Die Laube gehört — wie das
Namensschild an der Pforte angibt — einer Martha Zinse. Den Schaden wollen wir
melden. Natürlich kommen wir dafür auf.“
„Ah ja“, sagte die Sekretärin.
„Ich entsinne mich. Frau Zinse hat dort draußen tatsächlich eine Laube mit
Garten. Aber die benutzt sie schon lange nicht mehr. Wegen der Scheibe brauchen
Sie sich keine Sorgen zu machen.“
„Uns geht’s ums Prinzip. Was
wir anrichten — dafür stehen wir gerade. Schönen Abend noch. Ich melde mich
morgen nochmal.“
Tim legte auf.
In diesem Moment beendete Irene
Lohmann ihr Schnarchen,
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