Die Gehilfen des Terrors
viel erreicht. Also greift er zum letzten
Mittel: Explosion. Brandstiftung. Feuer. Das — genau das! — wird die Polizei
denken. Natürlich hat er nicht vor, die ganze Villa zu zerstören. Aber bei ein
bisschen Unachtsamkeit gerät so eine Aktion leicht außer Kontrolle. Hoffen wir
mal, dass die Mieter sich retten können. Wenn schon nicht ihren Besitz, so doch
wenigstens das nackte Leben.“
„Jens!“ Aufregung malte ihr
rote Flecken ins Gesicht. „Das ist zwar... und schief gehen darf’s nicht...
aber Zinse gönne ich’s... du, ich find’s prima. Nur: Du bist doch kein
Bombenleger, kein Profi-Brandstifter — wie willst du das machen?“
„Ich hab ‘ne Adresse. Von einem
Profi. Einem wirklichen Könner. Bei Bruno Scherg habe ich zwei Bomben bestellt.
Zeitzünder-Bomben. Schweres Kaliber. Eine entfacht Glut wie in ‘ner
Metallschmelze. Mit der anderen kann man einen Wolkenkratzer umblasen. Ich
setze beide ein. Erst die Brandbombe, damit die Mieter noch raus können. Danach
findet die totale Zertrümmerung statt. Dann hat Zinse nicht nur den
Totalschaden, sondern auch höllischen Ärger mit der Polizei.“
„O Gott, ist das aufregend.“
Lohmann sah zur Uhr. „Ich muss
los. In ‘ner halben Stunde bin ich mit Bruno Scherg im Hauptbahnhof
verabredet.“
„Kann ich mitkommen?“
„Auf keinen Fall, Irene. Ich
treffe den Mann nicht persönlich. Der Deal läuft anonym. Über ein Schließfach.
Geld gegen die Bomben. Scherg darf niemals erfahren, wer ich bin. Denn das
Inferno ( Höllenfeuer ) wird ihm überhaupt nicht gefallen.“
„Wieso? Wenn er doch die
Zutaten liefert.“
Lohmann begann hämisch zu
lachen. „Aber nicht, um sie unter dem eigenen Hintern zu zünden. Dieser Bruno
Scherg betreibt nämlich die Kneipe unten in der Poseidon-Villa. Wird eine böse
Überraschung für ihn. Ganz sicher erkennt er an der Art der Katastrophe seine
eigene Handschrift.“
Irene musterte ihren Mann. Ihm
schien, als lese er Bewunderung in ihrem Blick.
18. Otto kommt doch
Schaurige Nacht!, dachte Tim.
Macht mir ja nichts aus. Im Gegenteil: ist abenteuerlich. Aber dass Gaby ihr
behagliches Mädchenzimmer eintauscht gegen diese unwirtliche Pampa — das muss
man bewundern. Und Klößchen stirbt vor Hunger. Und Karl ist so müde, dass ich
ihn ab und zu rütteln muss, damit er nicht einschläft — im Stehen.
Drüben bei der Poseidon-Villa
waren alle Lichter erloschen. Im Park zog Nebel auf. Kalte Regentropfen fielen
von den Bäumen. Hinten bei der Ausfahrt zur Straße, wo auch der Parkplatz für
die Bewohner war, kleckste Laternenlicht buttermilchfarben in die hässliche
Nacht.
TKKG standen bei dem ehemaligen
Puppentheater, das direkt an den Park grenzt und seinerseits von einer
Grünfläche mit Büschen und Bäumen umgeben ist. Die Entfernung zu bewohnten
Häusern betrug reichlich 100 Meter. Und dort hinten, wo auch die Straße
verlief, war ein Container-Standplatz mit den großen Einwerf-Behältern für
Weißglas, Grünglas, Braunglas, Altpapier und Dosenschrott. Im Vorbeigehen
hatten TKKG gesehen, dass dringend geleert werden musste. Den Behältern quoll
das Recycling-Zeug aus den Einwurfschlitzen. Menschliche Umweltschweine hatten
eine Menge daneben geworfen — rücksichtslos.
Auch das Puppentheater war mal
eine Villa gewesen, aber kleiner als die Poseidon-Hütte des griechischen
Erstbesitzers. Im Puppentheater hatte man um 1910 das Parterre zu einem kleinen
Privattheater umgebaut — für Puppenspiele. Ob aus Kinderfreundlichkeit oder um
Kohle zu machen, war nicht bekannt. Nicht mal Karl, der sich in Stadtgeschichte
auskennt, wusste es. Aber man darf annehmen, dachte Tim, bis Mitte des vorigen
Jahrhunderts hat sich der Musentempel für Kids rentiert (gelohnt). Denn
damals war Kino noch was Besonderes und an die Glotze nicht zu denken. Damals
musste man noch selber denken. Globalisierter Schwachsinn war noch nicht
abrufbar auf Knopfdruck — doch dann kam der Siegeszug des Fernsehens und das
Puppentheater starb — wie vieles andere auch — seinen Tod. Tja, nun soll das
Gebäude bald abgerissen werden. Aber die Bordsteinkanten-Kids leben hier erst
mal auf Platte (im Freien nächtigen). Und werden bedroht.
Das Gebäude war noch keine
Ruine, aber fast. Leere Fensterhöhlen im Obergeschoss, mit Brettern vernagelte
Tür- und Fensteröffnungen unten. Schutt und Abfall lag an der Hausmauer. Das
Dach war zum Teil eingefallen. Sicherlich gab’s Ratten und Ungeziefer.
Von den heimatlosen
Jugendlichen war
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