Die Gehorsame
St-Michel, mit Jugendstilmotiven verziert, und durch die Glasscheiben konnte man den kalten graublauen Winterhimmel sehen, der einen Gegensatz zu der milden Wärme drinnen bildete. Das war wohl der Garten, dachte ich, aber für mich war es eher ein Vergnügungspark mit Lichterketten und den nackten Körpern der Sklaven.
Ein Sicherheitsmann stand gelangweilt an der Tür. »Log dich im Argus ein«, sagte er, und nachdem ich es getan hatte, nahm er mir die Schilder ab. »Für die reichen Leute trägst du sie nicht«, sagte er, »aber wenn du sie nach getaner Arbeit hier nicht wieder abholst, bekommst du ernsthafte Schwierigkeiten. Und beeil dich«, sagte er und schob mich durch die Tür.
Wenn er das nicht getan hätte, hätte ich wahrscheinlich immer weiter dagestanden und geglotzt und die Schmerzen ignoriert, die von meinem Armband ausgingen. Aber ich eilte gehorsam zum nächsten Argusauge, das in einer niedrigen Mauer neben einem kleinen Café angebracht war. Beinahe wäre ich mit einem bärtigen Mann zusammengestoßen, der selig an der Mauer lehnte, während ein nackter rothaariger Junge ihm einen blies. Ich loggte mich ein, und das Prickeln in meinem Handgelenk hörte auf. Endlich war ich dort, wo ich sein musste, dachte ich, als ich mich umschaute. An den Tischen saßen ein paar sehr elegante Leute, tranken Wein und Kaffee. Sie waren in weiche Seide und Leinen gekleidet, als ob sie mitten im Winter in einem Resort zu Besuch wären. Weitere Gäste schlenderten die Wege entlang, redeten und lachten und zeigten auf die Sklaven, die als lebende Statuen posierten, als wilde Tiere nackt in Käfigen ausgestellt waren oder als Figuren auf dem winzigen Karussell am See. Ab und zu winkte einer der Gäste einen Sklaven zu sich, und der Sklave trat zu ihm und nahm die geforderte Position ein, wobei er Mund, Schwanz, Arsch oder Möse präsentierte. Ich konnte gar nicht alles mit einem Blick erfassen – die weitläufige Anlage, das perlende Gelächter, der anmutige Gehorsam der Sklaven und ich mit meinem dummen, nackten Erstaunen mittendrin.
In diesem Moment drückte mir ein Kellner ein Tablett mit Erfrischungen in die Hand. »Der Tisch am Zitronenbaum«, sagte er, und ich eilte dorthin. Ich gehörte jetzt dazu und war entschlossen, alles richtig zu machen. Verschütte bloß nichts, sagte ich mir. Steh aufrecht und mach dir nichts daraus, dass sie bekleidet und mächtig sind und du nackt und völlig ihrer Gnade ausgeliefert. Dann stand ich am Tisch.
»Eis?«, fragte ich höflich und hob den kleinen Kelch. Eine hübsche junge Frau mit kurzen schwarzen Locken und rosigem Porzellanteint nickte lächelnd. So weit, so gut. »Bier?«, fuhr ich fort. Der untersetzte Mann mit den grauen Haaren und dem Bart nickte ebenfalls. Der Tee war für den großen, knochigen Mann mit dem rasierten Schädel bestimmt. Ich stellte ihn vor ihn hin und wollte mich gerade höflich zurückziehen, als seine große Hand meinen Hintern packte. Sie können sich sicher vorstellen, dass es ziemlich wehtat, da ich erst vor einer knappen Stunde ausgepeitscht worden war. Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.
»Ich liebe es«, sagte der kahle Mann, »wenn ich ordentlich viel Arsch in der Hand habe. Und dieser hier fühlt sich gut an. Sie hat Striemen. Vielleicht war sie ungezogen, allerdings ist es wahrscheinlicher, dass sie so provokativer wirkt. Was glaubt ihr, Francis, Chloe?« Und zu mir sagte er grob: »Dreh dich für die Dame und den Herrn um, du.«
Ich hielt das Tablett vor der Brust und wandte dem Tisch meinen Rücken zu. »Beug dich vor«, sagte der kahle Mann und legte seine große Hand über meinen Hintern. Ich beugte mich mit gestrecktem Rücken vor, so dass sie Pauls Werk ausgiebig bewundern konnten. Ich kam mir vor wie ein Pavian, der seinen leuchtend roten Arsch präsentiert, und versuchte mich selbst zu trösten, indem ich mich so anmutig wie möglich streckte. Und doch war ich dankbar dafür, dass ich diese Leute nicht ansehen musste.
Francis, der Mann mit dem Bart, klang ein wenig gelangweilt. »Ist es nötig, André«, sagte er, »Chloe so zu ermutigen?« Und zu Chloe gewandt fuhr er fort: »Und, bist du zufrieden, dass du jetzt endlich hier bist?«
Sie sprach leise, aber sehr deutlich, und mir wurde klar, dass sie bestimmt keine Ermutigung brauchte. »Ja, Francis«, sagte sie. »Es ist genauso interessant, wie ich erwartet habe. Und ich glaube nicht, dass sie ungezogen gewesen ist. Ich glaube, André hat recht und jemand
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