Die Gehorsame
hatte das Gefühl, ihn tatsächlich ebenfalls zu mögen, aber ich war erregt – erst durch den Porno und dann durch ihn –, dass ich es nicht genau sagen konnte und eigentlich auch nicht wissen wollte. Ich wollte ihn nur mit nach Hause nehmen, das war mein größter Wunsch.
Schließlich legte er die Hand auf meinen Arm und holte tief Luft. Oh Gott, er hat AIDS oder so etwas, durchzuckte es mich. Aber …
»Sieh mal«, sagte er, »du bist hübsch, äußerst intelligent, und ich mag dich, aber deshalb habe ich mich in der letzten Stunde nicht mit dir unterhalten. Ich habe eigentlich etwas sehr viel Ernsteres vor. Ich möchte, dass du mein Sklave wirst.«
Iiihhh!, das war ja eklig, dachte ich. Du solltest dir mal Gedanken darüber machen, wie man eine Unterhaltung abbricht. Ich starrte ihn an und überlegte fieberhaft, ob ich ihn vielleicht falsch verstanden hätte. Aber Jonathan hat eine ganz klare Aussprache, draußen auf dem Balkon war es still, und mit meinem Gehör ist alles in Ordnung, deshalb konnte ich mich nicht geirrt haben. Ich rutschte von der Balustrade und wandte mich zum Gehen. »Äh, nun, es war nett, mit dir geredet zu haben«, stammelte ich. Verdammt, da wirkte er so fantastisch und stellt sich als krankes Schwein heraus. Wenn ich das den anderen erzählen würde, das würde sicher eine großartige Geschichte abgeben.
»Lass mich ausreden«, sagte er. Er wirkte so ungerührt, dass ich stehen blieb und mich wieder zu ihm umdrehte. »Sieh mal«, begann er erneut, in geduldigem Tonfall, »wir haben uns einen unglaublich schlecht gemachten, dummen Pornofilm angeschaut, und du hättest mit deiner Jeans den Boden aufwischen können.« Sein nüchterner Blick ruhte einen Moment länger als nötig auf meinen Hüften, fand ich.
»Deshalb«, fuhr er fort, »glaube ich nicht, dass du auch nur annähernd so geschockt bist, wie du gerne sein möchtest. Schließlich hast du über diese Dinge durchaus schon nachgedacht. Und auch ziemlich ausführlich, könnte ich wetten. Ich tippe sogar darauf, dass du auf SM -Pornos stehst, seit du als zwölfjähriger Babysitter eine Ausgabe von Die Geschichte der O gefunden hast. Allerdings glaube ich nicht, dass du dich je mehr getraut hast, als sie zu lesen und danach zu onanieren. Was schade ist. Ich glaube, du wärst gut in der richtigen Sache. Ich bin gut darin.«
Dreizehneinhalb. Beinahe vierzehn. Ich meine, so alt war ich tatsächlich, als ich auf Die Geschichte der O stieß. Natürlich, das ist typisch für Jonathans fast pathologische Höflichkeit – eine der Kleinigkeiten, die ich von ihm lernte, ist, dass es nie schaden kann, dem anderen ein bisschen mehr Charme oder Frühreife zuzuschreiben, als er tatsächlich besitzt. Er wusste wahrscheinlich, dass er mir auf eine perverse Art ein wenig schmeichelte, aber er wusste anscheinend auch, dass er absolut recht hatte. SM -Pornos gehörten zu meinen Geheimnissen. Ich verstand zwar nicht, warum ich sie mochte, aber ich wusste, dass sie wichtig für mich waren. Sie schienen neben den typischen romantischen Passionen – dem Schwärmen für Schauspieler, Rockstars und sogar einige Englischlehrer – einen Raum in meinem Kopf zu besetzen. Und – was mir jetzt umso peinlicher war – die romantischen Gefühle, die ich während unserer Unterhaltung für Jonathan gehegt hatte, hatten diese beunruhigende Wendung genommen. Ich fühlte mich auf einmal entblößt.
Aber ich musste etwas sagen. Genug von mir geredet, lass uns über dich reden. »Du verkehrst mit solchen Leuten wie Sir Jack und Mistress Anastasia?«
»Ich verkehre mit einer wesentlich besseren Klasse von Perversen. Aber in gewisser Weise hast du recht. Ich respektiere diese albern aussehenden Personen aus dem Film. Man muss leidenschaftlich sein, um seine Fantasien auszuleben, wenn man dabei so wenig anmutig aussieht. Ich kann Leidenschaft erkennen – Aufrichtigkeit vielleicht eher. Dich habe ich jedenfalls erkannt.«
Er griff in seine Tasche und fand ein Stück Papier. Darauf schrieb er seinen Namen und seine Adresse, in einer winzigen, aber sehr gut lesbaren Schrift. »Wenn du etwas Schönes erleben willst«, sagte er, »komm morgen um drei vorbei.« Und damit mischte er sich wieder unter die Partygäste.
A Star is born, ging mir unsinnigerweise durch den Kopf. Ich stellte fest, dass man mittlerweile mit meiner Jeans wahrscheinlich die gesamte Villa aufwischen konnte.
Und am nächsten Tag um 15.00 Uhr, lieber Leser, ging ich zu ihm nach Hause. Ich
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