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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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gewollt?«
    »Benzin und 'ne Karte.« Kenny zeigte nach oben auf den Fernseher. »Da … da … Es kommt noch mal.«
    Am unteren Rand des Bildschirms … Fotos von Driver, Kehoe, Harry und Heidi. Der Kommentar ließ den üblichen ›Bewaffnet und gefährlich‹-Sermon ab. Dann ein Bild von Corso.
    »Der da«, sagte Kenny. »Das ist der Typ. Hat zwar keinen Pferdeschwanz mehr, aber das ist er, ganz sicher.«
    Ray Loftons Miene war zutiefst bestürzt. Er zeigte auf den Bildschirm.
    »Warte mal«, sagte er. »Spul zurück.«
    »Das ist normales Fernsehen, Mann. Das kann man nicht zurückspulen.«
    »Der Erste.«
    »Was ist mit dem?«
    Der Fernseher kehrte zu seinem normalen Programm zurück. Die Talkshow von Montel Williams.
    Ray rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Mundwinkel. »Ich schwör bei Gott, ich hab den ersten Kerl schon mal gesehen.«
    »Ach, komm«, spottete Kenny.
    »Nein … Ich schwör's.« Er zeigte wieder auf den Bildschirm. »Er hat sich den Kopf rasiert und sich 'n kleinen Bart stehen gelassen, aber ich schwör's, das ist derselbe Typ, den ich heute Morgen auf dem Weg nach oben mitgenommen hab.« Bevor Kenny etwas erwidern konnte, redete Ray weiter: »Ein verrückter Hund. Hat einfach nur dagesessen und in sich reingemurmelt, den ganzen Weg den verdammten Berg rauf.«
    Kenny winkte ab. »Du verarschst mich doch nur, Mann. Du verträgst das einfach nicht … Ich hab wen gesehen, und du nicht.«
    »Nein, Mann … Wenn ich's dir doch sage … Es stimmt …«
    »Das war doch schon immer so bei dir, Ray-Ray. Irgendwer hatte 'nen Pavian zu Hause, und du hattest auch einen.«
    »Ach, das ist doch 'ne alte Geschichte.«
    Die Tür ging auf. Kenny beugte sich vor, um den neuen Kunden zu begrüßen.
    Corso kam in den Laden. Kennys Gesicht hellte sich auf, als wäre Weihnachten.
    »Mann … Sie werden's nicht glauben, was dieser Schwachkopf mir hier gerade erzählen will«, sagte Kenny. »Er hat …«

43
    Melanie Harris saß kerzengerade auf dem Fahrersitz und hoffte, dass irgendeiner der vorbeifahrenden Lastwagenfahrer ihre Nacktheit bemerken und die Polizei anrufen würde. Wobei es natürlich auch darum ging, wie sie nackt aussah. Es war schon schlimm genug, nackt gekidnappt zu werden, da durfte man sich nicht auch noch hängen lassen, so dass womöglich alles an einem absackte und baumelte und man aussah wie ein unförmiger Sack Fleisch. Oh nein, das würde auf keinen Fall geschehen. Schlimm genug, dass die Haare in ihrer Bikinizone schon zum Teil nachgewachsen waren, so dass ihr Schambereich aussah wie ein Zuckerrohrfeld nach einem Taifun. Nächsten Dienstag hatte sie einen Termin zum Epilieren. Irgendwann morgens. Die genaue Uhrzeit fiel ihr gerade nicht ein. Sie fragte sich, ob ihr der Termin auch berechnet würde, wenn sie tot war.
    Am Anfang hatte Brian die säuberlich bis auf einen schmalen Streifen gewachste Bikinizone gefallen. Später begann er, diese Prozedur als kalifornische Affektiertheit zu betrachten, und überhäufte sie mit ebenso viel Spott wie alles, das offensichtlich typisch Hollywood war.
    Am Anfang hatte sie es nur mal zum Spaß ausprobiert. Ein paar Wochen, nachdem sie sich ihren Eyeliner hatte eintätowieren lassen. Melanie hatte gedacht: »Was soll's. In einer Woche ist Valentinstag; das wird eine nette Überraschung.«
    Und siehe da, sie stellte fest, dass es ihr gefiel. Sie fühlte sich nicht nur sauberer dadurch, sondern es verschaffte ihr auch auf seltsame Weise wieder Zugang zu jener vestalischen Jungfrau, die sie vor so vielen Jahren so weit hinter sich gelassen hatte. Gestattete ihr, sich wieder wie ein Mädchen zu fühlen.
    Sie war feinen schnellen Blick zu Driver hinüber. Er studierte die Karte, die Corso gestern Abend in dem kleinen Laden gekauft hatte. Der Lauf der Schrotflinte zeigte auf ihre rechte Brust. Sie fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Da saß sie nun – splitterfasernackt, keine anderthalb Meter von ihm entfernt, und er beachtete sie überhaupt nicht. Wieder dankte sie Gott. Ganz gleich, was sie hier noch erwartete, zumindest würde sie nicht vergewaltigt werden. Selbst wenn er sie beide umbrachte, würde ihr diese grauenvolle Erniedrigung erspart bleiben. Sie richtete den Blick auf die Straße und nahm ihre Gebete von neuem auf.

44
    »Siehst du«, sagte Kenny. »Genau das ist der Kerl.«
    »Hey, Mann, ich hab Sie grad in der Glotze gesehen, nur dass Sie da auf dem Bild lange Haare hatten«, sagte Ray. »Sie war'n doch von diesen Typen

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