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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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einzelner Truthahngeier auf der Thermik, nutzte seine gigantischen Schwingen, um sich hierhin und dorthin zu drehen, schwang sich hoch und ließ sich wieder fallen, während er auf den unberechenbaren Brisen ritt.
    Er lauschte nach Musik, einem sicheren Zeichen dafür, dass diese Idioten, wer immer sie waren, zum Feiern und Vögeln hergekommen waren. Die Nachmittagsluft war still. Der Truthahngeier schraubte sich auf der Thermik empor, als Bob Temple den Truck hinter dem Wohnmobil zum Stehen brachte und ausstieg.
    Vorsichtshalber schob er den Vordersitz nach vorn und holte Waffe und Holster hervor. Als er in dem Job angefangen hatte, waren bewaffnete Ranger undenkbar gewesen, doch heutzutage war die Welt schlechter geworden, und Park Ranger waren lediglich weitere Autoritätspersonen in Uniform. Er schnallte sich die Waffe um und ging zum Beifahrersitz des Wohnmobils.
    Die Straße fiel zu allen Seiten ab. Das Plateau vor dem Feuerbeobachtungsturm war ein Aussichtsplatz am alten Highway gewesen – ein Ort, an dem Touristen sich von der nervenzerfetzenden Fahrt erholen und ein paar Fotos machen konnten. Eine Zeitlang hatte es hier sogar ein paar von diesen silbernen Fernrohren gegeben, in die man einen Vierteldollar einwerfen musste. Aber die Einheimischen hatten einfach nicht aufgehört, sie kaputtzuschießen, und hatten schließlich den Forest Service dazu gebracht, sie wieder abzubauen.
    Bob Temple stellte sich auf die Zehenspitzen und klopfte vorsichtig an das Fenster auf der Beifahrerseite. Die Straße fiel so steil ab, dass Temple nur mit Mühe hineinsehen konnte. Er klopfte wieder, dann ging er vorne um das Fahrzeug herum.
    Und da saß sie hinter dem Lenkrad. Sah aus, als hätte sie die Augen fest zusammengekniffen. Er bewegte sich langsam, ging seitwärts Schritt für Schritt um den Kühler des Wohnmobils herum. Als er die Fahrerseite erreicht hatte, riss sie die Augen auf.
    Das Entsetzen in ihrem Blick ließ seine Hand zum Revolver wandern. Unglücklicherweise kam die Bewegung etwa fünf Sekunden zu spät. Bevor seine Hand ihr Ziel erreichte, schleuderte ihn ein krachender Schlag zur Seite; er fühlte, wie seine Nase explodierte, fühlte Zähne auf seine Zunge fallen, fühlte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss, und dann, bevor seine aufheulenden Sinne sich wieder sammeln konnten, warf ihn ein weiterer Hieb, diesmal seitlich an den Kopf, auf die Knie, wo er Blut hustete. Der dritte Schlag brach ihm fast das Genick.
    Er kippte auf den Boden, blieb zusammengekrümmt auf der Seite liegen und rührte sich nicht.
    Kenny schaute über die beiden Betonsperren hinweg, die die Joe-Road-Auffahrt auf die alte Route 180 blockierten, und stieg wieder in den Jeep. »Die Dinger hat in letzter Zeit niemand von der Stelle bewegt. Zumindest nicht seit letztem Winter.«
    Er knallte die Tür zu und setzte zurück. »Die Kreuzung am Tolbert House und die am Café können wir überspringen.«
    »Wir müssen absolut sicher sein«, meinte Corso grimmig.
    »Dafür müssten sie schon einen Bagger haben«, erklärte Kenny, als sie über die geschotterte Zufahrt holperten und dann auf den Highway hinausschaukelten. »Das Straßenbauamt hat vierhundert Meter Straßenbelag aufgerissen und den Haufen einfach im Weg liegen gelassen. Ist schon nicht besonders einfach, meinen Geländewagen da durchzukriegen.« Er schaltete in den dritten Gang und trat das Gaspedal durch. »Abgesehen davon, da ist alles vollkommen überwuchert. Da muss man aufpassen, dass man sich nicht das Genick bricht. Keine Chance, da ein großes Wohnmobil durchzukriegen, bei beiden nicht.«
    Sie hatten beschlossen, auf der Westseite am Fuß des Berges anzufangen und sich bis nach oben vorzuarbeiten. Die ersten beiden Einfahrten, die sie kontrolliert hatten, waren offen gewesen. Kenny dachte, sie wären wohl noch vom letzten Winter offen, doch ihnen war nicht viel anderes übrig geblieben, als trotzdem nachzusehen. Die erste führte vielleicht einen halben Kilometer in die Wildnis, bevor das gesamte Straßenbett an einer steilen Böschung verschwand. Von ihrem Standpunkt aus hatten sie noch etwa dreißig Meter Straße dahinter sehen können, aber wenn man keine Flügel hatte, kam man da nicht hin.
    Die zweite Kreuzung der alten Route 180, die sie probiert hatten, war in wesentlich besserem Zustand gewesen. Sie waren fast sechs Kilometer darauf gefahren, ehe die Straße durch einen Erdrutsch blockiert war. Reifenspuren im Schlamm hatten gezeigt, wo Leute sich mit

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