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Die Geisel

Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. M. Ford
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Driver.
    Kehoe brauchte ein Weilchen, um zu begreifen, was er da sah. Dann huschte ein schiefes Lächeln über sein Gesicht. »Da hast du wohl recht«, sagte er. »Gib mir 'n paar Minuten.« Er wandte sich um. »Such lieber dein Höschen, Darling. Die Party hier ist endgültig zu Ende.«
    »Ooch, Süßer«, konnte man sie gurren hören.
    Was sie noch sagte, ging im Rascheln der Bettwäsche unter.
    Driver drehte sich zu Corso um. »Suchen Sie Ihr Zeug zusammen. Sie können es in die Munitionstasche packen.« Er verschwand einen Augenblick lang im Badezimmer und kehrte mit einem Armvoll Handtücher zurück. Innerhalb von zwei Minuten hatte er die beiden Gewehre auseinandergenommen, die verschiedenen Einzelteile in die Handtücher gewickelt und sie in die größere der beiden Nike-Sporttaschen gepackt. Als er die Munition in der anderen Tasche verstaut hatte, war Corso fertig. Er reichte Driver alles, außer dem Fläschchen mit den Schmerztabletten, dessen Inhalt er in seine Tasche leerte, bevor er das leere Glas in den Mülleimer warf.
    Kehoe kam durch die Tür hereingestürmt. »Was sagen sie in der Glotze über uns?«
    Driver erzählte es ihm.
    »Scheiße«, knurrte Kehoe. »Ich dachte, die brauchen noch mindestens 'n ganzen Tag.«
    »Dachte ich auch«, sagte Driver.
    »Wahrscheinlich heißt das, die wissen Bescheid über den Pick-up.«
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Da müssen wir was machen.«
    »Ja. Stimmt.«
    Kehoe warf Corso einen Blick zu. »Lass uns diesen schwulen Scheißkerl umlegen und fertig.«
    Driver richtete sich auf. »Ich brauche ihn«, sagte er.
    »Ich bin's leid, ihn ewig mitzuschleppen. Sein Arsch ist erledigt.«
    Er zog sein Messer aus der Hosentasche. Driver sprang zwischen die beiden Männer und packte Kehoe am linken Handgelenk. Mit der Rechten rammte er ihm den Lauf der Automatik hart unters Kinn. So standen sie da, Hüfte an Hüfte, ihre hoch erhobenen Arme zitterten wie verrückt, und sie starrten einander wild in die Augen. »Ich brauche ihn«, wiederholte Driver. »Entweder das, oder es endet alles hier und jetzt in diesem Zimmer.«
    Eine Sekunde lang war alles in der Schwebe. Wer leben und wer sterben würde, entschied sich schweigend, während silbern glänzende Staubkörnchen in einem Sonnenstrahl tanzten, der durch einen Schlitz in den Vorhängen drang. Faser für Faser löste sich der Klammergriff, bis jeder der Männer hastig einen Schritt zurücktrat. Driver ließ seine rechte Hand fallen, steckte die Automatik in seinen Gürtel. Kehoe hielt das Messer in Hüfthöhe. Beide Männer rangen nach Luft.
    Das heiße Blut in seinen Wangen erinnerte Corso an einen Tag, als er sechzehn Jahre alt gewesen war. An den Tag, an dem sich alles für immer verändert hatte. Groß und schlank, hatte er schon damals beinahe seine volle Körpergröße von eins achtundneunzig erreicht. Wütend darüber, dass kein Bier mehr da war, griff sein Vater mit einer der Klauen, die er Hände nannte, nach ihm, packte ihn an der Kehle und knallte ihn gegen die Wand. Es war nur ein Wutausbruch mehr in einer ganzen Reihe von immer brutaleren Attacken gegen Frank und seine Mutter gewesen.
    Rückblickend betrachtet, wie es Corso so oft getan hatte, war der Tag genau wie alle anderen gewesen. Nichts Besonderes, außer dass an diesem Tag irgendetwas in Frank Corso zerbrach und er, ohne nachzudenken, die knorrigen, vom Nikotin verfärbten Finger packte, die seine Kehle umklammerten, und sie zurückbog, so weit zurück, bis sie ein Geräusch machten wie zerbrechende trockene Zweige.
    Ein lautes Brüllen brach aus seinem Vater hervor, als er zurücktaumelte, die verletzte Hand an den Brustkorb gedrückt. Seine blutunterlaufenen Augen sahen gerade rechtzeitig auf, um die Faust seines Sohnes auf dem Weg in sein Gesicht zu erblicken. Der Aufprall ließ ihn auf dem Küchenfußboden in die Knie gehen, wo Blut aus seiner gebrochenen Nase auf das abgewetzte Linoleum zu tröpfeln begann.
    Frank und sein Vater hatten nie wieder ein Wort miteinander gesprochen.
    »Ich brauche ihn für den Abschluss«, erklärte Driver. »Das ist die einzige Möglichkeit, den Kreis zu schließen. Die ganze Reise ist nichts wert, wenn die Geschichte nicht erzählt wird.«
    Kehoe schüttelte angewidert den Kopf. »Du warst echt zu lange in der Strafzelle, Captainman. Die haben dir da drin die Birne weichgekocht. Manchmal redest du echt sinnloses Zeug.«
    Driver zuckte unter den Worten zusammen. Seine Augäpfel rollten weiter in den Kopf zurück, als es

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