Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)
recht sein, mein Bruder würde dich ohnehin kennenlernen wollen.“
Cai saß auf dem Tragestuhl und ließ sich zur britischen Faktorei Schanghais transportieren. Das vertraute wilde Treiben auf den Straßen um sich herum beachtete er nicht weiter. Was hatte ihn nur dazu gebracht, ein solches Lügennetz zu entwerfen? Er war besessen von Lizzie. Allein der Gedanke, sie zu berühren, brachte sein Blut zum Kochen. Er hatte erwartet, es würde sich legen, wenn er erst die Gelegenheit hatte, andere Frauen um sich zu haben. Doch nach letzter Nacht ahnte er, dass ihn keine Frau so sehr reizte wie Lizzie in ihrer unschuldigen Hingabe.
Ein Besuch im „Goldenen Lotos“, einem Freudenhaus erster Güte, hatte ihn von Lizzies Zauber befreien sollen. Doch so schön und liebreizend die Freudenmädchen dort auch waren, keiner von ihnen war es gelungen, sein Interesse zu wecken.
Als Lizzie ihn nach ihrem Bruder gefragt und den Brief erwähnt hatte, hatte er gewusst, wie er Lizzie in Mai-Lings Haus festhalten konnte. Das Vorhaben, sie länger an seiner Seite zu haben, beglückte ihn. Und zugleich verachtete er sich dafür, zu schwach zu sein, um Lizzie freizugeben.
Die Träger hielten vor dem Gebäude der Briten und ließen Cai herunter. Die Wachen gewährten ihm Einlass, und in der prächtigen Halle wurde er von einem rundlichen Briten in Empfang genommen.
„Ich grüße Euch, Chiao-Ho Cai!“ Der Brite verbeugte sich. Überraschenderweise redete er Mandarin. „Ich bin Sir Emerson Buckley, der Faktor von Schanghai.“
„Sehr erfreut, Sir Buckley! Euer Mandarin ist wirklich hervorragend.“
Der Dicke winkte ab. „Kaum gut genug, um einkaufen zu gehen.“
„Wir können unser Gespräch in Englisch fortsetzen“, sagte Cai auf Englisch.
Sir Buckley strahlte. „Ihr sprecht Englisch!“ Er lachte glucksend. „Welche Erleichterung! Ich fürchtete schon, versehentlich eine Kriegserklärung an China abzugeben, wenn ich auf Chinesisch mit Euch verhandeln müsste.“
„Nun“, meinte Cai. „Dann hoffe ich, dass mein Englisch ausreicht, um nicht dasselbe dem britischen Empire zu erklären.“
Sir Buckley prustete.
„Ich mag Euch, Mr. Chiao-Ho.“ Er deutete den mit Marmor gefliesten Gang entlang. „Wir gehen in mein Büro, dort ist es gemütlicher.“
Sie passierten gerade die gewaltige Treppe, als Buckley seinen Arm hochriss und rief: „Reardon, Reardon!“
Cais Kopf flog hoch, und er erkannte einen Mann mit schwarzbraunem Schopf in einem dunklen Anzug, der gerade um die Ecke bog und in einem Gang im ersten Stock verschwand.
„Reardon? Jemand Wichtiges?“, fragte Cai höflich-desinteressiert.
„Der Verbindungsmann zwischen England, China und Hongkong. Ich mag den Burschen. Er besitzt das nötige Maß Ehrgeiz und Entschlossenheit, bleibt dabei aber anständig bis an die Schmerzgrenze.“ Buckley schüttelte den Kopf. „Ich habe ihm schon ein paarmal gesagt, dass ihn das noch in Teufels Küche bringen wird.“
„Inwiefern?“
Buckley winkte ab. „Britische Angelegenheiten, nichts, das unser Verhältnis betrifft.“
Der Faktor schien kein Interesse zu haben, das Thema zu vertiefen. Cai neigte seinen Kopf und folgte dem Engländer. Sie erreichten eine Tür aus Mahagoni. Sir Buckley öffnete sie und ließ Cai den Vortritt. Das Arbeitszimmer wirkte, als befänden sie sich mitten in Großbritannien. Schwere Möbel aus braunschwarzem Holz, dunkelgrüne Lederbezüge. Beschläge aus Gelbgold. An der Wand hing das riesige Gemälde einer englischen Jagdszene. Buckley bemerkte den Blick Cais.
„Mein Geheimnis gegen Heimweh“, erklärte er und verzog das Gesicht. Er deutete auf einen Ohrensessel in der Sitzecke und ließ sich auf dem Sessel gegenüber nieder. „Darf ich Euch etwas anbieten? Tee, Kaffee, Brandy?“
„Nein, danke, Sir Buckley, lasst uns gleich zum Geschäftlichen kommen.“
Der britische Faktor rieb sich die Hände. „Ihr seid ein Mann ganz nach meinem Geschmack.“
Stunden später verließ Cai zufrieden das britische Verwaltungsgebäude. Buckley, dieser yi , verhandelte hart, dennoch konnte Cai einen ordentlichen Gewinn herausschlagen. Cai schmunzelte. Er mochte den Mann und freute sich, künftig mit ihm Geschäfte abzuschließen.
Er wies die Träger an, ihn zu Mai-Lings Haus zu bringen. Als er anklopfte, öffnete ihm Marou. Sie grüßte ihn und schlug die Augen nieder. Cai ging an ihr vorbei ins Haus.
„Wo ist Lizzie Reardon?“
Marou schloss sorgfältig die Tür. „Lizzie Reardon und
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