Die Geisel des Chinesen: Erotischer Roman (German Edition)
demselben Material errichtet zu sein. Der Duft von Räucherstäbchen durchzog die Luft und mischte sich mit dem Geruch von Wachs.
Die Tür öffnete sich, und der Mann winkte Cai heran.
„Vater ist bereit, dich anzuhören.“
„Ich danke dir, Bruder!“
Cai betrat einen dunklen Raum. Holzverschläge verdunkelten die Fenster. In dem kargen Zimmer stand ein Stuhl, dessen Armlehnen mit Knäufen in Form von Löwenköpfen verziert waren. Ein älterer Mann saß darauf. Er trug eine dunkelblaue Robe. Sein eisgraues Haar hing offen herab, seine scharfen Gesichtszüge waren glatt, und seine Augen fixierten Cai reglos. Einzig zwei unruhig lodernde Fackeln hinter dem Mann spendeten Licht. Cai warf sich auf den Boden und machte den Kotau.
„Steh auf, Vaters Zeit ist knapp bemessen. Was führt dich zu uns?“ Eisbarts Stimme durchschnitt die Stille des Raumes mit sanftem Klang.
„Ich suche einen Mann, der sich der Hoppo nennt. Er ließ die Familie meiner Herrin entführen.“
Vater zischte. „Hoppo, sagst du? Sprich, weißt du, was dieser Hoppo hier in Hongkong will?“
„Ich kam zu Euch, weil niemand etwas über diesen Hoppo weiß. Ich hoffte, Ihr wüsstet etwas über ihn, das mir hilft, ihn ausfindig zu machen.“
Vater winkte Cai mit einer auffordernden Handbewegung näher zu sich. „Hast du mir ein Geschenk gebracht?“
Cai zog einen weiteren Beutel Silbermünzen hervor und reichte sie Vater. Der Han-Chinese, der Cai hergebracht hatte, nahm ihm das Geldsäckchen ab und sah hinein. Er nickte dem Anführer zu.
„Wir werden herausfinden, was es mit diesem Hoppo und der Entführung auf sich hat.“
Cai verneigte sich erneut. „Ich danke Euch, Vater. Wo kann ich Euch antreffen?“
„Wir finden dich. Die Augen und Ohren des ,Weißen Lotos‘ sind überall. Wir beobachten und schützen, was unser ist. Wehe dem Mann, der uns zu hintergehen versucht.“
Der zweite Mann gab Cai ein Handzeichen, und damit war Cai entlassen. Er wurde von dem Han-Chinesen aus dem Haus geführt, und als die Tür hinter ihm zuschlug, sah er sich um und bemerkte, dass die Wächter weg waren. Vermutlich verschwanden die anwesenden Logenmitglieder bereits durch die Hintertüren, kaum dass Cai das Straßenende erreicht hatte.
Lizzie knabberte an dem trockenen Gebäck herum, das zu dem Tee im Salon der Viscountess Enderly gereicht wurde. Die Viscountess, eine brünette Dame mit üppigem Busen, den sie gerne zur Schau stellte, war eine gradlinige Person. Eine Eigenschaft, wegen derer der ton in London sie wohl meiden würde, doch hier in der britischen Enklave war sie ein akzeptiertes Mitglied.
„So, Ihr seid also frisch aus England hier angekommen“, plauderte die brünette Lady Enderly. Sie tätschelte Lizzies Hand vertraulich. „Mein Edward war Faktor in Indien. Was hatten wir für eine schöne Zeit dort“, schwärmte sie.
„Erzählt mir von Indien!“ Lizzie rutschte auf ihrem Sessel ein Stückchen näher an die Viscountess.
„Oh, meine Liebe, Indien ist so ganz anders als Hongkong. Nachts konnte man die Tiger brüllen hören. Und die Affen, die Unmengen Affen!“ Sie lachte amüsiert. „Die meisten Engländer hassen diese haarigen, hässlichen Biester, aber mir bereiteten sie stets Vergnügen. Possierliche Tierchen. Keck und geschickt. Ihr Geschnatter kann einen in den Wahnsinn treiben. Sie klettern flink umher, und wenn man sie zu nehmen weiß, erweisen sie sich als recht freundlich.“ Sie seufzte sehnsüchtig. „Meine Liebe, hört auf mich, reist nach Indien und schreibt darüber. Im feindseligen China wird kein Brite jemals glücklich werden. Denkt an meine Worte, Mrs. Reardon.“ Plötzlich schien sich Lady Enderly darauf zu besinnen, dass sie Lizzie ausfragen wollte und blinzelte. „Aber erzählt doch bitte, was gibt es Neues in England? War Queen Victoria wohlauf bei Eurer Abreise? Und der fesche Prinzgemahl?“
Lizzie lächelte und gab bereitwillig Auskunft über all die Skandale und Skandälchen des ton .
Rosalind Fanning saß am Fenster und sah verträumt hinaus. Offensichtlich machte sie sich nichts aus Klatsch und Tratsch.
Mrs. Porter, die Frau des Chinahändlers, beugte sich interessiert vor. „Entspricht es der Wahrheit, dass Ihr mit einem Chinesen gereist seid?“
„Mein Übersetzer und Lehrer, ja. Ich habe ihn im Hafen von Schanghai angeheuert“, log Lizzie glatt.
Wie immer, wenn es um ihre Geschichte ging, war sie hochkonzentriert. Sie verstand nicht, wie es Menschen gab, die derartige
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