Die Geisel von Zir
Gorbovast hastig Lebewohl und liefen an Bord. Auch nachdem die Menge sich wieder zerstreut hatte, blieben zwei Polizisten zurück und bezogen Posten vor der Laufplanke.
Kapitän Denaikh war alles andere als begeistert. »Das kostet Euch zusätzlich was«, maulte er. »Schließlich muss ich Eure Leute einen Tag länger als vorgesehen durchfüttern. Außerdem sehe ich es gar nicht gern, wenn diese Landratten auf Deck herumstolzieren, während wir laden. Es braucht sich bloß irgendeine Tonne beim Aufladen selbständig zu machen, während gerade einer daruntersteht, und schon ist er platt wie ein Käfer, der unter einen Stiefelabsatz gerät. Versteht Ihr, mein guter Mann?«
Als Reith seine Leute in ihre Kajüten im Deckhaus scheuchte, rief Pride: »He, Furchtloser, soll das etwa heißen, dass wir den ganzen morgigen Tag auf diesem Kahn verbringen müssen? Dass wir nicht zu dem Ballett gehen können und zugucken, wie die kleinen Priesterinnen mit ihren nackten Titten wackeln?«
»Nein, daraus wird nichts.«
»Das ist nicht fair! Schließlich habe ich bei der Buchung der Reise dafür mitbezahlt!«
Reith packte Pride bei den Rockaufschlägen. »Jetzt hör mir mal gut zu, du dämlicher Hund! Du und kein anderer hast uns diese Suppe eingebrockt! Glaub mir, wenn ich nur wüsste, wie, würde ich dich sofort nach Novorecife zurückschicken, lieber heute als morgen, ich schwör’s dir! Und von mir aus könntest du auch die Agentur auf Schadenersatz verklagen, wenn dir das nicht passen würde. Wenn du an Land gehen und dich unbedingt mit den Burschen da …« (Er deutete auf die Reihe weißgekleideter Priester, die wie Aasgeier am Kai lauerten) »… anlegen willst – von mir aus sofort! Hoffentlich reißen sie dir deine Beine einzeln aus dem Leib!«
»He, he, was fällt dir ein, du … du Rotzlümmel!« brüllte Pride. »Nimm sofort deine dreckigen Flossen von mir! Das wird dich deinen Job kosten, wenn wir wieder zu Hause sind! Ich werde bei deiner Firma eine Beschwerde einreichen, dass dir Hören und Sehen vergeht!«
Valerie Mulroy kam Reith zu Hilfe. »Mister Pride, nachdem Sie uns das alles eingebrockt haben und wir es nur Fergus zu verdanken haben, dass wir nicht massakriert worden sind, wollen Sie ihm die Schuld in die Schuhe schieben? Pfui! Sie sollten sich was schämen! Fergus ist ein netter Kerl, und Sie sind ein dummer alter Ochse!«
»Recht hat sie!« pflichtete ihr Santiago Guzmán-Vidal bei. »Halten Sie Ihre Klappe und verschwinden Sie, Sie Sapillo!«
Als jetzt auch einige der anderen lautstark für Reith Partei ergriffen, kniff Pride den Schwanz ein und verzog sich in seine Kajüte.
4
Aufregung in Zamba
G emächlich schaukelte die Sárbez über die türkisblau glitzernden Fluten der Sabadao-See. Die Sonne brannte gelb aus einem wolkenlosen blaugrünen Himmel. Da das Werter schön war, waren Reiths Touristen ausnahmsweise einmal alle bei guter Laune. Keiner von ihnen war jemals zuvor auf einem Rahsegler gefahren, da solche Schiffe aus den irdischen Meeren längst ausgestorben waren. So verfolgten sie denn auch voller Faszination jede Operation an Bord des Schiffes.
Voller Prickeln schauten sie zu, wenn die krishnanischen Matrosen auf schwankender Strickleiter zehn oder fünfzehn Meter über Deck in der Takelung hingen und die Segel lösten oder festmachten. Ihre Gespräche drehten sich um Piraten und Meutereien auf der Bounty und Seeschlachten. Jeder wusste was von Halsen, Wenden, Kreuzen und Anluven zu erzählen.
Der Morgen ihrer ersten Nacht auf See brachte die Sárbez in Sichtweite der Insel Zamba. Gegen Mitte des Vormittags lagen sie vor dem Hafen von Reshir, der Hauptstadt, deren Zwiebeltürme hinter einer schimmernden Mauer aus Marmor aus dem Morgendunst stachen. Kapitän Denaikh ließ beidrehen und die Segel einholen. Gleich darauf kam ein Boot mit einem Lotsen und einem Hafeninspektor in Sicht und ging längsseits. Der letztere trug als Zeichen seines Amtes einen Zierschlüssel aus Silber und buntem Glas an einer Kette um den Hals.
Reith zeigte dem Inspektor die Papiere für seine Reisegruppe. Khorsh übersetzte schnell, als der Beamte sagte: »Im Namen König Penjirds des Zweiten heiße ich Euch im Königreich Zamba willkommen. Seine Majestät lässt sich wohlwollend dazu herab, Euch und Eurer Gruppe morgen Nachmittag eine Audienz zu gewähren, um die dritte Stunde nach Mittag.«
»Wir danken Seiner Majestät sehr«, antwortete Reith stotternd auf Gozashtando. »Wir werden um
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