Die Geisel von Zir
zu haben; Barre indes schaute ihn verdutzt an.
»Was habt Ihr gesagt?« fragte der Anführer.
Reith wiederholte die Frage, peinlich bemüht, genau zu artikulieren und die richtige Wortwahl zu treffen.
»Ah«, sagte Barre mit einem Schmunzeln. »Eine kluge Frage, mein lieber Freund.« Er vollführte mit dem Arm eine weitschweifende Geste nach Osten. »Dort drüben liegt das aufgeblasene, zügellos wuchernde Königreich Dur, in den habsüchtigen Klauen jenes raffgierigen Geizhalses Tashian. Nicht zufrieden damit, sein eigenes Land schamlos auszusaugen, um seine überquellenden Schatztruhen zu füllen, schielt er seit geraumer Zeit mit begehrlichem Blick auch zu uns herüber. Er würde sich nur zu gern unser armes, karges Land einverleiben, um seinen Steuereintreibern eine neue Provinz zum Ausbeuten überlassen zu können. Doch wir werden es niemals zulassen. Niemals wird sich das brave Bergvolk von Zir einem fremden Joch beugen! Es lebe die Unabhängigkeit!«
»Aber was haben meine Leute damit zu tun?«
»Wären wir zahlenmäßig gleichstark, würden wir niemals nach einer Überlegenheit der Waffen streben. Ein freiheitsliebender Ziru kann drei feige Flachländer in die Flucht schlagen. Doch wir sind in der Zahl unterlegen. Für jeden Mann, den ich bewaffnen kann, kann Tashian ein Dutzend ins Feld führen. Deshalb sind wir gezwungen, auf andere Weise Waffengleichheit zu erreichen.
Nun ist uns wohlbekannt, dass ihr Erdenmenschen über furchtbare Waffen verfügt, gegen welche sich unsere wie harmloses Kinderspielzeug ausnehmen. Auch wissen wir, dass ihr etliche davon in Novorecife habt und sie dortselbst streng unter Verschluss haltet, damit keiner sie hinausschmuggeln und nachmachen kann. Ein Ertsu riss vor nicht allzu langer Zeit die Herrschaft in Zamba an sich und brachte sich, indem er einen von Novos kleinen Bürokraten mit einer Summe Geldes bestach, in den Besitz einer Kiste dieser Waffen, ›Feuerwaffen‹ oder ähnlich genannt. Doch weh! Zwei terranische Schergen, als Einwohner dieser Welt vermummt, vereitelten die Verschiffung der Kiste und brachten sie zurück in die Hand ihrer Herren. Der schuldige Beamte, so ward mir berichtet, schmachtet noch heute im Kerker.
Beginnt vielleicht nun das Licht der Erkenntnis den Schleier des Unverständnisses zu durchdringen? Ich habe Euch und Eure Gefährten, und ich werde euch mit Freuden gegen ein paar Kisten mit jenen Feuerwaffen eintauschen.«
»Und wie stellt Ihr Euch vor, das zu erreichen?«
»Ich werde meine Forderung Tashian unterbreiten, welcher sie flugs an Novorecife weitergeben wird. Es liegt in seinem Interesse, dass. dieser Handel möglichst rasch und ohne Aufsehen vonstatten geht, sieht er doch sonst seinen ehrgeizigen Plan gefährdet, sein Land zu einem beliebten Reiseziel für zahlungskräftige Terraner zu machen.«
»Ich glaube kaum, dass Novo sich darauf einlassen wird. Sie weisen jeden Erdenmenschen darauf hin, dass er, einmal außerhalb ihrer Mauern, auf sich allein gestellt ist. Wird er getötet, so bedauern sie dies zwar, sehen aber darin keinen Grund zum Einschreiten. Ihr schadet daher nur Euren eigenen Interessen, wenn Ihr uns festhaltet.«
»So? Nun, wir werden ja sehen, ob eine Hand oder ein Kopf von einem Eurer Gruppe, abgetrennt von seinem Besitzer, ihren Starrsinn nicht erweicht. In jedem Falle bereitet euch auf einen längeren Aufenthalt vor; denn es wird mindestens eine Umdrehung Shebs dauern, bis meine Botschaft eure Artgenossen erreicht und ich ihre Antwort empfangen habe.«
Strömender Regen fesselte Reith und seine Touristen an ihre Zelte. Die Enge und die Untätigkeit hatten zur Folge, dass sie mürrischer und streitsüchtiger waren als je zuvor. Doch als der Regen endlich vorbei war, erwachten auch ihre Lebensgeister rasch wieder.
Fergus Reith trat aus seinem Zelt, wo er die ganze Zeit über an seiner Spesenabrechnung gesessen hatte, in den Sonnenschein. Seine Leute waren über das ganze Lager verstreut und versuchten, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Shirley Waterford schnitt Silvester Pride mit einer geborgten Schere die Haare, während Pride ihr langatmig die Geschichte seiner – wie er sich ausdrückte – verkorksten ersten Ehe erzählte. Melanie Jussac wusch im gemeinschaftlichen Waschzuber die Jussacschen Socken. Professor Mulroy betrachtete durch seine Taschenlupe eine Pflanze, die er gepflückt hatte, und machte sich dazu Notizen. Ein paar der jüngeren Touristen spielten Hockey auf dem Exerzierplatz neben
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