Die Geisel von Zir
vorgedrungen.«
Reith tat einen tiefen Atemzug. Auf der anderen Seite des Tisches strahle Tashian selbstgefällig.
»D-danke, Douri«, stotterte Reith.
»Und nun«, sagte Tashian, »erzählt uns von Euren Plänen.«
»Ich breche morgen in der Frühe mit Mjipa nach Gha’id auf, zu einem weiteren Versuch, meine Leute zu befreien.«
»Möge das Glück Maibuds des Langfingrigen Euch begleiten«, sagte der Regent. »Wenn Ihr zurückkehrt, werden wir einige Dinge zu besprechen haben. Es gibt viele Möglichkeiten.«
»Eure Exzellenz meint, falls ich zurückkomme.«
Vázni ergriff das Wort. »Ein echter Qarar wie Ihr kann nicht scheitern; die Sterne in ihrer Himmelsbahn kämpfen für Euch. Wenn Ihr zurückkehrt, und mein Vetter zeigt sich so knauserig wie gewohnt, dann werde ich selbst für Eure Belohnung sorgen.«
11
Mit Pauke und Trompete
F ergus Reith und Percy Mjipa saßen mit Strachan und Lund im Aufenthaltsraum der Ingenieure im Bahncamp. Missmutig starrten sie den sechs Fuß langen Streifen karmesinroten Tuchs an, den sie um Mjipas Kopf drapiert hatten. Mjipa knurrte: »Jedes Mal, wenn ich eine heftige Bewegung mache, fällt das Ding auseinander. Als ich in den Konsulatsdienst eintrat, hat mir keiner gesagt, dass ich wissen müsste, wie man einen Turban wickelt. Zum Henker mit diesem ganzen blödsinnigen Eingeborenen-Mummenschanz!«
»Ich weiß, was wir machen«, meldete sich Reith. »Wir wickeln das Ding erst und lassen es dann von jemand festnähen.«
»Nicht gerade die feine indische Art, könnte ich mir denken«, meinte Mjipa. »Aber unser Banditenkönig wird’s schon nicht merken. Wer von euch hat denn Nähzeug?«
»Ich kenne eine gute Näherin in Gha’id«, sagte Strachan. »Khars Frau Gulási.«
»Kannst du sie herholen?« fragte Lund.
»Klar.«
»Aber sei so gut und lass dich nicht von ihrer Sippschaft umbringen.«
»Ich habe ihr doch nichts Böses getan! Wir haben nur ein bisschen harmlosen Spaß miteinander gehabt, als ihr Mann zum Angeln war.«
»Ich weiß, aber diese Dorfleute denken bezüglich Sex manchmal ein bisschen altmodisch. Nun, Mister Mjipa, wie soll denn Ihr indischer Name lauten? Barre hat vielleicht schon von Ihnen gehört; es wäre also zu gefährlich, unter Ihrem eigenen Namen aufzutreten. Außerdem würde ein so offensichtlicher Bantu-Name Verdacht erwecken.«
»Augenblick«, sagte Mjipa. »Fergus, wie heißt doch gleich dieser Bursche, von dem Sie mir erzählt haben? Der die Sekte in Majbur leitet?«
»Ganesh Kosambi. Aber seinen Namen können Sie auch nicht nehmen, weil Barre von ihm vielleicht auch schon gehört hat. Außerdem sehen Sie ganz anders aus als er; er ist klein und fett. Das gleiche trifft auf Richter Keshavachandra zu – zu gefährlich.«
»Dann lassen Sie mich nachdenken«, sagte Mjipa. »Auf Vishnu haben sie einen Konsul, der aus Indien stammt, Vasant Panikkar. Ich bin sicher, dass er noch nie seinen Fuß auf krishnanischen Boden gesetzt hat, zumindest nicht außerhalb von Novo. Wie wär’s, wenn ich mir seinen Namen ausborgte?«
Ein paar Tage später bestiegen Reith und Mjipa, letzterer in safrangelber Robe und karmesinrotem Turban, zwei Bishtare. Dann wurde ihnen ihr Gepäck heraufgereicht. Das von Reith bestand aus einem schweren Segeltuchsack, aus dem beim Anheben und Absetzen verdächtige Klirrgeräusche drangen.
Das Basislager hatte sich seit der Entführung beträchtlich verändert. Tashian hatte eine Kompanie Soldaten geschickt, die als erstes einen Graben gezogen und eine Pfahlmauer um das Gelände errichtet hatten. Unter dem Kommando eines bärbeißigen Hauptmanns mussten die Soldaten gleich mehrmals täglich zum Drill antreten. Von morgens bis abends hallte das Lager von schnarrenden Kommandos und dem Klirren der Übungswaffen wider.
Die Soldaten öffneten das massive Holztor, um die Bishtare hinauszulassen. Die Tiere stampften schaukelnd den Nachschubpfad zur Baustelle hinauf. Dort, so hatte man ihnen mitgeteilt, erwartete sie Barres Abgesandter.
An der Baustelle angekommen, kletterte Reith an einer der Strickleitern, die seitwärts vom Howdah herunterhingen, nach unten. Er schüttelte Barres Mann, einem ältlichen Ziro namens Ramost, die Hand und sagte: »Ihr müsst Seine Hochwürden, Vasant Panikkar, entschuldigen, dass er Euch nicht die Hand gibt. Er fürchtet, dass dadurch seine Aura Schaden nehmen könnte.«
»Ah«, sagte Ramost. »Ich verstehe. Doch sagt, Meister Ries, warum sitzt ihr zwei Erdmänner auf zwei
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