Die Geisel von Zir
Konsulat entfernt. Hier sah Reith zum ersten Mal Mjipas Frau, eine riesige (sie überragte Reith, der mittelgroß war, fast um Haupteslänge) schwergewichtige Schwarze. Sie muss, dachte Reith, mindestens doppelt so schwer sein wie ihr Mann.
»Mister Reith«, sagte sie, »ich bin richtig froh zu sehen, dass es offenbar doch noch jemanden gibt, der es fertig bringt, Percy von der Arbeit wegzulocken. Er ist nämlich einer von diesen Arbeitssüchtigen; glaubt, er müsse sich um jeden Kleinkram persönlich kümmern, da sonst alles im Chaos versänke.«
»Dann probier du mal, was passiert, wenn du einem Krishnaner eine Arbeit machen lässt, ohne dich um jeden Kleinkram selbst zu kümmern«, erwiderte Mjipa. »Du wirst dich wundern, was dabei rauskommt. Sei so nett und mach uns einen Drink, Liebes.«
»Werden Sie und Ihre Frau in das neue Haus ziehen?« fragte Reith.
»Nur für kurze Zeit. Sobald ich das Konsulat in Schwung gebracht habe, übernimmt Ishimoto den Laden. Er ist ein tadelloser Mann, ein bisschen trocken und phantasielos vielleicht, eben der typische brave Verwaltungsmensch. Auf mich selbst wartet, sobald ich meine Zelte hier abgebrochen habe, die undankbare Aufgabe, ein Konsulat in Zanid einzurichten, der Hauptstadt von Balhib. Die haben da draußen ein paar seltsame Sitten und Bräuche - selbst nach krishnanischen Maßstäben; es stellt also eine echte Herausforderung dar. So, aber jetzt erzählen Sie mir mal, was mit Ihren Touristen ist.«
Reith erzählte abermals seine Geschichte. Mjipa lauschte interessiert, das Kinn auf die Hand gestützt.
»Puh, sieht ziemlich düster aus!« sagte er, als Reith mit seinem Bericht fertig war. »Das Problem ist, dass ich keinerlei Druckmittel gegen Barre habe, und er weiß das natürlich. Wenn die Weltföderation nicht so ein Haufen zimperlicher Weiber wäre, der sich nicht einmal traut, seine eigenen Leute gegen Übergriffe zu schützen, aus lauter Angst, jemand könne ihnen womöglich Imperialismus vorwerfen … Aber lassen wir das, sonst rege ich mich nur wieder auf.«
»Und was ist mit Lösegeld?«
»Barre hat bereits zu verstehen gegeben, dass er daran nicht interessiert ist. Das kann natürlich ein Bluff sein. Aber selbst wenn – Novo würde sich niemals darauf einlassen, aus Angst, einen Präzedenzfall zu schaffen. Was Tashian betrifft, der ist zu geizig, und ich selbst habe keine Mittel zur Verfügung, zumindest keine nennenswerten. Außerdem möchte ich ebenso wenig wie Novo, dass das Beispiel vielleicht Schule macht. Zu schade, dass Ihre Hexe nicht die Richtige für Sie ist, sonst könnten Sie sie vielleicht dazu bewegen, Barre zu verzaubern.«
»Warten Sie mal, da war doch irgendwas«, sagte Reith. Er schloss die Augen und kramte in seiner Erinnerung. »Richtig, jetzt habe ich’s wieder. Barre erwähnte mir gegenüber mal, er brauchte dringend eine neue Religion, um seine politische Position zu festigen. Wie wär’s, wenn wir ihm eine präsentieren …«
»Mag sein, dass er eine will, aber was er noch viel lieber will, sind Waffen.«
»Lassen Sie mich nachdenken.« Reith starrte Mjipa eine Weile an, dann sagte er: »Kennen Sie einen indischen Missionar namens Ganesh Kosambi, einen von diesen ›Herren des Lichts‹-Leuten?«
»Ich glaube, ich habe schon mal von ihm gehört, aber begegnet bin ich ihm mit Sicherheit noch nicht.«
»Haben Sie schon mal an einem seiner Gottesdienste teilgenommen?«
»Nein.«
»Ich aber. Ich habe mir gerade vorgestellt, dass Sie mit einem Turban und einer von diesen orangefarbenen Roben selbst einen ganz guten Inder abgeben würden.«
»Aber mein lieber Freund, das ist doch völlig absurd! Jeder, der Augen im Kopf hat, kann sehen, dass ich zur negroiden Rasse gehöre! Mein krauses Haar würde mich sofort verraten. Aber dafür bietet es einen verdammt guten natürlichen Sonnenschutz in den Tropen.«
»Aber unter dem Turban würde man es doch gar nicht sehen. Außerdem, was wissen die Krishnaner schon von terranischer Ethnologie?«
»Sagen Sie, alter Freund, wollen Sie mir allen Ernstes zumuten, als irgend so ein verrückter Sektenprediger aufzutreten?«
»Ja, Sir. Aber nun hören Sie doch erst mal!« fuhr Reith hastig beschwichtigend fort:, als Mjipa den Mund öffnete, um zu protestieren. »Sie kennen ja immer noch nein sagen. Barre hat mir selbst gesagt, er fände den Kult der Herren des Lichts am geeignetsten für seine Zwecke, und Sie haben meinen Plan ja noch gar nicht gehört …«
Eine halbe Stunde später
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