Die Geisel von Zir
hältst, Idiota, dann reiß ich dir eigenhändig den Sack ab!«
Pride gehorchte murrend. »Danke, Santiago«, sagte Reith erleichtert.
»Wann, meine Herren, wird Hochwürden denn seinen ersten Gottesdienst abhalten?« wollte Barre wissen. »Ich bin gespannt zu erfahren, wie meine tapferen Männer es aufnehmen.«
Auf ein Nicken von Mjipa hin entgegnete Reith: »Roqirs Scheibe nähert sich dem Horizont. Wenn Ihr gestattet, dass wir uns ein wenig erfrischen und ausruhen, würde Seine Hoch würden gern bei Sonnenuntergang zum Gebet rufen.«
»So sei es«, sagte Barre.
Im Zelt, das ihm und Mjipa zugewiesen worden war, schlug Reith sich die Hand vor die Stirn. »O Gott, welch ein Dummkopf ich bin! Selbst wenn meine Leute noch so leise sind, sie werden auf jeden Fall soviel Lärm machen, dass die Ziruma etwas merken. Warum habe ich Idiot nicht daran gedacht, ein paar Lärminstrumente mitzubringen, um das Ganze zu übertönen?«
»Ich hätte ja auch dran denken können«, sagte Mjipa. »Aber vielleicht ist noch nicht alles verloren. Benutzen Barres Leute Trommeln oder Trompeten?«
»Beides. Beim Drillen schlagen sie eine Trommel, und mit der Trompete blasen sie Signale. Vielleicht können wir uns eine Trommel ausleihen.«
»Am besten beides.«
»Aber dann müsste einer von den Ziruma die Trompete blasen, und das kann er wohl schlecht, wenn er mit dem Gesicht auf dem Boden liegt.«
»Können Sie mit so einem Ding umgehen? Oder vielleicht einer Ihrer Touristen?«
»Ich habe mein Lebtag noch nicht auf einer Trompete geblasen. Und was die Touristen betrifft, selbst wenn einer von ihnen es beherrschte, könnte er schlecht gleichzeitig blasen und zu den Bishtaren rennen.«
»Zu dumm, dass wir nicht Strachan mit seinem Dudelsack hier haben! Hören Sie, mein Junge, Sie gehen jetzt die Trommel und die Trompete besorgen, während ich mir noch mal meine Notizen durchlese. Wenn es soweit ist, spielen Sie die Trommel, und ich blase die Trompete.«
»Können Sie denn Trompete spielen?«
»Ich konnte mal ganz passabel Jagdhorn blasen, als ich noch bei den Pfadfindern in Botswana war. Das ist zwar einige Zeit her, aber ich traue mir schon zu, mit dieser Eingeborenentröte zurechtzukommen.«
Reith ging zu Barre und erklärte ihm, dass der Gottesdienst der feierlichen Untermalung durch sakrale Musik bedürfe. Als er zurück ins Zelt kam, saß Mjipa, die Bügel seiner Brille unter den Turban geklemmt, in seine Notizen vertieft.
»Hier ist das Zeug«, sagte Reith.
»Hervorragend! Geben Sie das Ding mal her.«
Er nahm das glänzende Messinghorn und setzte es an den Mund. Ein misstönendes Quäken entrang sich dem Instrument. »Hört sich an wie ein verendender Dinosaurier«, spottete Reith.
»Braucht ein bisschen Gewöhnung, das ist alles.« Schon nach wenigen weiteren Versuchen hatte Mjipa die Tonleiter herausgefunden. Gleich darauf trötete er, wenn auch ein wenig schräg, eine kleine zusammenhängende Melodie.
»Wollen wir hoffen, dass sich unter den Ziruma keine Kenner terranischer Musik befinden«, sagte Reith.
»Wenn Sie meinen, Sie könnten es besser, mein lieber Freund, dann probieren Sie es.«
Der Abendhimmel zog sich zu, im Westen ballten sich drohend Gewitterwolken zusammen. Reith und Mjipa standen vor Barres versammelter Streitmacht. Die elf Touristen standen ein wenig abseits in einer Gruppe zusammen.
»Liebe Freunde«, begann Reith, »wir haben heute Abend die große Ehre, einem Gottesdienst der Herren des Lichts beiwohnen zu dürfen, der erhabensten unter all den vielen Religionen meiner Welt und der einzigen, die die vollkommene Wahrheit verkündet. Ich darf euch nun in Dankbarkeit und tiefer Demut Seine Hochwürden Bischof Panikkar vorstellen, an welchen ich nun das Wort weitergebe.«
»Liebe Brüder und Schwestern«, begann Mjipa in makellosem Durou, »ich bin gekommen, euch die Geschichte von dem wahren Boten Gottes, dem Märtyrer Tallal Homsi, zu erzählen. Geboren in Not und Armut in dem Lande, das da heißt Syrien …«
Mjipa trug in bewegenden Worten die Geschichte vom Gründer der Sekte vor, wobei er die Version, die Reith von Ganesh Kosambi gehört hatte, noch um einiges ausschmückte. Schrieb die offizielle Lesart Homsi noch drei Wundertaten zu, so bauschte Mjipa diese gleich zu einem vollen Dutzend auf.
Mächtige Wolkenberge verdunkelten jetzt die Sterne. Ein lavendelfarbener Blitz zuckte, begleitet von Donnergrollen. »Und nun, liebe Freunde«, schloss Mjipa salbungsvoll, »kommen wir zum
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