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Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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seine Schulter. »So gut, wie das zur Zeit möglich ist. Und ich habe dir genau zugehört. Ich werde es nicht zulassen, dass mich etwas von innen auffrisst. Schließlich gibt es ja auch eine Praxis, um die wir uns kümmern müssen«, fügte sie lebhaft hinzu.
    Skouboe nickte, doch seine Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben.
     
    Am späten Nachmittag übertrug Maja ihre handschriftlichen Notizen in die elektronischen Patientenakten. Ihr iPhone brummte, als sie eine SMS bekam. Endlich eine Nachricht von Katrine. Sie schlug vor, sich in einer Stunde an der Sportanlage im Bregnehøjpark zu treffen. Maja lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Schon in ihrer Kindheit war die Gegend um den Bregnehøjpark ein sozialer Brennpunkt gewesen. Und die Probleme waren bis heute nicht weniger geworden. Sie wusste, dass es erst kürzlich zu einem Zusammenstoß zwischen randalierenden Jugendlichen und der Polizei gekommen war. Eigentlich merkwürdig, dachte sie, dass Katrine zeit ihres Lebens dort wohnen geblieben war.
     

43
    Die trostlosen Wohnblocks türmten sich zu beiden Seiten wie eine riesige graue Mauer, als Maja durch den Bregnehøjpark fuhr. Hier war sie nie zuvor gewesen. Sie kam an einer Gruppe von Migrantenkindern in Hip-Hop-Klamotten vorbei, die rauchend auf einer niedrigen Mauer saßen. Aus ihrem bemalten Ghettoblaster dröhnte Gangsta-Rap. Ihre Blicke klebten an Majas Mercedes, sie wäre am liebsten gleich wieder umgekehrt. Dennoch fuhr sie weiter am umzäunten Sportgelände entlang.
    Es lag inmitten eines Gebäudekomplexes und erinnerte mehr an die Kampfstätte von Gladiatoren als an einen Sportplatz. Auf allen drei Basketballfeldern wurde gespielt. Die Auswechselspieler lehnten am Maschendrahtzaun. Maja parkte ganz nah am Eingang, um ihr Auto im Auge behalten zu können.
    »Fetter Schlitten«, sagte ein dunkelhäutiger, schmächtiger Junge zu ihr. Auf seinen Bauch waren gotische Buchstaben tätowiert, die sie aber nicht entziffern konnte. Er lächelte ihr durch den Maschendrahtzaun zu und offenbarte seine fehlenden Schneidezähne.
    »Da…danke«, stotterte Maja, ohne ihm in die Augen zu blicken, und schritt durch den Eingang. Sie hatte das Gefühl, das falsche Alter, die falsche Hautfarbe und das falsche Geschlecht für diesen Ort zu haben.
    Sie sah sich nach Katrine um und entdeckte sie beim vordersten Basketballkorb. Sie spielte mit drei dunkelhäutigen Männern, die alle ein paar Köpfe größer als sie waren. Sie trug Shorts und ein eng sitzendes Tanktop. Ihr Pferdeschwanz peitschte durch die Luft, als sie in die Höhe schnellte und den Ball im Korb versenkte.
    »Ey, Hassan, was ist mit deiner Verteidigung?«, rief der größte der Männer und fuchtelte mit den Armen. »Du lässt eine Frau an dir vorbei?«
    Hassan zuckte die Schultern, nahm sein Basecap ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Die ist bei den Bullen, da will ich mir nicht die Finger schmutzig machen«, rief er zurück. Er setzte das Basecap verkehrt herum auf den Kopf und nahm den Ball auf.
    Maja trat an den Spielfeldrand. Das Spiel lief weiter. Hassan versuchte sich an einem Drei-Punkte-Wurf, scheiterte aber. Katrines Mitspieler, ein junger Türke, holte den Rebound und spielte einen langen Pass auf sie. Katrine dribbelte dem gegnerischen Korb entgegen, der von ihrem groß gewachsenen, breitschultrigen Gegenspieler abgeschirmt wurde. Er streckte die Arme nach ihr aus, doch sie tauchte mit einer eleganten Bewegung darunter weg und beförderte den Ball mit einem Unterhandwurf in den Korb. Damit war das Spiel beendet. Alle klatschten sich ab, ehe Katrine zu Maja hinüberschlenderte.
    »Ich habe die ganze Zeit vergeblich versucht, dich in der Arbeit zu erreichen«, sagte sie.
    Katrine lehnte sich keuchend an den Zaun. »Die Sache hat gewaltige Wellen geschlagen.«
    »Das darf doch nicht wahr sein. Søren war drauf und dran, uns zu erzählen, wo Timmie ist. Fast hätten wir ihn so weit gehabt.«
    »Ja, es ist frustrierend«, sagte sie und trocknete sich die Stirn.
    »Wisst ihr, wer das getan hat? In den Nachrichten wurde von einem Mitinsassen gesprochen.«
    Katrine ging in die Hocke. »Wir wissen, wer den Mord verübt hat. Was nicht so schwer war, weil Sørens Blut an ihm geklebt hat.«
    »Aber wie konnte er denn aus seiner eigenen Zelle ausbrechen und zu Søren eindringen, ohne dass jemand eingegriffen hat?«
    »Genau das wird gerade untersucht«, antwortete Katrine und hob ihren Kapuzenpullover vom Boden auf. Sie zog eine

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