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Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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Strahlen fegten über das Terrain, bis sie Søren erreicht hatten. Der Hubschrauber blieb direkt über ihm in der Luft stehen. Er erstarrte wie ein Tier, das plötzlich im hellen Licht steht. Von allen Seiten liefen die Einsatzkräfte auf ihn zu, rückten Stück für Stück vor und schrien, er solle sich flach auf den Bauch legen. Søren hob die Hände. Im nächsten Augenblick wurden ihm die Füße unter dem Körper weggetreten, worauf er mit einem dumpfen Geräusch auf den Schwellen landete. Drei Beamte warfen sich auf ihn und legten ihm die Hände auf dem Rücken in Handschellen.
    »Wir haben ihn«, sagte Katrine leise. »Alles ist gut, Maja.« Sie berührte sie an der Schulter.
    Maja setzte sich auf. Der Schmerz pulsierte durch ihren ganzen Körper. Sie war sicher, dass sie sich nichts gebrochen hatte. Dafür spürte sie eine Wärme zwischen ihren Beinen. Zuerst dachte sie, ihre Fruchtblase wäre geplatzt. Sie schaute nach unten und steckte die Hand in ihren Slip. Es fühlte sich warm und klebrig an. Sie zog die Hand heraus und starrte sie an. Sie war mit dunklem Blut beschmiert. Der Adrenalinrausch, in dem sie sich befand, konnte die Welle der Angst nicht aufhalten, die in diesem Moment über ihr zusammenschlug.
    »Hilf mir, Katrine …«
     

31
    Die Sanitäter betteten Maja auf die Bahre. Sie hatten einen weiteren Hubschrauber kommen lassen. Einen Merlin Joint Supporter, der sie zum Rikshospital fliegen sollte. Der Flug würde weniger als fünf Minuten dauern. Doch bei der Geschwindigkeit, mit der sie Blut verlor, war das viel zu lang.
    Sie lag festgeschnallt auf der Bahre und blickte zum Rettungshelikopter empor, der acht Meter über ihrem Kopf schwebte. Zwischen ihren Beinen war es warm. Sie hatten vergeblich versucht, die Blutung zu stoppen. Der eine Rettungssanitäter sah Katrine, die ihn am Kragen gepackt hatte, verzweifelt an. »Da gibt es nichts, was ich tun kann!«, rief er und riss sich los.
    Das verhieß nichts Gutes. Sie schaute flüchtig in die Gesichter der Umstehenden und sah die Besorgnis in ihren Augen. Sie wünschte, Stig wäre hier. Sie brauchte seine Umarmung. Im nächsten Moment verließ sie den Boden und wurde an der Oberleitung vorbei in die Höhe gezogen. Sie spürte, wie die Müdigkeit sie überkam. Der benommene Zustand, der vom Blutverlust verursacht wurde, machte ihr Angst. Sie versuchte, die Füße zu schließen, den Po zusammenzukneifen. Unternahm einen letzten verzweifelten Versuch, die Blutung zu stoppen, obwohl sie wusste, dass das unmöglich war. »Entschuldigung«, murmelte sie, ohne zu wissen, bei wem sie sich entschuldigte.
    Vielleicht hatte Pan recht. Vielleicht war sie wirklich auf dem Weg nach Nimmerland.
     
    Zwei Beamte in Kampfuniform knieten auf Sørens Rücken und drückten ihn auf die Eisenbahnschwellen. Er wusste nicht, wie lange schon, doch es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Ihr Gewicht machte es ihm kaum möglich zu atmen. Die Handfesseln aus Plastik schnitten in seine Handgelenke. Sie riefen etwas, fragten, wo er Timmie versteckt halte. Doch er antwortete ihnen nicht. Kurz darauf holten sie einen Hundeführer mitsamt seinem Schäferhund. Jedes Mal, wenn der Schäferhund anschlug, spürte Søren den warmen Atem und den Geifer an der Schnauze des Tiers. Die scharfen Zähne blitzten in der Dunkelheit. Es fehlten nur wenige Millimeter, und er hätte ihm ins Gesicht beißen könnnen. Das wäre wie ein Kuss von Hook, dachte er ohne Furcht und behielt sein Geheimnis für sich.
     
    Als eine Gruppe von Einsatzkräften kurz darauf den gestohlenen Lieferwagen auf dem Parkplatz des Einkaufzentrums entdeckten, waren sie endlich überzeugt, dass er Timmie nicht dabeihatte. Mit auf den Rücken gebundenen Händen führten sie ihn, ihre Jagdbeute, über das Bahnhofsgelände. Søren hielt vergeblich nach Katrine Ausschau. Er wunderte sich, dass sie sich diesen großen Augenblick entgehen ließ. Ihren wichtigsten Skalp.
     
    Der Rettungshubschrauber näherte sich dem Krankenhaus. Die Lichter des Landeplatzes auf dem Dach leuchteten in der Dunkelheit. Ganz hinten in der Kabine lag Maja und wurde durch eine Maske mit Sauerstoff versorgt. Von einem Haken an der Decke hing der Beutel, der über eine Kanüle mit ihrem linken Arm verbunden war. Auf ihrer entblößten Brust und ihrem Bauch waren mehrere Elektroden befestigt. Der junge Arzt, der sich über sie beugte, las rasch ihre EKG-Werte vom Monitor ab. Ihr Blutdruck war besorgniserregend niedrig. Über das

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