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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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Hatsumomo.
    »Was macht er?« erkundigte sich Tachibana leise. Ich glaubte nicht, daß irgendein anderer das gehört hatte, aber bevor ich antworten konnte, rief Hatsumomo laut:
    »Er macht sich zum Narren! Das macht er.«
    »Aber Hatsumomo-san«, sagte Shojiro, »bist du etwa eifersüchtig?«
    »Natürlich ist sie das«, sagte Mameha. »Und jetzt müssen Sie uns zeigen, wie Sie beide sich versöhnen. Nur zu, Shojiro-san, nicht so schüchtern! Sie müssen ihr die gleichen Küsse geben wie eben mir! Das ist nur fair. Und auf genau die gleiche Art.«
    Es war keine einfache Aufgabe für Shojiro, doch es gelang ihm, Hatsumomo auf die Füße zu stellen. Dann nahm er sie unter dem Beifall der Gäste in die Arme und bog sie rückwärts. Gleich darauf fuhr er jedoch wieder hoch und griff nach seiner Lippe, denn Hatsumomo hatte ihn gebissen; nicht so stark, daß es blutete, aber stark genug, um ihm einen Schock zu versetzen. Mit wutverkniffenen Augen und gebleckten Zähnen stand sie da, dann holte sie aus und versetzte ihm eine Ohrfeige. Ich vermute, der viele Sake, den sie getrunken hatte, mußte ihr Zielvermögen beeinträchtigt haben, denn statt sein Gesicht traf sie nur seine Kopfseite.
    »Was ist passiert?« fragte mich Tachibana. Seine Worte klangen in der Stille, die im Raum herrschte, so laut und deutlich, als hätte jemand eine Glocke geläutet. Ich antwortete nicht, denn als er Shojiros Wimmern und Hatsumomos schweres Keuchen vernahm, mußte er von selbst verstanden haben.
    »Hatsumomo-san – bitte«, sagte Mameha mit einer so ruhigen Stimme, daß sie hier völlig fehl am Platze wirkte, »mir zuliebe… versuch dich zu beruhigen!«
    Ich weiß nicht, ob Mamehas Worte genau die Wirkung zeitigten, die sie sich erhoffte, oder ob Hatsumomos Verstand bereits zerrüttet war: Hatsumomo stürzte sich auf Shojiro und begann blindlings auf ihn einzuschlagen. Ich glaube, daß sie irgendwie durchdrehte. Es war nicht nur so, daß ihr Verstand gelitten zu haben schien, nein, in diesem Moment schien sie auch völlig losgelöst. Der Theaterdirektor erhob sich vom Tisch und eilte hinüber, um sie zurückzuhalten. Irgendwie gelang es Mameha inmitten dieses Durcheinanders hinauszulaufen, denn gleich darauf kam sie mit der Herrin des Teehauses zurück. Inzwischen hatte der Theaterdirektor Hatsumomo von hinten gepackt. Ich dachte, daß die Krise bewältigt sei, aber nun schrie Shojiro Hatsumomo so laut an, daß wir das Echo von den Gebäuden am anderen Flußufer zurückhallen hörten.
    »Du Ungeheuer!« kreischte er. »Du hast mich gebissen!«
    Ich weiß nicht, was wir alle getan hätten, hätte die Herrin des Teehauses nicht die Ruhe bewahrt. Auf Shojiro redete sie beruhigend ein, während sie zugleich dem Theaterdirektor ein Zeichen gab, Hatsumomo fortzuführen. Wie ich später erfuhr, brachte er sie nicht nur von der Veranda ins Teehaus hinein, sondern auch gleich die Treppe zur Haustür hinunter und auf die Straße hinaus.
    Hatsumomo blieb die ganze Nacht über weg. Als sie am Tag darauf endlich in die Okiya zurückkehrte, roch sie, als wäre ihr übel geworden, und ihre Frisur war zerstört. Sie wurde sofort zu Mutter ins Zimmer gerufen und blieb sehr lange Zeit dort.
    Einige Tage später verließ Hatsumomo die Okiya, bekleidet mit einem einfachen Baumwollkimono, den Mutter ihr gegeben hatte. Ihr Haar hing ihr in einer wilden Mähne auf die Schultern, was ich an ihr noch nie gesehen hatte. Sie trug eine Tasche mit ihren Habseligkeiten und ihrem Schmuck und verabschiedete sich von keiner von uns, sondern ging einfach auf die Straße hinaus. Sie ging nicht freiwillig. Mutter hatte sie hinausgeworfen. Und Mameha glaubte sogar, Mutter habe schon seit Jahren versucht, Hatsumomo loszuwerden. Ob das nun zutrifft oder nicht, ich bin überzeugt, daß Mutter froh war, einen Mund weniger stopfen zu müssen, denn Hatsumomo verdiente nicht mehr das, was sie früher einmal verdient hatte, und es wurde immer schwerer, überhaupt an Lebensmittel zu gelangen.
    Wäre Hatsumomo nicht für ihre Bösartigkeit bekannt gewesen, wäre sie vielleicht selbst nach dem Zwischenfall mit Shojiro noch von einer anderen Okiya aufgenommen worden. Aber sie glich einem Teekessel, der selbst an guten Tagen die Hand, die ihn benutzt, verbrühen kann. Und das wußte ganz Gion.
    Was letztlich aus ihr geworden ist, weiß ich nicht genau. Einige Jahre nach dem Krieg hörte ich, daß sie sich als Prostituierte im Miyagawa-cho-Viertel durchschlug. Aber sie kann dort nicht

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