Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
Vom Netzwerk:
Loch, wann immer sie Lust dazu hat. Weißt du denn nicht, wie du deinen Almanach benutzen mußt?«
    Ich weiß nicht, ob Sie jemals so einen Almanach gesehen haben. Wenn man ihn aufschlägt und durchblättert, stellt man fest, daß er mit höchst komplizierten Tabellen und geheimnisvollen Schriftzeichen vollgestopft ist. Geishas sind, wie ich schon sagte, überaus abergläubisch. Tantchen und Mutter und sogar die Köchin trafen kaum eine Entscheidung, auch wenn es nur den Kauf neuer Schuhe betraf, ohne vorher ihren Almanach zu Rate zu ziehen. Ich selbst aber hatte noch nie in einen hineingeschaut.
    »Kein Wunder, daß du soviel Unglück erlebt hast«, sagte Mameha. »Soll das heißen, daß du zu fliehen versucht hast, ohne nachzuschlagen, ob der Tag dafür günstig war?«
    Ich erklärte ihr, daß meine Schwester bestimmt hatte, wann wir fliehen sollten. Mameha wollte wissen, ob ich mich an das Datum erinnerte, was mir auch gelang, als ich mit ihr zusammen in einem Kalender blätterte: Es war der letzte Dienstag im Oktober 1929 gewesen, nur ein paar Monate nachdem Satsu und ich von zu Hause weggeholt worden waren.
    Mameha bat ihre Dienerin, ihr einen Almanach für jenes Jahr zu bringen, und nachdem sie mich nach meinem Sternzeichen gefragt hatte – das Jahr des Affen –, verbrachte sie einige Zeit damit, verschiedene Tabellen zu prüfen und zu vergleichen und eine Seite herauszusuchen, die einen allgemeinen Überblick über die Konstellationen jenes Monats für mich enthielt. Schließlich las sie mir laut vor:
    »›Eine äußerst ungünstige Zeit. Unter allen Umständen vermieden werden müssen Nadeln, ungewohnte Speisen und Reisen.‹« Hier hielt sie inne und sah mich an. »Hast du gehört? Reisen. Dann heißt es weiter, daß du folgende Dinge meiden sollst… warte mal… Baden während der Stunde des Hahns, den Erwerb neuer Kleider, ›sich auf neue Unternehmungen einlassen.‹ Und hör dir dies an: ›Ortsveränderungen‹.« Mameha klappte das Buch zu und sah mich an. »Hast du dich vor all diesen Dingen gehütet?«
    Viele Menschen bezweifeln den Wert dieser Art von Hellseherei, doch jeder Zweifel, den Sie hegen mögen, wäre sofort beseitigt worden, hätten Sie miterlebt, was nun geschah. Mameha erkundigte sich nach dem Sternzeichen meiner Schwester und schlug die gleichen Informationen über sie nach. »Hier heißt es: ›Ein günstiger Tag für kleine Veränderungen‹«, begann sie. »Vielleicht nicht der beste Tag für etwas so Wichtiges wie eine Flucht, aber mit Sicherheit besser als die anderen Tage jener Woche und auch der folgenden.« Dann kam die große Überraschung. »Und weiter: ›Ein guter Tag zum Reisen in die Richtung des Schafes‹«, las Mameha. Und als sie eine Landkarte herausholte und Yoroido darauf suchte, lag es nordnordöstlich von Kyoto, und das war tatsächlich die Richtung, die dem Tierkreiszeichen des Schafes entsprach. Satsu hatte ihren Almanach konsultiert. Das war vermutlich auch der Grund dafür, weshalb sie mich in dem Zimmer unter der Treppe für ein paar Minuten allein gelassen hatte. Und das war ganz zweifellos richtig gewesen, denn sie war entkommen, ich aber nicht.
    In diesem Moment begann ich zu begreifen, wie arglos ich gewesen war – nicht nur, als ich meine Flucht plante, sondern einfach in allem. Ich hatte nie verstanden, wie eng alle Dinge miteinander verknüpft sind. Und ich meine damit nicht nur den Tierkreis. Wir Menschen sind nur ein Teil von etwas weitaus Größerem. Wenn wir gehen, zertreten wir vielleicht einen Käfer oder bewirken lediglich eine Veränderung in der Luft, so daß eine Fliege dort landet, wohin sie sonst nicht geflogen wäre. Und wenn wir an dasselbe Beispiel denken, nur mit uns in der Rolle des Insekts und dem endlosen Universum in der Rolle, die wir eben gespielt haben, wird verständlich, daß wir alle tagtäglich von Kräften beeinflußt werden, über die wir nicht mehr Kontrolle ausüben können als der arme Käfer über unseren gigantischen Fuß, der sich auf ihn herabsenkt. Was sollen wir tun? Wir müssen alle Methoden nutzen, die uns zur Verfügung stehen, um die Bewegung des Universums um uns herum zu begreifen, und unsere Handlungen so einrichten, daß wir nicht gegen die Strömungen kämpfen, sondern uns mit ihnen bewegen.
    Mameha befragte meinen Almanach für das laufende Jahr und suchte mehrere Daten für die folgenden Wochen heraus, die für wichtige Veränderungen günstig waren. Ich fragte sie, ob ich versuchen sollte, an

Weitere Kostenlose Bücher