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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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vielbeschäftigte und erfolgreiche Geisha wegen eines jüngeren Mädchens solche Mühen auf sich nimmt, ist der, daß jeder in Gion davon profitiert, wenn ein Lehrling erfolgreich ist. Die Geisha-Anwärterin selbst profitiert, weil sie im Laufe der Zeit natürlich ihre Schulden zurückzahlen kann; und wenn sie Glück hat, bringt sie es bis zur Geliebten eines reichen Mannes. Die ältere Schwester profitiert, weil sie einen Teil der Einnahmen ihrer jüngeren Schwester einstreicht – genauso wie die Herrinnen der verschiedenen Teehäuser, in denen das junge Mädchen arbeitet. Selbst der Perückenmacher, der Laden, in dem Haarschmuck verkauft wird, und die Konfiserie, in der die Lerngeisha von Zeit zu Zeit Geschenke für ihre Kunden ersteht… sie alle werden vielleicht niemals direkt einen Anteil an den Einnahmen des jungen Mädchens erhalten, profitieren aber dennoch von der Kundschaft einer weiteren erfolgreichen Geisha, die Gäste nach Gion lockt, welche möglichst viel Geld in der Stadt lassen.
    Man kann füglich behaupten, daß für ein junges Mädchen in Gion nahezu alles von ihrer älteren Schwester abhängt. Dennoch haben nur wenige junge Mädchen bei der Wahl ihrer älteren Schwester ein Wort mitzureden. Eine etablierte Geisha wird ihren Ruf natürlich nicht dadurch gefährden, daß sie eine jüngere Schwester aufnimmt, die sie für langweilig hält, oder auch eine, von der sie glaubt, daß ihre Kunden sie nicht mögen werden. Andererseits hat die Herrin der Okiya sehr viel Geld in die Geishaschülerin gesteckt und wird nicht einfach dasitzen und darauf warten, daß irgendeine langweilige Geisha des Weges kommt und sich erbietet, das Mädchen auszubilden. Infolgedessen erhält eine erfolgreiche Geisha sehr viel mehr Bewerbungen, als sie akzeptieren kann. Manche kann sie ablehnen, andere dagegen nicht… und das bringt mich auf den Grund, warum Mutter – wie Mameha meinte – das Gefühl hatte, daß keine einzige Geisha in Gion bereit wäre, meine ältere Schwester zu werden.
    Als ich damals in die Okiya kam, hatte Mutter vermutlich geplant, Hatsumomo zu meiner älteren Schwester zu machen. Hatsumomo war zwar eine Frau, die den Biß einer Spinne sofort erwidern würde, aber fast jede Geishaschülerin hätte sich glücklich geschätzt, ihre jüngere Schwester sein zu dürfen. Hatsumomo war bereits die ältere Schwester von mindestens zwei bekannten jungen Geishas von Gion gewesen. Doch statt sie zu quälen, wie sie mich quälte, hatte sie sich ihnen gegenüber ordentlich benommen. Sie hatte sich freiwillig bereit erklärt, sie aufzunehmen, und zwar wegen des Geldes, das sie ihr einbringen würden. In meinem Fall hätte man von Hatsumomo ebensowenig erwarten können, mir in Gion zum Erfolg zu verhelfen und sich dann mit den paar Extra-Yen zufriedenzugeben, wie man von einem Hund erwarten kann, eine Katze die Straße entlangzuführen, ohne sie in einer dunklen Gasse kräftig zu beißen. Mutter hätte Hatsumomo natürlich zwingen können, meine ältere Schwester zu werden – nicht nur, weil Hatsumomo in unserer Okiya lebte, sondern auch, weil sie so wenige Kimonos besaß und auf die Sammlung der Okiya angewiesen war. Aber keine Macht der Welt hätte Hatsumomo dazu zwingen können, mich angemessen auszubilden. Wenn man sie eines Tages aufgefordert hätte, mich ins Mizuki-Teehaus mitzunehmen und mich der Herrin dort vorzustellen – sie hätte mich mit Sicherheit ans Ufer des Flusses geführt und dort gesagt: »Kamo-Fluß, hast du meine jüngere Schwester schon kennengelernt?«, um mich dann sofort hineinzustoßen.
    Und was die Frage betrifft, ob eine andere Geisha die Aufgabe übernehmen würde, mich auszubilden… Nun, das hätte für sie bedeutet, Hatsumomo in die Quere zu kommen. Und es gab nur wenige Geishas in Gion, die kühn genug waren, ein soches Risiko einzugehen.
    Eines Morgens, wenige Wochen nach meinem Gespräch mit Mameha, servierte ich Mutter und einem Gast im Empfangszimmer den Tee, als Tantchen die Tür aufschob.
    »Entschuldige die Störung«, sagte Tantchen, »aber könntest du wohl mal einen Moment kommen, Kayoko-san?« Kayoko war Mutters richtiger Name, aber er wurde bei uns in der Okiya nur selten benutzt. »Draußen wartet eine Besucherin auf dich.«
    Als sie das hörte, stieß Mutter ihr hustendes Lachen aus. »Du scheinst heute nicht ganz beieinander zu sein, Tantchen, einfach so hier hereinzukommen und einen Besucher persönlich zu melden«, sagte sie. »Die Mädchen arbeiten ohnehin

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