Die Geishas des Captain Fishby
dessen hatten sich die Fuhrwerke nach
Awasi aufgemacht, um „Lotosblütes“ Sachen abzuholen. Dann erinnerte er die
Beamten ausführlich an ihre Pflichten und an ihre Verantwortung, so wie es sich
aus dem Plan B ergab. „Ihre Hauptsorge hat es zu sein“, wetterte er, „die
Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Das Wohlergehen
jedes einzelnen hegt in Ihrer Hand.“
Hokkaido blickte betroffen zum
Polizeichef, und der Bürgermeister sah ebenso verlegen zum Gemeindesekretär
hin. Sie rutschten alle unruhig auf ihren Bänken hin und her. Fisby mußte
heimlich lächeln. „Und die Zimmerleute hat man vom Schulbau fortgeholt!“ rief
er mit gespielter Empörung. Und dann setzte er ihnen lang und breit den Nutzen
einer guten Bildung auseinander und malte ihnen in den düstersten Farben aus,
was für Folgen es haben müsse, wenn ein Dorf ohne Schule sei und ein Volk in Unwissenheit
gehalten werde, nur weil die Verantwortlichen an nichts anderes dächten, als
irgendwelchen Mädchen oder Geishas nachzulaufen. — Nachdem er endlich seine
Rede beendet hatte, hielt es die Japaner kaum noch auf den Plätzen.
Das hat gesessen, stellte Fisby
triumphierend bei sich fest und lehnte sich befriedigt in seinen Stuhl zurück.
— „Und nun, Sakini, frag, ob sie noch irgendwelche Fragen haben.“
Sakini nickte: „Ja, Chef, wie spät es
ist.“
„Wie spät? Elf Uhr fünfundvierzig.
Warum?“
„Wir wollen zu Mittag essen mit
,Goldblume’ und ,Lotosblüte’, und wir möchten auf keinen Fall zu spät kommen.“
Es war Fisby, als ob der Himmel über
ihm einstürzte. Noch lange, nachdem die Sitzung geschlossen war, saß er wie
betäubt an seinem Tisch.
„Kein Verantwortungsgefühl!“ ging es
ihm durch den Kopf. „Nicht eine Spur von Verantwortungsgefühl!“ Und als es
schon längst Nachmittag war, hatte er sich noch immer nicht von seinem
Schrecken erholt. Teilnahmslos hockte er auf seinem Stuhl. Und erst als vom
Dorf her die Klänge von Dahisen ertönten, richtete er sich etwas auf und
blickte zu Sakini hinüber, der nun wieder vor ihm saß.
Aber Sakini nickte beruhigend. „Die
Frauenliga für demokratische Betätigung hält eine Versammlung ab, Chef.“
„Mit Musik?“
„Natürlich, sie müssen doch Musik
haben.“
„Wofür denn?“
Sakini beugte sich über den Tisch und
flüsterte vertraulich. „Als wir heute bei den Geishas aßen, war von dem die
Rede, was Sie uns gesagt hatten. Wir haben den Mädchen gesagt, wie sehr Sie
eine gute Bildung schätzen. Und wissen Sie, was ,Goldblume’ da gemeint hat?“
„Nun, was denn?“‘
„Sie hat gemeint: der Chef hat recht.
Wir brauchen eine gute Bildung hier im Dorf. Und alle haben ihr zugestimmt, und
da haben wir gleich mit dem Erziehungsprogramm begonnen.“
Fisby lächelte. Vielleicht hatte er
seine Dorfbeamten doch falsch beurteilt. Vielleicht mußte man ihnen nur etwas
Zeit lassen. „Aha, und jetzt hält also die Frauenliga eine Versammlung ab? Sie
wollen die Kinder unterrichten und stellen die Pläne auf?“
Sakini schüttelte den Kopf. „Nein, sie
wollen nicht lehren, sie wollen lernen.“
„Lernen?“
„Freilich. Ich habe ,Goldblume’
erzählt, daß nie jemand die Frauen zu einer Tasse Tee einlädt. Und was glauben
Sie, was sie geantwortet hat? ,Ich möchte dem Chef gern helfen. Ich werde mit
dem neuen Erziehungsprogramm bei der Frauenliga beginnen. Ich werde sie singen
und tanzen lehren.’ Und auch ,Lotosblüte’ möchte dem Chef gern helfen, darum
lehrt sie die Frauen das Dahisenspiel. Bloß...“ Sakini kratzte sich
nachdenklich am Kopf. „,Goldblume’ meint, daß Geishas schon mit dem Lernen
beginnen, wenn sie sieben Jahre alt sind, und sie findet, daß die Frauenliga
damit 25 Jahre zu spät anfängt. Sie weiß nicht, ob die Frauen in die
Geishazunft aufgenommen werden, aber sie will es auf jeden Fall versuchen.“
Fisby mußte sich am Tisch festhalten.
„Willst du damit sagen, daß die Mitglieder der Frauenliga — hm — Geishas werden
wollen?“
„Ja, Chef, sie sehen doch, wie alle
Männer hinter ,Goldblume’ und ,Lotosblüte’ her sind. Sie möchten bei sich nun
auch etwas von demokratischer Gleichberechtigung verwirklichen.“
Fisby sah plötzlich im Geiste Mrs.
Purdy mit offenem Munde vor sich stehen. Ganz bestimmt hatte sie diese Art von
Demokratie nicht im Sinne gehabt, als sie die Liga gründete.
„Und wenn Sie jetzt für die Liga die
Kimonos und den Puder und all das andere Zeug beschaffen, Chef,
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