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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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dann wird
sicher alles schön werden.“
    „Schön?“
    „Aber ja. Sie besorgen ihnen die
Sachen und lassen sie für sich arbeiten. Sie gebieten dann vielleicht über fünfzig
oder sechzig Geishas und brauchen nichts weiter zu tun. Sie sitzen da und
sammeln Geschenke ein.“ Fisby schoß das Blut in den Kopf. „Sakini“, sagte er
entschlossen, „wir wollen das gleich ein für allemal klarstellen: ich werde sie
nicht für mich arbeiten lassen.“
    „Das verstehe ich nicht, Chef.“
    Fisby hörte von draußen erregte
Stimmen und lugte durch die Jalousie. Vor der Kommandantur stand eine große
Schar von Frauen. „Sakini, was wollen die?“ fragte er.
    Sakini lächelte stolz. „Alle Frauen
hier im Dorf haben von dem neuen Erziehungsprogramm gehört, und nun wollen sie
der Liga beitreten.“
    Einen kurzen Augenblick dachte Fisby
daran, die Frauenliga aufzulösen. Aber dann hörte er den Oberst Purdy wettern:
„Was, die Frauenliga für demokratische Betätigung wollen Sie auflösen, Fisby?
Möchten Sie, daß der Kongreß eine Untersuchung gegen Sie einleitet?“ Fisby
wurde es dunkel vor den Augen. Eine Untersuchung, von welcher Seite sie immer
kommen mochte, war wohl das Letzte, was er sich wünschte. Eine der Frauen flüsterte
mit Sakini. „Chef“, übersetzte er, „sie möchte wissen, wann die neuen Kurse
beginnen.“
    „Kurse?“ Fisby fühlte, wie ihm die
Knie schlotterten. Als er am Abend droben in seinem Zimmer saß, klang Gesang
aus dem Dorf zu ihm herauf. Er lauschte entzückt den geschulten, lieblichen
Stimmen, die „Goldblume“ und „Lotosblume“ gehörten. Aber als er dann das Üben
der kleinen Chorgruppen hörte, die sich überall im Dorf gebildet zu haben
schienen, verfinsterte sich sein Gesicht. Er zündete sich eine Zigarre an und
tat gegen seine Gewohnheit sogar einen Lungenzug.
    In der Nacht konnte er lange keinen
Schlaf finden und wälzte sich ruhelos auf seinem Feldbett. Und als er dann
endlich doch einschlief, quälten ihn böse Träume. Die Frauenliga, von Fräulein
Higa-Jiga angeführt, sang und tanzte vor ihm, und eine Stimme sagte leise:
„Captain Fisby? Der ist der größte Unternehmer auf Okinawa.“
     
     

6
     
    Am nächsten Morgen war wieder niemand
im Dorf zur Arbeit angetreten. Niemand ging auf die Felder, um die süßen
Kartoffeln auszubuddeln, niemand verteilte sie im Dorf an die Leute. Und
Captain Fisby, dem eine letzte Entschlossenheit auf dem Gesicht geschrieben
stand, schritt durch die engen Straßen auf der Suche nach Hokkaidos Haus.
Schließlich fand er es und klopfte kräftig an die unangestrichenen Läden, die
gleichzeitig Wand wie Türe waren.
    „Hokkaido!“ rief er. Keine Antwort.
„Hokkaido!“
    „Hie — ja“, erklang eine schläfrige
Stimme.
    „Hier ist der Chef! Steh auf!“
    „Dare — wer?“
    „Der Chef. Steh schleunigst auf!“
    „Hokay — okay!“
    Fisby hörte ein Rascheln. Einer der
Läden wurde aufgestoßen, und dahinter tauchte der völlig verschlafene Hokkaido
in seinem braunen Kimono auf.
    Mit befehlender Stimme sagte Fisby:
„Wir brauchen unbedingt süße Kartoffeln. Holen Sie darum Ihre Leute zusammen und
machen Sie, daß Sie aufs Feld kommen!“
    „Verstehen nicht“, antwortete Hokkaido
lächelnd mit dem unschuldigsten Gesicht von der Welt.
    Fisby wußte genau, daß Hokkaido jedes
Wort verstand, aber ebenso, daß er lieber wieder sich in sein Bett verkriechen
wollte, statt sich an die Arbeit zu begeben. Schnell zog er sein
japanisch-englisches Wörterbuch aus der Tasche und blätterte darin. „Imo —
Kartoffel. Ima — jetzt. Wareimaska — verstehen?“
    Hokkaido verging das Lächeln. „Ah,
imo, Chef.“ Einen Augenblick schien er noch zu zögern, dann fügte er sich in
das Unvermeidliche, schlüpfte in seine Kleider und ergriff die Hacke. Als Fisby
sah, wie er darauf an verschiedenen Türen klopfte und sich seine Leute
zusammentrommelte, war er zunächst einmal beruhigt. Nun hätten eigentlich auch
der Kaufhausleiter und all die anderen Pflichtvergessenen geweckt werden
müssen. Aber Fisby entschloß sich, vorerst zur Kommandantur zu gehen und eine
Tasse Kaffee zu trinken.
    Als er dort ankam, wartete bereits
eine Abordnung auf ihn, die aus sämtlichen Insassen des Altersheims zu bestehen
schien. Sie sahen alle wie begossene Pudel aus. „Was ist denn nun schon wieder
los?“ fragte Fisby den auch noch halb verschlafenen Sakini.
    Sakini rieb sich die Augen und wies
auf einen uralten Mann, der offensichtlich der Sprecher der

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