Die Geishas des Captain Fishby
Knien liegen hatte, und Fisby
beobachtete von neuem, was im Dorfe vor sich ging.
Nach und nach kam die Dämmerung, und
der rötlich goldene Mond stieg aus dem Meere auf. Ein Licht nach dem anderen
wurde hie und da angezündet. Aber heute abend waren es nicht mehr einfache
Kerzen wie sonst, sondern bunte Laternen, die überall zwischen den dunklen
Kiefern hingen und ihren sanften Schein über die weitgeschwungenen Brücken und
über den Lotosteich warfen.
Bald ertönten die Klänge der Dahisen
und „Goldblumes“ hohe liebliche Stimme. Anfänglich summte Fisby die Melodien
nur mit, aber dann begann er zu pfeifen. Doch war diese östliche Musik noch ein
wenig fremd für sein westliches Ohr, und er pfiff darum nicht immer genau
richtig. Beharrlich versuchte er es dann von neuem, aber da bemerkte er
plötzlich, daß der Doktor ihn erstaunt fixierte, und er wurde dunkelrot und
verstummte wieder.
Als er schon längst auf seinem
Feldbett lag, blickte er noch immer auf die Laternen unten. Er hörte das Lachen
und Singen, und ein Lächeln spielte um seinen Mund. Langsam aber brannten auch
die Kerzen in den Laternen immer tiefer herab, und dann wurde es allmählich
still, und es kam der Schlaf.
10
Es dämmerte erst, als Fisby bereits
durch ein heftiges Schütteln an den Schultern geweckt wurde. Er wollte sich auf
die andere Seite drehen, aber man schüttelte ihn weiter. Da ergab er sich und
blickte in das nicht eben hübsche Gesicht von Fräulein Higa-Jiga.
Er rieb sich die Augen. „Sakini nicht
da“, sagte er verschlafen.
„Sakini ja da“, erwiderte Fräulein
Higa-Jiga zornfunkelnd und wies auf Sakini, der den Kopf heftig hin und her
bewegte, um überhaupt erst einmal richtig wach zu werden.
Fisby setzte sich im Bett auf und blickte
um sich. Es war ein klarer frischer Morgen, und eine leichte kühle Brise kam
vom Ozean. Aber Fräulein Higa-Jigas blitzende Augen deuteten auf Sturm. Sie war
nicht nur von Sakini, sondern auch von Asato, dem Bauleiter, begleitet.
„Was gibt’s denn, Sakini?“ fragte
Fisby.
„Fräulein Higa-Jiga ist sehr
verärgert“, erwiderte Sakini, der noch immer gegen seine Schläfrigkeit
ankämpfte. „Gestern abend ist Hokkaido bei der Frauenliga erschienen und hat
gesagt: ,Meine Damen, die Gräben müssen verlängert werden, damit alles Wasser
in den Lotosteich fließen kann. Helfen Sie uns dabei. Wir laden Sie auch
gelegentlich zu einer Gesellschaft ins Cha ya ein.’“ — „So. Und?“
„Und da haben sie es getan. Und
gestern abend wollten nun Fräulein Higa-Jiga und Fräulein Susano, die
Schriftführerin und die Geschäftsführerin, zu der Gesellschaft auf die Veranda
gehen. Sie haben sich sogar vorher die Füße gewaschen. Aber wissen Sie, was da
geschehen ist?“ Fisby verspürte nicht die geringste Lust, zu raten. „Alle haben
erklärt: ,Wie, Sie wollen an der Gesellschaft teilnehmen? Haha, wo sind denn
Ihre Papiere von der Geishazunft?’ Und weil sie doch keine haben, Chef, hat man
sie einfach fortgejagt.“
Fisby sah Fräulein Higa-Jiga an: „Ich
kann wirklich nicht verstehen, warum ein paar Damen aus dem Dorf nicht an einer
Gesellschaft teilnehmen können, die im Teehaus des Dorfes stattfindet“, sagte
er kurz. „Aber“, entgegnete Sakini, „das ist es ja gerade. Frauen können nur in
ein Cha ya gehen, wenn sie Geishas sind. Die Zunft ist ziemlich genau. Sie will
nicht, daß sich Nichtmitglieder dort herumtreiben.“
Obwohl Fisby sich da nicht einmischen
mochte, fand er doch, daß man mit Damen aus dem Dorfe ruhig eine Ausnahme
machen dürfe. „Konnte ‘Goldblume’ ihnen denn diese Papiere nicht besorgen?“
fragte er. „Nein, Chef. Gestern nachmittag hat ‚Goldblume’ eine lange
Aussprache mit der Frauenliga gehabt. Sie sagt, sie und ,Lotosblüte’ tun alles,
was möglich ist, um die Frauen von der Liga singen und tanzen zu lehren; aber
sie meint, das ist ohne Erfolg. Sie singen ganz hübsch und stellen sich auch
sonst ganz geschickt an, aber die Männer müssen dann auch mit ihnen
zusammensitzen und Tee trinken wollen.“
Fisby blickte verstohlen zu Fräulein
Higa-Jiga, die noch immer vor Zorn bebte. „Und keiner will das?“
„Das ist es ja eben, Chef“, sagte
Sakini. „‘Goldblume’ hat beobachtet, wenn sich jemand von der Liga auf der
Straße zeigt, verschwinden die Männer schnell um die nächste Ecke.“
„Das ist ja empörend, Sakini.“ Fisby
konnte sich gut vorstellen, was für eine bittere Enttäuschung es für
Weitere Kostenlose Bücher