Die Geishas des Captain Fishby
Offiziere noch hier
waren und sie besuchten, um mit ihr über ihre Sorgen zu sprechen, haben sie ihr
erzählt, wo sie überall Lebensmittel versteckt haben. Und da sie sie jetzt nicht
mehr gebrauchen können, werden wir sie uns holen.“
„Was für Lebensmittel sind denn das?“
fragte Fisby interessiert.
„Soldatenverpflegung, Chef.
Hauptsächlich Reis und eingemachte Pflaumen. Außerdem Konservenbüchsen mit
Muscheln, Krebsen und Krabbenfleisch, die für die Offiziere bestimmt waren. Und
wenn ,Goldblume’ nun noch Hokkaido beibringt, etwas anderes außer süßen
Kartoffeln und Sojabohnen zu ziehen, werden wir alles, was wir brauchen, in
Hülle und Fülle haben.“
„Noch etwas anderes ziehen?“
„Ja, Chef, beispielsweise chinesischen
Kohl und Eierpflanzen. Das gibt wunderbare Mixed Pickles. Und dann meint
,Goldblume’, man spürt an dem, was man ißt, auch etwas von dem Zauber jeder
Jahreszeit. Zum Frühling, wenn die Natur wieder zum Leben erwacht, die Vögel
singen und die Kirschbäume blühen, gehören zarte grüne Erbsen. Und im Herbst
muß man rote Weintrauben in den Schüsseln haben - das ist dann wie eine leise
Mahnung, die letzten leuchtenden Tage bewußt zu erleben und etwas von ihrer
funkelnden Herrlichkeit im Herzen zu behalten.“
„Goldblume“ nickte verträumt zu diesen
Worten, und Fisby kam sich in diesem Augenblick erbärmlich prosaisch vor. Er aß
zwar gerne gut, hatte aber noch nie darüber nachgedacht und immer nur danach
getrachtet, möglichst schnell mit den Mahlzeiten fertig zu werden. Die Poesie
jedoch, mit der „Goldblume“ diese Dinge umkleidete, gefiel ihm sehr.
„Es wäre schön, wenn wir das alles
hier im Dorfe machen könnten“, sagte er nach einer Weile. Aber dann schweiften seine
Gedanken wieder zu den versteckten Militärrationen. Obwohl er diesen Glücksfall
begrüßte, bereitete er ihm doch gleichzeitig Sorgen. Denn das war so ähnlich
wie mit den Geschenkkörben, die man zu Weihnachten an Bedürftige verteilt:
einen Tag schwelgten die Hungrigen im Überfluß — aber was kam danach?
Er blickte auf den nahen Ozean. Das
Meer freilich war ein Lieferant, auf den man sich wohl verlassen konnte. Aber
auch auf dem Lande mußte noch so manches wachsen, um etwas Abwechslung in die
eintönige Kost zu bringen.
Unvermittelt erhob sich „Goldblume“.
„Sie muß jetzt gehen, Chef“, sagte Sakini.
„Ach!“ Fisby war ehrlich betrübt
darüber, daß sie schon aufbrechen wollte. „Vielleicht möchte sie noch eine
Tasse Kaffee trinken? Es ist noch genug da, und warm ist er auch noch.“
Die Geisha verneigte sich tief. „Sie
hat leider keine Zeit mehr, Chef. Sie muß nach ein paar Männern ausschicken,
die dringend gebraucht werden.“
„Wie, brauchen wir denn noch
jemanden?“ fragte Fisby überrascht.
„Ja, vor allem Kiei. Das ist ein alter
Freund von ihr, der mit Ton umzugehen weiß. Er versteht sich darauf, ganz
feines Geschirr zu machen, fast durchsichtig, wie wir es im Cha ya haben
müssen.“
Fisby nickte: „Ja, das sehe ich ein.
Wo lebt er denn jetzt?“
„In Kishaba. Und dann muß auch noch
Seiko kommen. Er ist ein bißchen verrückt, aber er kann sehr, sehr gut malen.“
„Malen?“
„Ja — Bilder. Edelblume sagt, wenn er
nur zwei Linien auf eine Schüssel zeichnet, sieht man schon die ganze Blume vor
sich und wird ergriffen von ihrer unendlichen Schönheit.“
„Tatsächlich? Aber wieso ist er ein
bißchen verrückt?“
„Als er sie in Naha kennengelernt
hatte, wollte er nicht mehr malen, ja überhaupt nichts mehr tun; er wollte nur
immer bei ihr sitzen und mit ihr sprechen.“ Es entging Fisby nicht, daß die
Geisha bei diesen Worten Sakinis errötete. „Dann war er also so etwas wir ihr
Liebhaber?“ — „Vielleicht.“
Fisby lächelte. „Wir müssen auf alle
Fälle jemanden zu ihm schicken.“
Die Geisha blickte traurig zu Boden.
„Sie weiß nicht, ob er kommen wird, Chef.“
„Warum sollte er denn nicht kommen?“
„Sie vertragen sich nicht mehr so
recht.“
Fisby beugte sich gespannt vor. „Haben
sie einen Streit gehabt?“
„Das nicht direkt. Sie wollte nur
nicht, daß er immer so herumsaß und seine Zeit vertat, obwohl er ihr immer sehr
viel Schönes gesagt hat. Er sollte malen, malen, nichts als malen, denn sie
wußte, daß er das Zeug zu einem Hofmaler hatte, wenn er nur fleißig war. Und
sie wollte, daß man einmal bewundernd vor seinen Bildern steht und ehrfürchtig
murmelt: ,Das ist ein Seiko.’“
„Hat sie ihm
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