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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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erklärte Sakini, „sie
hat vorhin gesehen, daß Sie mit ,Goldblume’ sprachen. Sie möchte nun wissen, ob
Sie ,Goldblume’ gebeten haben, ihr ein Cha-no-yu-Haus zu bauen.“
    „Ach, das habe ich ganz vergessen“,
antwortete Fisby und fügte hastig hinzu: „Aber sie braucht nichts davon zu
erfahren.“
    „Okay, Chef. Aber haben Sie denn
,Goldblume’ wenigstens gesagt, daß sie die Frauenliga die Teezeremonie und das
Blumenstecken lehren möchte?“
    „Nun, ich tue es bestimmt noch. Nur im
Augenblick habe ich andere Sorgen.“ Mit diesen Worten verließ er den Raum.
    Während er durch das Dorf schlenderte,
dachte er fortwährend über das Teeproblem nach. Er erinnerte sich, daß Sakini
ihm erzählt hatte, „Goldblume“ trinke nur den besten Tee aus China oder den
Ginsengtee aus Korea. Aber China ebenso wie Korea waren jetzt unerreichbar. Auf
Okinawa wuchs wohl kaum Tee, weil sonst die Leute hier nicht diesen Ersatz aus
wildem Weizen trinken würden.
    Plötzlich mußte er vor sich hin
lachen. Als er noch Batteriechef gewesen war, hatte er eine Stelle gekannt, wo
es Tee in einem solchen Überfluß gab, daß ihn niemand dort mehr mochte. Wenn er
bloß solch eine Stelle wieder ausfindig machen könnte! Wie er eben um eine Ecke
bog, lief er Dr. McLean in die Arme. „Fein, daß wir uns treffen, Captain. Haben
Sie denn jetzt Ihre Schleudern fertig?“
    „Was für Schleudern?“
    „Na, Sie waren doch erst gestern auf
der Suche nach Gummischläuchen!“
    „Ach so — ja, die habe ich bekommen.
Aber ich brauchte sie nicht für Schleudern, sondern als Ersatz für die Federn
an den Webstühlen. Und tatsächlich, man kann sie ausgezeichnet dafür verwenden.
Sie sollten nur mal sehen, wie flott sich die Schiffchen hin und her bewegen.“
    Der Arzt schien etwas enttäuscht zu
sein. „Und was haben Sie heute vormittag vor?“ fragte er.
    „So allerlei, Doktor. Vor allem muß
ich eine halbgeöffnete Chrysanthemenknospe auftreiben.“
    Der Doktor spitzte interessiert die
Ohren. „Wofür wollen Sie die denn haben?“
    „Damit soll Seiko hergelockt werden.“
    „Aha, dann ist das wohl so eine Art
von Liebeserklärung Ihrerseits an diese Frau Seiko?“
    „Um Gottes willen! Seiko ist ein Mann.
Er und ,Goldblume’ lieben sich, und ich möchte da ein wenig den Mittler
spielen.“
    Der Arzt verfärbte sich. Er war jetzt
endgültig am Ende seiner Weisheit.
    „Ist Ihnen nicht gut?“ erkundigte sich
Fisby teilnahmsvoll.
    Der Doktor hob resignierend die
Achseln. „Ach, eben dachte ich noch, ich könnte über einen besonders
interessanten Fall in der ,Medizinischen Zeitschrift’ berichten, aber...“ Und
er blickte Fisby durchdringend an: „Sind Sie sich dessen auch wirklich sicher,
daß Sie diese Chrysanthemen nicht für sich selber brauchen?“
    „Na, das ist aber auch eine
merkwürdige Frage von Ihnen“, rief Fisby erstaunt und entrüstet. „Sie denken
wohl, ich bin nicht ganz bei Sinnen?“
    „So ganz unberechtigt wäre der
Verdacht, glaube ich, nicht.“
    „Nun, da kann ich Sie beruhigen“,
entgegnete Fisby im Brustton der Überzeugung, „ich bin völlig normal.“
    Aber der Arzt lächelte skeptisch, so
als wollte er sagen: Das behaupten sie alle, und darum hielt es Fisby für
ratsam, von etwas anderem zu sprechen. „Doktor, können Sie mir aber vielleicht
sagen, wo ich Gemüsesamen herbekommen kann?“ fragte er harmlos.
    Dr. McLean überlegte einen Augenblick
und antwortete dann: „Zu Hause habe ich ihn immer bei irgendwelchen
Samenhandlungen bestellt. Jeden Winter schickten sie einem ihre Kataloge, und
danach suchte ich dann aus, was ich haben wollte. Wofür brauchen Sie denn
Samen?“
    „Wir bauen doch ein Teehaus“, begann
Fisby, und dann berichtete er von der geplanten Küche, von Frau Kamakura, die
einst Köchin im „Goldenen Drachen“ gewesen war, und von „Goldblume“, die nicht
immer nur süße Kartoffeln essen mochte. Und je länger er sprach, desto
gespannter lauschte der Doktor. Schließlich schüttelte er den Kopf und sagte:
„Wissen Sie, Captain, was ich mir immer gewünscht habe? Eine eigene Farm. Wenn
ich später einmal meine Praxis aufgebe, ziehe ich unbedingt aufs Land und kaufe
mir vielleicht irgendwo in Connecticut eine kleine Besitzung. Nicht eine
gewöhnliche Farm allerdings, sondern eine ganz besondere, wo man Spezialitäten
für Restaurants anbauen kann, zum Beispiel Artischocken. Und wo man Rebhühner,
Fasane, Truthähne und dergleichen züchten kann. So ungefähr habe ich

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