Die Geishas des Captain Fishby
schlenderte Fisby am nächsten Morgen ziellos durch das Dorf, dabei
immer wieder auf seine Uhr blickend — denn er war sehr gespannt auf das Cha ya
und freute sich bereits auf die morgendliche Unterhaltung mit den beiden
Mädchen. Ein- oder zweimal war er versucht, sich an das Teehaus
heranzuschleichen und es sich von außen anzusehen, aber gehorsam unterließ er
es dann doch.
Eine Weile blickte er den Kindern bei
ihren Spielen zu. Dann ging er zu den Webstühlen im Bananenwäldchen und
beobachtete die emsig webenden Frauen. Mindestens hundert Webstühle waren in
Betrieb, so schätzte er; die Tatamis, die dicken Strohmatten, stapelten sich
schon zu Bergen. Nun — wir werden sie als Tauschobjekte gut gebrauchen können,
dachte er bei sich selbst und ging weiter. Die Sonne schien heute besonders
langsam hochzusteigen. Fisby hatte das Gefühl, als käme die Zeit für die
Frühstückspause nie. Da er plötzlich bemerkte, daß er in der Nähe des
Altersheims war, beschloß er, dort hineinzuschauen, denn er war schon mehrere
Tage nicht mehr bei den alten Leuten gewesen. Als er in den Hof einbog,
wunderte er sich über die Geschäftigkeit auf der Veranda. Sonst saßen die alten
Männer dort immer müßig in der Sonne herum und rauchten ihre langen
Bambuspfeifen, und die alten Frauen gruppierten sich um die unvermeidliche
Teekanne und plauderten leise miteinander. Aber an diesem Morgen waren alle
fieberhaft tätig. Neugierig trat Fisby näher. Einige der Männer zersägten
Holzbretter in kleine Vierecke, die von anderen auf einer handbetriebenen
Drehbank gedrechselt wurden.
„Hallo, Chef“, rief jemand, „was
Wunsch von Chef?“
Fisby erblickte Oshiro, den Sprecher der
Alten, und begrüßte ihn freundlich. „Ich wollte nur mal nach euch allen sehen,
Oshiro, was macht ihr da?“
Oshiro lachte breit: „Bürgermeister
verrückt — wir ihn ärgern.“
„So? Und wie wollt ihr das tun?“
Oshiro trat dicht an Fisby heran.
„Chef“, flüsterte er, „wissen, was dummer Bürgermeister tun bei
Geishagesellschaften, hier — im Hause? Er nicht wollen ‚Goldblume’ und
,Lotosblüte’ uns alten Leuten bringen Tee. Er wollen, sie sitzen bei ihm und
singen Lieder. Sie sprechen mit uns, und er ärgerlich. ,Großvater’, er sagen
mich immer wieder, ,Zeit gut, schlafen.’“
„Tatsächlich?“
„Ja. Ja. Neulich er sagen, er nicht
wollen, wir kommen abends Cha ya, wir müssen schlafen.“ Fisby fühlte einen
dumpfen Zorn in sich aufsteigen. „Er will also wirklich nicht, daß ihr das
Teehaus besucht?“
Oshiro grinste wieder: „Ja, er schon
will, aber wir trotzdem kommen. Wir machen, ,Goldblume’ hat gesagt, Arbeiten
aus Lack, viele schöne, für Teehaus, und wenn Bürgermeister nicht wollen uns im
Cha ya ‚Goldblume’ sagen: ,Alte Leute haben gemacht diese Sachen. Was haben
gemacht Sie für Cha ya? Nichts, nichts? Nun, dann besser vielleicht, Sie kommen
nicht mehr her.’“ Oshiros Augen blitzten schalkhaft: „Bürgermeister dann wenig
lachen.“
„Ich finde, ihr solltet ins Cha ya
gehen dürfen“, antwortete Fisby, „auch wenn ihr gar nichts dafür gearbeitet
habt. Im übrigen hatte ich ja keine Ahnung, daß ihr so etwas könnt.“
„Das ich machen Jahre sechzig und
fünf, nein, siebzig, Chef“, erwiderte Oshiro stolz. „Mein Vater es zeigen mich,
ich ganz kleiner Junge. Und er haben lernen von Vater seinem. Wollen sehen Sie,
Chef?“ fragte Oshiro, und man merkte ihm an, wie sehr er darauf brannte, seine
Meisterwerke vorführen zu können.
Fisby nickte, und der alte Mann führte
ihn darauf zur Rückseite des Hauses, wo im Schatten in langer Reihe grellrote
Tabletts zum Trocknen lagen. Fisby riß vor Staunen die Augen weit auf.
„Hier — ein Sakebecher, Chef“,
erklärte Oshiro. „Sehen, er dünn wie Papier. Ich haben schneiden aus dickes
Stück Holz.“
„Ach so, dafür habt ihr die
Drehbänke?“
„Drehbänke?“ fragte Oshiro verwundert.
„Ich meine die Dinger da drüben, an
denen die Männer drechseln.“
„Ah, jetzt verstehen, Chef. Ja, ich
lassen helfen mir von den anderen, sie gehen können Cha ya. Sie nicht wissen viel,
ich müssen zeigen ihnen immer wieder. Aber sie lernen.“
Oshiro reichte Fisby den Becher. „Er
gefallen gut, Chef?“
Fisby hob den Becher hoch, um ihn von
allen Seiten betrachten zu können. Er war tatsächlich so dünn wie Papier, der
grellrote Lack glänzte wie Seide, und auf dem Grunde war ein goldener Fisch so
kunstvoll eingraviert, daß Fisby einen
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