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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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zusammengebunden, und bei jedem
Luftzug berühren sie sich, und so entsteht dieser zarte Klang. Wir nennen es
eine Windglocke. Das klingt wunderschön, nicht wahr?“ Fisby nickte. Ja, dieses
gläserne Läuten, das da durch die kühle Stille klang, war wirklich schön.
Während er noch darüber nachsann, hörte er leise Schritte — und „Goldblume“
stand lächelnd vor ihm. Verdutzt starrte er sie an, denn sie trug heute keinen
Kimono, sondern eine weiße Hose und eine Jacke, deren Taschen mit roten
Stoffstreifen abgesetzt waren. Sie verneigte sich tief, und Fisby meinte
anerkennend: „Alle Achtung, das sieht aber wirklich hübsch aus! Aber wie sind
Sie denn zu diesem Anzug gekommen?“
    „Sie hat ihn sich selbst geschneidert,
Chef“, antwortete Sakini für sie. „Erinnern Sie sich noch an die amerikanischen
Magazine, die Sie ihr gegeben haben? Darin hat sie ein Bild entdeckt, wo eine
Frau etwas Ähnliches anhatte. Ich habe den Text für das Bild übersetzt.
Amerikanerinnen lieben diese Art von Anzug sehr, stand da, und darum, sagt
,Goldblume’, ist es für sie und ,Lotosblüte’ gerade das Richtige. Sie müssen
nämlich ihre Kimonos schonen, weil sie bestimmt nicht so leicht wieder neue
bekommen können. Aber wie gefällt Ihnen ,Goldblumes’ neue Frisur denn?“ Tatsächlich
war es Fisby noch gar nicht aufgefallen, daß die Geisha heute das Haar nicht
wie sonst hochaufgesteckt trug, sondern sich ganz auf amerikanisch frisiert
hatte.
    „Oh, das ist ja hübsch!“ fand er mit
ehrlicher Bewunderung, und „Goldblume“ errötete vor Freude. „Das hat sie auch
aus dem Magazin“, fuhr Sakini fort. „Es ist eine gerollte Frisur, wie unter dem
Bild zu lesen war. Kennen Sie sich darin aus, Chef?“
    Fisby mußte zugeben, daß er kaum eine
Ahnung davon hatte, aber er fand, daß diese Frisur „Goldblume“ ausgezeichnet
kleidete. „Hat ,Lotosblüte’ sich auch so frisiert?“ erkundigte er sich
neugierig.
    „Gewiß, Chef. Wissen Sie, sie möchten
wie Schwestern aussehen, und es soll niemand sagen können, Lotosblüte’ ist
weniger anziehend.“
    Obwohl Fisby merkte, daß das wohl
nicht ganz richtig übersetzt war, hütete er sich, danach zu fragen, was etwa
gemeint sein könnte.
    „Ich bin von dem Teehaus begeistert“,
sagte er unvermittelt, um auf ein anderes Thema zu kommen.
    „Das freut uns, Chef. Kommen Sie
‚Goldblume’ wird Ihnen alles zeigen, und dann wollen wir etwas essen.“
    Insgeheim hoffte Fisby, daß die Geisha
ihn in ihre Wohnung führen würde, aber sie wandte sich genau in die
entgegengesetzte Richtung. Sie schritten durch einen Flur, zu dessen beiden
Seiten die sogenannten „Privatzimmer“ lagen. „Goldblume“ öffnete die Tür zu
einem dieser Zimmer, um Fisby einen Blick hineinwerfen zu lassen.
    Der Boden war von einer dicken,
blaßgrünen Binsenmatte bedeckt. In der Mitte stand ein kleiner lackierter Tisch
und darauf eine Aschenschale aus Porzellan. Der ganze Raum wirkte schmucklos
schlicht. Aber gerade diese Einfachheit gab ihm eine besondere Atmosphäre, und
Fisby nickte beifällig. Jedem dieser Zimmer war eine gedeckte Veranda
vorgebaut, die, wie Sakini erklärte, die Männer, die sich hierher zurückgezogen
hatten, vor allem an die wohltuende, den Nerven so heilsame Schönheit des
Gartens erinnern sollte. „Aber warum gibt’s hier so viele Einzelzimmer?“ fragte
Fisby etwas verwundert.
    „Oh, die brauchen wir dringend, Chef.
Wenn ein Mann über etwas Schwieriges verhandeln muß, dann sagt er einfach zu
seinen Freunden: ,Laßt uns ins Cha ya gehen und eine Tasse Tee trinken.1 Und so
kommen sie dann alle her, um alles zu besprechen, und es dauert nicht lange,
und sie sind sich einig.“
    „Ach, so ist das. Und da hat wohl fast
jeder hier im Dorf sein eigenes Zimmer?“
    „Nein, aber sie können sich jederzeit
eins bestellen.“ Im Weitergehen bemerkte Fisby an den gedämpften Stimmen, die
durch die dünnen Wände drangen, daß wohl bereits zahlreiche Konferenzen
stattfanden. Vor einer der Türen blieb Sakini einen Augenblick lauschend stehen
und meinte dann leise: „Das ist der Bürgermeister von Klein-Koza: er soll
nämlich bei dem Ringkampf zwischen Hokkaido und dem Polizeichef Schiedsrichter
sein. Jetzt erzählt er gerade unserem Bürgermeister, er habe in Klein-Koza
einen Mann, der besser als jeder andere auf Okinawa ringen kann.“
    „Und was sagt unser Bürgermeister
dazu?“ fragte Fisby rasch.
    „Er sagt, wir haben hier auch ein paar
sehr gute

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