Die Geishas des Captain Fishby
solche
Familie hier im Dorf?“ fragte er.
„,Goldblume’ weiß es nicht. Aber soll
sie sich erkundigen?“
„Ich wäre ihr sehr dankbar, wenn sie’s
täte. Wenn hier aber keine solche Familie ansässig ist, werden wir eine aus
einem anderen Dorf herholen. Okay?“ Mit diesen Worten erhob sich Fisby. „Ich
muß jetzt leider aufbrechen“, setzte er wie entschuldigend hinzu. „Ich habe
noch sehr viel zu tun. Ich möchte mich auch nach Kunden umsehen, die für den
Shochu in Frage kommen, und...“
„Chef“, unterbrach ihn Sakini,
„,Goldblume’ möchte nicht, daß Sie schon fortgehen.“
Unsicher blickte Fisby die Geisha an.
„Warum denn nicht?“
„Weil sie sich Sorgen macht um Sie.
Sie findet, Sie arbeiten zuviel. Sie sollen sich darum etwas ausruhen.“
„Sie macht sich Sorgen um mich?“ Fisby
vermochte sich eines Lächelns nicht zu erwehren. Wie lange war es schon her,
daß sich überhaupt jemand um ihn gesorgt hatte! „Ich habe aber doch gar nicht
soviel gearbeitet“, meinte er verlegen.
„Doch, Sie haben es getan. Und darum
möchte ,Goldblume’, daß Sie hier noch eine Weile still sitzen bleiben. Wenn Sie
immerzu im Dorf herumlaufen, werden Sie bestimmt noch magenkrank. Und dann
können Sie nie wieder Sushi essen und auch nicht die Mixed Pickles, die Ihnen
doch so gut schmecken. Und der Herr Doktor muß Ihnen Medizin geben. Deshalb,
sagt sie, sollen Sie jetzt hier ganz still sitzen bleiben und nur auf den Wind
lauschen, der durch die Kiefern streicht.“
„Aber ich kann doch meine Arbeit nicht
im Stich lassen“, wehrte sich Fisby. Als er jedoch merkte, wie die Geisha ihn
traurig und vorwurfsvoll ansah, fügte er rasch hinzu: „Nun — ein Weilchen
könnte ich doch schon noch bleiben. Ist sie damit zufrieden?“
„Nein, Chef“, erwiderte Sakini, „Sie
sollen noch lange hierbleiben.“
Fisby schwankte einen Augenblick, aber
dann willigte er ein: „Gut, ich mache heute einmal eine Ausnahme.“
„Goldblume“ und Sakini standen auf und
gingen zur Tür. „Sie müssen jetzt aber wirklich ganz still hier sitzen
bleiben“, vermahnte Sakini noch einmal. „Und wenn Sie noch etwas Tee mit
Ginsengwein wünschen, brauchen Sie nur zweimal in die Hände zu klatschen und
dem Diener zu sagen, wenn er kommt: ,0 cha toh ginseng budoshu wo kudasai’, er
wird es schon verstehen.“
Fisby sprach diese Worte langsam noch
einmal nach, um sie sich auch genau einzuprägen.
„Ja, so ist es richtig“, nickte
Sakini, „und jetzt gehen wir. Aber ,Goldblume’ bittet, daß Sie auch ja auf das
Lied des Windes hören.“ Sich verneigend, verließen die beiden das Zimmer und
zogen die Tür hinter sich zu. Fisby vernahm noch das leise Tappen ihrer
Sandalen. Aber dann verstummte auch dieses Geräusch, und eine weite Stille
kehrte ein.
Es war das ein sonderbares Gefühl für
ihn, hier so gänzlich allein gelassen zu sein. Sein Blick fiel auf die roten
Seidenkissen, die überall verstreut lagen. Verdammt, er konnte es doch
eigentlich nicht zulassen, daß die Geisha das bißchen gerettete Seide für ihn
opferte. Er mußte es ihr auf jeden Fall ersetzen. Außerdem sollten die alten
Frauen ihren Tee bekommen und die alten Männer den so gierig begehrten Tabak.
Und dann brauchten die Leute hier auch unbedingt Uhren, um nicht immer nach der
Sonne sehen zu müssen, ob es Zeit zum Kobiru sei. Vielleicht waren irgendwo ein
paar billige aufzutreiben.
Aus der Ferne war Pferdegetrappel zu hören.
Es mußte der Doktor sein, der zur Farm hinausritt. Ja — alle anderen
arbeiteten, während er untätig hier herumsaß. Das war nicht in der Ordnung, daß
man dem lieben Gott so seine Zeit wegstahl. Fisby erhob sich und ging zu der
offenen Tür, die zur Veranda hinausführte. Vorsichtig spähte er nach rechts und
nach links.
Am anderen Ende der Veranda aber saß
„Goldblume“ in der Sonne und nähte. Ein amerikanisches Magazin lag neben ihr,
auf das sie hin und wieder blickte. Einen Augenblick beobachtete Fisby sie,
aber dann schien sie plötzlich etwas zu hören und wandte ihr liebliches Gesicht
ihm zu.
Fisby konnte gerade noch zur rechten
Zeit wieder im Zimmer verschwinden. Langsam ging er zu dem kleinen Lacktisch
zurück und setzte sich auf die Kissen. Eine leichte Brise wehte vom Osten
herüber, und die Windglocken im Teehaus begannen zu klingen. Eine wohlige Kühle
herrschte hier, und er atmete befriedigt den angenehmen Geruch des Zimmers, der
an frisch gemähtes Gras denken ließ. Er zog seine Sandalen aus und
Weitere Kostenlose Bücher