Die Geishas des Captain Fishby
jener junge Fähnrich, der für den
Offiziersklub verantwortlich war, konnte allerdings nicht noch weitere Matten
gebrauchen, und man mußte deshalb überlegen, was man ihm sonst noch anbieten
konnte, um dafür noch mehr von dem weißen Stoff zu bekommen. Während Fisby an
seinem Tee nippte und das seltsame Aroma auf der Zunge schmeckte, kam ihm
plötzlich ein rettender Einfall. „Sakini“, sagte er, „könnten wir denn hier im
Dorf nicht auch diesen Ginsengwein herstellen?“ Sakini beriet sich einen
Augenblick mit der Geisha darüber. „Ich glaube nicht, Chef“, meinte er dann.
„Dazu brauchen wir die Ginsengwurzel, aber die gedeiht hier nur schwer. Früher
haben wir sie deshalb immer aus China oder Korea bezogen.“
„Ja, und wie wäre es denn mit Sake?“
fragte Fisby, ohne sich durch diese Auskunft entmutigen zu lassen. „Wenn Sie es
wollen, läßt sich das machen, Chef. Wir haben Reis von japanischen
Militärrationen, die wir in den Höhlen gefunden haben.“
„Ist das viel Reis?“
„Es reicht für zwei Monate
mindestens.“
„Für das Cha ya?“
„Ja, wenn wir ihn an alle verteilen,
wäre er schon in drei Wochen verbraucht. Sollen wir ihn nun für Sake
verwenden?“
Fisby dachte nach. Nein, den Reis
mußten sie behalten. „Ich möchte das doch lieber nicht“, meinte er dann.
„Daraus solltet ihr Sushi machen.“
„Goldblume“ ebenso wie Sakini wirkten
wie erlöst, als sie das hörten, und Sakini fragte: „Wofür wollen Sie denn Sake,
Chef?“
„Ich dachte, ich könnte damit noch
mehr von jenem weißen Stoff eintauschen und vielleicht hier im Dorf so etwas
wie ein Vorratslager anlegen. Die Offiziere haben meist nicht genug Alkohol...“
„Was ist das?“
„Etwas zum Trinken.“
„Ob sie Shochu nicht mögen würden,
Chef?“
„Shochu?“
„Ja, das ist etwas, was wir aus süßen
Kartoffeln machen. Es ist sehr, sehr stark.“
Fisby nickte erfreut. „So etwas würden
sie sicher sehr gern haben wollen.“ Du lieber Himmel — es gab ja doch
wahrhaftig genug süße Kartoffeln auf den Feldern rundherum, und wenn jemand
eine Shochubrennerei besäße... Fisby erinnerte sich eines Sergeanten in seiner
früheren Batterie, der mit einem Schnaps, den er aus irgendwelchem Getreide
brannte, so viel Geld verdiente, daß er sich eine hübsche Farm in Arkansas hatte
kaufen können. Und auch an einen Gefreiten mußte er denken, der so viel Geld
nach Hause schickte, daß es schließlich sogar dem General zu Ohren gekommen war
und eine hochnotpeinliche Untersuchung erfolgte. —
Fisby war sich klar darüber, daß dem
Dorf mit einer kleinen Brennerei große Möglichkeiten erwuchsen. Aus seiner
eigenen Erfahrung als Offizier wußte er, daß in jeder Marketenderei manche
Dinge im Überfluß vorhanden waren, die man nur allzu gern abstieß — Seife etwa,
die niemand haben wollte und die deshalb in den Regalen verstaubte. Er
schnappte befriedigt mit den Fingern: und wie gern würden doch wohl „Goldblume“
und „Lotosblüte“ Seife für ihr Badehaus haben - welcher Art sie immer auch sein
mochte! Und ebenso war’s mit manchen Tabak- und Zigarettensorten. Auch die
wollte niemand, weil sie nicht gerade die besten waren... Aber Oshiro und die
anderen Männer drunten im Altersheim würden sich sicherlich die Finger danach
lecken. Und alle anderen männlichen Dorfbewohner nicht minder. Es bestand
wirklich keine Gefahr, den Shochu nicht loszuwerden. Man würde ihn bestimmt mit
Freuden abnehmen. Aber erst mußte er ihn einmal haben. „Höre mal, Sakini, frage
doch ,Goldblume’, ob sie’s für möglich hält, daß wir hier im Dorf eine kleine
Brennerei einrichten können“, sagte er. „Aber nur eine“ — und er hob warnend
den Finger — , „die etwas Anständiges herstellt. Nicht, daß mir nachher jemand
durch den Schnaps blind wird!“
„Sie meint“, erwiderte Sakini, nachdem
er sich mit der Geisha besprochen hatte, „wir können Shochu brennen, Chef. Sie
weiß nur nicht wie — weil es ein Geheimrezept ist und die Familien, die ihn
seit fünfhundert oder sechshundert Jahren machen, es ängstlich hüten. Die Väter
geben es an die Söhne weiter und die Söhne wieder an ihre Söhne. Aber sie sagen
es niemand anderem.“
Fisby nickte beruhigt. Mit einem
solchen Erzeugnis, dem eine vielhundertjährige Erfahrung zugrunde lag, würde
man keinen Verdruß bekommen. Damit konnte nichts passieren — und außerdem
mochte das auch ein durchaus wohlschmeckendes Gebräu sein. „Lebt eine
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