Die Geishas des Captain Fishby
Packtasche und machte sich daran, seine Holzsandalen in
einem Eimer mit Seifenwasser abzuwaschen.
Es war draußen bereits dunkel, als er
und Sakini ins Cha ya kamen. Dort herrschte an diesem Abend ziemlicher Betrieb.
Diener mit Lacktabletts eilten durch die Flure, Lachen erscholl von überallher,
und man spürte eine festliche Stimmung.
„Ist denn heute abend hier etwas
Besonderes los, Sakini?“ fragte Fisby verwundert.
„Es werden mehrere Feste gefeiert“,
erwiderte Sakini stolz. „Hokkaido gibt eins für die Dorfbeamten und Awasi und
die hiesige Polizei eins für die Polizei von Maebaru. Und außerdem sind da noch
andere Gäste.“ Ein junger Diener geleitete sie durch einen der langen Flure zu
„Goldblumes“ Gemächern. Fisby hatte die Wohnung der Geisha noch nicht gesehen
und war deshalb sehr gespannt darauf. Im Korridor brannte keine Laterne. Nur
der flackernde Kerzenschein, der durch die Papiertüren fiel, erleuchtete ihn
spärlich. Aus den Zimmern drang ein zarter Weihrauchduft, den Fisby begierig
einsog.
Plötzlich blieb der Diener stehen und
schob eine Tür auf. Fisby zögerte einen Augenblick, trat dann aber mutig als
erster ein. „Goldblume“ saß vor einem niedrigen Tisch, auf dem in einem
silbernen Leuchter eine brennende Kerze stand. Sie erhob sich nicht, um ihre
Gäste zu begrüßen, sondern verneigte sich nur von ihrem Platz aus. Sie trug
einen dunkelblauen, mit weißen Blumen bestickten Kimono. Die Türen zur Veranda,
wo eine Laterne sich leise im Winde bewegte, waren geöffnet. Die anderen Flügel
des Teehauses, die in festlichem Glanz erstrahlten, spiegelten sich in den
dunklen Wassern des Lotosteiches, und fröhliches Lachen klang von dort herüber.
Die Geisha deutete mit einer
Handbewegung auf die seidenen Kissen, die vor dem Tisch ausgebreitet lagen, und
Fisby ließ sich, etwas verlegen, darauf nieder. Dann nahm sie den Deckel einer
mit Perlmutt eingelegten Lackdose ab und fragte — wie Sakini erklärte — , ob er
vielleicht eine Zigarette rauchen wolle. Aber Fisby dankte: er rauche nur
Zigarren.
„Sie sollten trotzdem eine versuchen“,
sagte Sakini schnell. „Es sind Zigaretten aus Schanghai.“
Fisby konnte sich dennoch nicht
entschließen, aber er merkte an der feierlichen Art, mit der sich Sakini
bediente, daß es ganz besondere Zigaretten sein mochten: sie hatten ein langes
Pappmundstück, und die russische Zarenkrone war auf ihnen zu erkennen.
Fisby räusperte sich. „Kommen wir also
zur Sache, Sakini; sag ihr...“
Aber da kam gerade ein Diener mit
einer Kanne Tee, und „Goldblume“ goß jedem ein. Sakini sog entzückt den Duft
ein und flüsterte: „Chef, das ist Jasmintee aus China.“
Fisby nippte daraufhin an dem Getränk
und meinte dann anerkennend: „Er schmeckt wirklich vorzüglich.“ Nachdem er noch
ein paar Schlucke getrunken, setzte er die Tasse auf dem kleinen Tisch ab und
bat Sakini, „Goldblume“ zu erklären, daß ihn jemand als Vermittler zu ihr
geschickt habe. Er versuchte dabei in den Zügen der Geisha zu lesen, wie sie seine
Mitteilung aufnahm. Doch sie nickte nur und sprach ein paar Worte, ohne eine
innere Erregung zu verraten.
„Was hat sie gesagt, Sakini?“ fragte
Fisby.
„Sie möchte wissen, ob es der Leiter
des Kaufhauses ist, der Sie gebeten hat, sein Vermittler zu sein.“
„Sag ihr: nein, der ist es nicht!“
Jetzt erkundigte sich „Goldblume“, ob
es der Bauleiter sei — und Fisby verschwieg nun nicht mehr länger, daß es sich
um keinen anderen als Seiko handle. Er hörte, wie sie diesen Namen zweimal
fragend wiederholte, als habe sie ihn noch nie gehört.
„Chef“, sagte Sakini, „sie kann sich
nicht an diesen Seiko erinnern. Wer ist das?“
Fisby wurde etwas unsicher, weil sie
plötzlich wie eine Fremde wirkte, die sich in hoheitsvoller Unnahbarkeit
gefällt.
„Nun, Seiko ist ein Künstler“,
antwortete er stockend. „Ach, das ist wohl der, der so lange überhaupt nichts
gemalt hat“, übersetzte Sakini darauf.
„O nein!“ erwiderte Fisby schnell. „Er
hat in der letzten Zeit regelmäßig gearbeitet, und er ist es auch, der das
Geschirr für das Cha ya bemalt hat.“
„Ja, richtig, sie hat etwas davon
gesehen. Aber es wirkt alles so seltsam tot, was er jetzt macht.“
„Das ist ja gerade sein Unglück, er
kann sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren“, erklärte Fisby und setzte nach
einer kleinen Pause hinzu, obwohl er eigentlich so gar keine Vorstellung vom
Wesen des Künstlers besaß: „Ich
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