Die Geishas des Captain Fishby
gehen jetzt lieber, Sakini. Aber eines möchte ich noch sagen — und
das nicht als Seikos Vermittler, sondern als Chef: der Bürgermeister und die
anderen sind gewiß nette Leute, doch trotzdem gebe ich ihr den dringenden Rat,
sich nicht voreilig zu binden und nicht, ohne alles gründlich durchdacht zu
haben.“
Als Fisby und Sakini gerade das
Teehaus verlassen wollten, kam ein Diener hinter ihnen her gelaufen und
meldete, daß Seiko draußen auf sie warte. Und wirklich: er stand dort im Dunkel
und eilte, kaum daß er sie erspäht hatte, am ganzen Leibe zitternd, auf sie zu.
Fisby war bei seinem Anblick nicht wohl zumute. Er hatte das dunkle Gefühl, daß
er seinem Auftrag nicht gewachsen gewesen war.
Seiko brannte darauf, zu erfahren, ob
„Goldblume“ ja gesagt habe.
„Nicht direkt“, antwortete Fisby
ausweichend.
„Dann hat sie also nein gesagt?“
Fisby versank einen Augenblick in
Nachdenken. Nein — das hatte sie eigentlich auch nicht gesagt, sondern nur, daß
sie einen Antrag von seiten eines unsteten und unzuverlässigen Menschen nicht
annehmen könne. Ob sie am Ende ihn damit auf die Probe stellen und vielleicht
nur sehen wollte, ob er jetzt, trotz dieser Enttäuschung, ihr treu blieb?
„Nein“, sagte er laut. „Sie hat auch nicht direkt nein gesagt.“
Nun verstand Seiko überhaupt nichts
mehr. „Was hat sie denn dann gesagt, Chef?“ ließ er durch Sakini fragen. Fisby
schüttelte den Kopf. „Es kommt nicht so sehr darauf an, was sie gesagt hat,
sondern was sie gemeint hat. Sag ihm, er soll jetzt ja nicht mit dem Malen
aufhören, weil ich glaube, daß er damit eine Chance hat.“ Seiko faßte wieder
Hoffnung. „Glauben Sie das wirklich, Chef?“
„Ganz bestimmt. Und weißt du, was wir
jetzt tun?“
„Nein, Chef.“
„Wir rufen gleich morgen die Bauabteilung
zusammen und geben ihr den Auftrag, ein Haus für Seiko zu bauen. Ein Haus
bedeutet viel für das Mädchen. Und Seiko braucht dann nur noch den Zimmerleuten
zu sagen, wo es stehen soll und wie er es haben will.“ Aber als Sakini diese
Worte übersetzt hatte, blickte Seiko ängstlich auf Fisby, wie wenn er nicht den
Mut hätte, darauf etwas zu erwidern.
„Was ist denn?“ fragte Fisby
freundlich.
„Chef, er weiß nicht, wie er es
erklären soll. Ich habe ihm erzählt, wieviel es für ,Goldblume’ bedeutet, wenn
er ein eigenes Haus hat, und er ist auch sehr dankbar für das, was Sie für ihn
tun wollen. Aber er kann das nicht annehmen, daß ein anderer ihm ein Haus
baut.“
„Ich verstehe das“, erwiderte Fisby.
Man konnte jemanden, der sich sein eigenes Haus allein bauen wollte, wahrlich
nicht tadeln. Denn kein Mensch möchte Almosen haben. „Nun, wie wäre es aber,
wenn wir seine Arbeit als Porzellanmaler für das Cha ya als Bezahlung für den
Bau des Hauses nähmen?“ fuhr er fort.
„Ja, ich weiß nicht, Chef“, warf
Sakini ein, „können wir das denn?“
„Warum nicht? Aber würde es Seiko auch
recht sein?“
„Ach, er ist ganz außer sich vor
Glück. Nur müssen Sie ihm etwas versprechen.“
„Was?“
„Er möchte, daß Sie genau darauf
achten, daß er auch so viel malt, wie das Haus wert ist. Auf keinen Fall will
er etwas geschenkt haben.“
Fisby fand, daß das etwas viel
verlangt sei. Es bedeutete nichts weniger, als daß er Seikos Arbeit ebenso wie
die der Zimmerleute abschätzen und außerdem einen Preis für das Holz festsetzen
mußte. Aber wem gehörte eigentlich das Holz? Sie hatten es gegen Fisch und Salz
getauscht. Und doch vermochte er dem um seine Ehre besorgten Seiko diese Bitte
nicht abzuschlagen. „Er soll nur beginnen“, sagte er, „wir werden schon eine
Lösung finden. Aber jetzt möchte ich noch ein paar Schritte tun, um über das
alles nachzudenken.“ Und er wandte sich und ging durch den Garten des Cha ya,
am Lotosteich entlang. Immer noch hallte das Lachen der Gäste herüber. Solch
ein Leben mit freier Verpflegung und Tauschhandel war ja ganz gut und schön, so
ging es ihm durch den Kopf — aber es war eben doch nur ein Notbehelf. Es durfte
kein Dauerzustand werden. Tobiki war jetzt aus dem Schlimmsten heraus. Nun galt
es, zu einer vernünftigen Ordnung zurückzufinden, die es jedem ermöglichte, seinen
Lebensunterhalt selber zu verdienen. Was sie jetzt hier brauchten, war Geld —
eine regelrechte Geldwirtschaft.
22
Es war Frau Kamakura, die Köchin des
Teehauses, die als zweite den Anstoß zu einer Veränderung gab. Eines Morgens
kam sie in die Kommandantur, und
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