Die Geishas des Captain Fishby
auch ganz still und manierlich in einer Ecke liegen und
niemanden mehr stören. „Lotosblüte“ war kreideweiß geworden. Sie stampfte mit
dem Fuß auf und erhob drohend einen Finger, so daß Fräulein Higa-Jiga nun doch
Angst bekam und schleunigst das freilich sich heftig wehrende Schwein wieder
hinaustrieb. Nach diesem neuen peinlichen Zwischenfall bat „Lotosblüte“, die
Zeremonie beenden zu dürfen.
Man erhob sich, verneigte sich
voreinander und verabschiedete sich von Fräulein Higa-Jiga, die danach sofort
ihrem Hiyoshi nachjagte, das bereits von neuem den Kartoffelfeldern
entgegenstrebte, um sich bestimmt wieder eine Kolik zu holen.
Fisby empfand Mitleid mit
„Lotosblüte“, der nur allzudeutlich anzumerken war, wie sehr sie sich schämte.
Und im selben Augenblick sagte auch Sakini schon: „Chef, sie möchte Sie um
Verzeihung bitten. Sie sagt, es ist ihre Schuld, weil sie Fräulein Higa-Jiga
nicht gründlich genug unterrichtet hat. Und sie bedauert tief, daß sie sich so
hat gehen lassen, und. .
Fisby winkte hastig ab: „Aber ich
verstehe das durchaus. Sie braucht sich wirklich nicht zu entschuldigen.“
„Lotosblüte“ warf ihm, wiewohl sie
noch immer tief beschämt schien, einen dankbaren Blick zu und ließ ihm dann
sagen, es sei zwar schon etwas spät für das Kobiru, und Frau Kamakura habe
heute vormittag ja frei, aber wenn es ihm recht sei, würde sie ihm gern im
Teehaus gebackenen Reiskuchen und Tee zubereiten. Fisby, der fühlte, daß sie
damit diese mißglückte Teezeremonie vergessen machen wollte, antwortete
freundlich: „Das wäre reizend. Und ich komme sehr gern mit.“
Als sie dann in der Küche des Cha ya
zusammen saßen und „Lotosblüte“ Reiskuchen buk, blickte sie plötzlich auf und rief
Sakini zu sich heran. Und nachdem sie sich eine Weile besprochen, sagte er:
„Chef, Lotosblüte’ bittet, Sie möchten ganz unbesorgt sein. Sie wird Fräulein
Higa-Jiga und alle Mitglieder der Frauenliga so lange unterrichten, daß, wenn
Sie wieder einmal an einer Teezeremonie teilnehmen, kein Schwein sie stören
wird. Und wenn sie zehn Jahre dazu braucht, sie wird den Frauen beibringen, was
die Zeremonie bedeutet, und sie lehren, sich in die Schönheit der Bäume, des
Gartens und der Natur zu versenken.“
„Das ist aber nett“, ließ Fisby
lächelnd antworten. Im stillen jedoch bedachte er, daß „Lotosblüte“ sich da
eine schwere Aufgabe gestellt hatte. Frauen von Fräulein Higa-Jigas Art waren
viel zu materiell gesinnt, als daß sie sich für solchen Schönheitskult begeistern
könnten. Ihnen waren Hiyoshi und seinesgleichen wichtiger, da sie zumindest
einen reichlichen Fleischvorrat für den Winter verbürgten.
21
In den folgenden Tagen erkundigte sich
Fisby immer wieder bei „Lotosblüte“ nach den Fortschritten der Damen, ja er bot
sogar seine Mitwirkung als Gast bei den Übungen an. Aber wenn auch die Damen
schon ein gutes Stück vorwärtsgekommen waren, hielt „Lotosblüte“ sie doch noch
nicht für reif genug, um gleichsam in der Öffentlichkeit aufzutreten.
Und so kam es, daß Fisby sozusagen
„Privatschüler“ „Goldblumes“ und „Lotosblütes“ wurde. Die beiden Geishas hatten
sich ihr eigenes Cha-no-yu-Haus in einer dafür besonders abgetrennten Ecke des
Teehausgartens errichten lassen, und dorthin begab er sich nun an jedem Nachmittag
um fünf Uhr, angetan mit seinem Bademantel. Geduldig führten ihn die Mädchen in
das Ritual der Teezeremonie ein, und er erwies sich dabei als so gelehrig, daß
er schon bald alle Formen spielend beherrschte und sich ohne irgendwelche
Ablenkung der friedvollen Ruhe und der Harmonie dieser Feierstunde hingeben
konnte. Obwohl er wahrscheinlich ihre tiefere Bedeutung nicht verstand, tat es
ihm doch wohl, nach einem arbeitsreichen Tage still so im Garten zu sitzen, zu
entspannen und alle Probleme und Sorgen der Welt vergessen zu können.
Aber noch mehr als er entwickelte sich
Dr. McLean zu einem echten Chajin, das heißt: Teetrinker. Nicht nur, weil nach
seiner Meinung dies das beste Mittel sei, sich vor Krankheiten zu bewahren,
sondern auch, weil man sich dabei in das Wachsen und Werden der Natur versenkte
und die viele Mühe, die die Anlage und die Pflege eines Gartens bereitete,
besser zu würdigen lernte. Außerdem hatte der Doktor eine besondere Vorliebe
für Keramiken. Er beugte sich über seine kleine Tasse und bewunderte, sehr zur
Freude seiner Gastgeberin, die Kunst und die Geschicklichkeit, die
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