Die Geishas des Captain Fishby
noch etwas
anderes bedrängte ihr Herz: würde Fisby es auch zulassen, daß sie heiratete?
Herr Motomura hatte schließlich sie und „Lotosblüte“ doch ihm geschenkt, und
sie beide schuldeten ihm eine Menge Geld für ihre Ausbildung und Ausstattung.
Leider ließ er sie über die genaue Summe immer im unklaren. „Eine Menge“, sagte
er jedesmal, wenn sie ihn danach fragten. Ja, und jetzt hatte gewiß Fisby
Anspruch auf das Geld. Er erschrak nicht wenig, als er von Sakini erfuhr, was
die Geisha beunruhigte. „Sie sind mir beide doch nicht einen einzigen Cent
schuldig“, sagte er ganz aufgebracht. „Und außerdem gehören sie niemandem
mehr.“
„Wollen Sie damit sagen, daß Sie sie
freigeben?“ fragte Sakini daraufhin.
„Ja.“
„Goldblume“ starrte ihn fassungslos
an. So etwas hatte sie noch nie gehört. Noch niemals hatte jemand, der eine
Geisha besaß, so etwas getan. Fisby lächelte verlegen. Ja, die „Eroberer“ führten
hier eben manche Änderung ein, ließ er Sakini sagen. Als aber die Geisha ihm
darauf auch in „Lotosblütes“ Namen überschwenglich dankte, wehrte er bescheiden
ab: das sei doch alles gar nicht der Rede wert, und sie solle sich deswegen
keine Gedanken mehr machen.
Jetzt war es an Sakini, Fisby
fassungslos anzusehen. „Chef, Sie sind genau wie der Mann, von dem Sie einmal
erzählt haben“, stotterte er dann.
„Wen meinst du denn damit?“
„Nun, den Mann in Amerika, den großen
Befreier, wie Sie ihn nennen.“
Fisby wurde rot. Er war kein Befreier.
Er war ein Lincoln jedenfalls bestimmt nicht. „Höre mal, Sakini“, sagte er, um
von dem peinlichen Thema abzulenken, „erzähl ihr jetzt, daß Seiko ein besonders
schönes Haus haben wird, mit einem Ziegeldach und allem Drum und Dran.“
Aber „Goldblume“ schien von dieser
Auskunft wenig angetan zu sein. Sie glaubte nicht, daß Seiko mit seinem Malen
genug Geld verdienen würde, um das alles bezahlen zu können, zumal die meisten
Menschen hier wenig Sinn für solche Kunst besaßen. Fisby jedoch beschwichtigte
ihre Zweifel mit dem Vorschlag, daß Seiko sich mit Kiei zusammentun solle, denn
Geschirr wurde immer gebraucht, und bemalt gewann es noch an Wert. Außerdem
wolle er versuchen, es an die amerikanischen Truppen zu verkaufen. Und das werde
sicherlich ein gutes Geschäft werden.
Aber „Goldblume“ war trotzdem noch
nicht ganz beruhigt. In jedem Falle werde es aber doch wohl besser sein, ließ
sie Sakini sagen, wenn sie weiterarbeite.
„Ja, ob Seiko das wohl zuläßt,
Sakini?“ fragte Fisby, dem nun seinerseits Zweifel aufstiegen. „Ich meine, daß
sie bei den Festen singt und tanzt?“
„Sobald sie heiratet, Chef, kann sie
keine Geisha mehr sein.“
„Das kann sie nicht mehr? Was will sie
denn dann tun?“
„Sie möchte vielleicht eine Schule in ihrem
Haus eröffnen. Es gibt hier immer noch eine Anzahl Damen, die gern die
Teezeremonie lernen möchten.“
„Aha.“
„Und dann laufen hier viele hübsche
kleine Mädchen herum, die sich als Geishas eignen würden und die sie ebenfalls
ausbilden könnte.“
Dieser Gedanke war keineswegs so
abwegig, ging es Fisby durch den Kopf. Man mußte beizeiten für Nachwuchs
sorgen. Was sollte sonst werden, wenn eine Geisha nach der anderen heiratete?
Aber da fiel ihm Herr Motomura ein, und sein Gesicht verfinsterte sich. „Doch das
eine möchte ich noch von vornherein sagen, Sakini“, bemerkte er in strengem
Ton, „Leute wie Herr Motomura und seinesgleichen kommen mir aber nicht wieder
hierher!“
„Nein, das will sie auch nicht, Chef.
Sie wird für den Unterricht nicht viel fordern, und so wird es jedem der Väter
möglich sein, seine Tochter bei ihr ausbilden zu lassen.“
„Aber was soll dann später aus ihnen
werden?“
„Sie will hier eine Geishazunft
gründen, an die alle Geishas regelmäßige Beiträge zahlen. Und von diesem Gelde
sollen die jungen Geishas Darlehen erhalten, damit sie sich alles für ihren
Beruf Notwendige, wie zum Beispiel Kimonos, anschaffen können.“
„Sehr gut“, nickte Fisby. „Sehr gut.
Und das beste ist, sie wird die Leiterin der Zunft, damit dort von Anfang an
keine unlauteren Geschäftspraktiken aufkommen können.“
Als Sakini dies übersetzte, lächelte
„Goldblume“ zustimmend. „Das wird sie sehr gern tun. Und dann möchte sie auch
noch in der Ogasaware-Etikette unterrichten und die Männer lehren, die es
wollen, wie man Cha-no-yu-Häuser baut und Gärten anlegt. Und vielleicht wird
sie sogar eine
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