Die Geishas des Captain Fishby
Es dauerte ein paar
Minuten, bis der Oberst sich so weit beruhigt hatte, daß er zu sagen vermochte,
weshalb er eigentlich anrief. „Fisby, ich habe heute morgen mit Major Enright
gesprochen und von ihm erfahren, daß Sie sich jeden Nachmittag im Offiziersklub
herumtreiben. Wissen Sie nicht, daß Sie sich nur in Ihrem eigenen
Befehlsbereich aufzuhalten haben?“
Fisby verstand das nicht. „Nur in
meinem eigenen Befehlsbereich?“ stotterte er.
„Allerdings. Dr. McLean hat mir und
dem Sicherheitsoffizier berichtet, daß er Sie streng bewacht. Sind Sie denn
ausgerissen?“
„Nicht daß ich wüßte, Herr Oberst“,
erwiderte Fisby völlig verwirrt.
„Warum machen Sie die ganze Insel
unsicher?“
„Aber ich muß mich doch um die
Verkaufsstände für die Andenken kümmern.“
„Verkaufsstände für Andenken? Was soll
das heißen?“
„Wir haben acht Stände, wo wir unsere
Waren verkaufen.“
„Was für Waren?“
„Alles, was wir hier im Dorf machen —
Holzsandalen, Porzellan, Lackarbeiten, Kartoffelschnaps, Zigarettenkästen aus
Binsengeflecht, Tempeldarstellungen en miniature aus alten Konservendosen und
dergleichen mehr, Herr Oberst. Herr van Druten, der Leiter des Offiziersklubs,
hat uns gestattet, dort einen Stand einzurichten. Und die anderen sind den
Marketendereien angeschlossen. Ich muß die Warenvorräte kontrollieren und das
Geld kassieren.“
„Was für Geld?“
„Das Geld, das wir einnehmen durch den
Verkauf unserer Waren. Es ist ein glänzendes Geschäft, Herr Oberst. Wir
verdienen in der Woche fünf- bis sechstausend Dollar, und wenn wir noch mehr
liefern könnten, wäre der Gewinn noch entsprechend größer.“ Fisby lächelte
stolz vor sich hin — es war immerhin nicht ganz wenig, was er da erreicht
hatte.
Aber der Oberst schöpfte Verdacht. „Was
machen Sie denn mit dem Geld, Fisby?“ fragte er listig. „Ungefähr die Hälfte
davon schicke ich in die Staaten, Herr Oberst, und...“
„So, da haben wir’s ja! Sie plündern
also die einheimische Bevölkerung aus. Vermutlich haben Sie sich zu Hause ein
Konto angelegt, um nach Ihrer Dienstzeit ein bequemes Rentnerdasein führen zu
können. Weiß der Doktor davon?“
„Ja, Herr Oberst. Er hat’s sogar
angeregt.“
„Dann teilen Sie sich also den
Gewinn?“
„Nein, keineswegs, Herr Oberst“, rief
Fisby, ehrlich entrüstet. „Wir nehmen nicht einen Cent davon für uns. Sie
können die Bücher prüfen, wenn Sie’s wollen. Da steht alles schwarz auf weiß,
und...“
„Das ist ja eine reizende Geschichte!“
unterbrach der Oberst. „Und wo ist der Doktor heute morgen? Frisiert er die
Bücher zurecht?“
„Nein, Herr Oberst. Er ist draußen auf
der landwirtschaftlichen Versuchsstation, die er sich in Verbindung mit einer
Samenzucht angelegt hat. Wir brauchen hier nämlich eine Stelle, Herr Oberst, wo
die Bauern ihre Pflanzen und ihre Sämereien kaufen können. So etwas hat’s hier
noch nie gegeben. Und sie können beim Doktor jetzt alles bekommen, was sie
brauchen, zum Beispiel auch alle Gemüsesorten, die wir in den Staaten haben. Er
macht auch Kunstdünger und hält ihnen Vorträge über die richtige Bodenbehandlung.
Außerdem züchtet er sogar versuchsweise bestimmte Bäume und Pflanzen zur
Gewinnung von Drogen, die wir hier dringend brauchen.“
„Drogen!“ rief der Oberst völlig außer
sich, und es dauerte eine geraume Weile, bis er sich wieder einigermaßen gefaßt
hatte. „Fisby, haben Sie und der Doktor denn gar kein Gewissen? Sie wollen
diese Menschen zu Sklaven des Opiums machen — nur um ihnen das bißchen, was sie
noch haben, wegnehmen zu können?“
„Wir wollen doch kein Opium machen,
Herr Oberst, sondern Chinin, gegen Malaria, und vielleicht Digitalis und
auch...“
Aber der Oberst hörte gar nicht mehr
hin. Er schlug mit der Faust auf den Tisch und donnerte: „Und was für
Fortschritte haben Sie im Dorf erzielt, Fisby, während dieses ganze abgekartete
Spiel vor sich ging? Das möchte ich doch gern einmal erfahren, bei allem
Mißtrauen, das ich von vornherein habe.“
Fisby verstummte einen Augenblick, um
ruhig nachdenken zu können. Aber dann verklärte sich sein Gesicht, weil ihm
einfiel, daß er ja doch mit einem wirklichen Fortschritt aufwarten konnte. „Wir
haben für Fräulein Higa-Jiga einen Freund gefunden, Herr Oberst!“ rief er mit
fast triumphierendem Tone. „Weil nämlich ‚Goldblume’ jetzt heiraten wird, gehen
nun all ihre alten Verehrer plötzlich leer aus. Zu ihnen gehört
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