Die Geishas des Captain Fishby
verschiedenes davon verkaufen würden. All das könnte ich dann den Läden
zum Weiterverkauf überlassen.“
Begeistert griff der Doktor den
Vorschlag Fisbys auf. „Natürlich! Dann gründen wir eben die
,Tobiki-Import-Export-Gesellschaft’ — am besten auch als Aktiengesellschaft.
Durch den Verkauf der Aktien haben Sie dann genügend Betriebskapital. Sie
werden Vorsitzender des Aufsichtsrates, und die Gesellschaft übernimmt hier die
Funktion einer Art Clearingbank.“ Fisby, der sich schon kindlich auf seine
kaufmännische Tätigkeit freute, zündete sich eine Zigarre an und blies den Rauch
in die Luft. Doch dann wurde er nachdenklich. „Aber noch eins, Doktor — wir
sind das einzige Dorf mit einer Geldwirtschaft, und da ich nichts bei dem
Handel mit den anderen Dörfern einbüßen möchte, werde ich wohl noch eine
Tauschzentrale einrichten müssen. Für diese Waren kann ich, wenn ich sie hier
im Dorfe Weiterverkäufen will, einen entsprechenden Preis festsetzen. Ja — und
was halten Sie davon, wenn wir hier so etwas wie einen Kaufmännischen Verein
ins Leben rufen, so wie wir ihn bei uns zu Hause haben? Wir würden uns dann
etwa jeden Dienstagnachmittag im Cha ya treffen, und es könnte auch jedesmal
ein Vortrag gehalten werden. Vielleicht würde es uns sogar gelingen, den
Bürgermeister von Klein-Koza dafür zu gewinnen.“
23
Eines Abends, wiederum ein paar Wochen
später, steckte sich Fisby, wie gewöhnlich nach dem Essen, eine Zigarre an und
griff nach dem Kartenspiel. „Doktor“, fragte er, „wie wär’s mit einer Partie
Cribbage?“
Ohne von seinem Zeichentisch
aufzublicken, brummte der Arzt: „Heute abend nicht, Fisby.“
Da Fisby ihm anmerkte, daß er Sorgen
hatte, fragte er teilnehmend: „Klappt auf der Farm irgend etwas nicht?“
„Nein“, murmelte der Doktor. „Warum?
Es ist alles in bester Ordnung.“
Dennoch wußte Fisby genau, daß das nicht
stimmte, aber er mochte nicht weiter in ihn dringen. Doch nach einer Weile
begann der Arzt von selbst sein Herz auszuschütten. „In meinem ganzen Leben bin
ich noch nicht einem solchen Idioten wie Ihrem Oberst begegnet.“
„Um Gottes willen — war Purdy heute
hier im Dorf?“ rief Fisby erschrocken.
„Nein, er hat mich telefonisch ins
Hauptquartier bestellt.“
„Aber weshalb denn?“ stotterte Fisby.
„Er ist doch gar nicht Ihr Vorgesetzter?“
„Das nicht, aber er interessiert sich
für meine ethnologischen Studien und wollte sich mit mir darüber unterhalten.“
„Hat er auch von mir gesprochen,
Doktor?“ fragte Fisby besorgt. „Ich habe nämlich seit mehr als zwei Monaten
keinen Vortrag vor der Frauenliga gehalten.“ Der Doktor räusperte sich. „Ja, er
hat Sie natürlich auch erwähnt, Fisby. Er war aber heute nachmittag sowieso
ganz aus dem Häuschen. Anscheinend hatte ihm jemand die letzte Nummer eines
Magazins geklaut und aus allen Geschichten die spannendsten Stellen
ausgeschnitten. Er hat jedenfalls wie ein Irrer getobt.“
„Hat er etwa vom Erziehungsprogramm
gesprochen?“ Der Doktor zuckte die Achseln. „Er hat so geschrien, daß ich gar
nicht alles verstanden habe. Und ich muß nun schleunigst meinen Bericht fertig
machen, sonst rückt er uns hier noch eines Tages an und schnüffelt im Dorf
herum.“
In diesem Augenblick trat Sakini ins
Zimmer. „Chef“, sagte er, „ich saß gerade im Cha ya und trank Tee mit ein paar
Männern, da kam ,Goldblume‘ und bat, gleich zu Ihnen zu gehen. Sie möchte Sie
dringend sprechen.“
„Ist etwas geschehen?“
„Ich weiß es nicht, Chef. Aber sie
möchte Sie am liebsten jetzt sofort in ihrer Wohnung empfangen.“
„Gut, dann gehen wir gleich hinunter.
Komm!“
Im Cha ya war heute eine solche Fülle,
daß man sie erst gar nicht hereinlassen wollte. Im Dorfe hatte sich nämlich das
Gerücht verbreitet, daß schon sehr bald Geld in Umlauf käme und daß man dann
nicht mehr umsonst im Cha ya würde essen und trinken können. Darum versuchte
jeder noch vor Toresschluß sich umsonst den Bauch vollzuschlagen.
Ein Diener geleitete Fisby und Sakini
in „Goldblumes“ Wohnung. Wieder duftete es dort nach Weihrauch, aber diesmal
saß die Geisha nicht im Zimmer, sondern auf der Veranda und trug an Stelle des
prächtigen Kimonos den weißen Anzug und auch eine amerikanische Frisur.
Als sie Fisby entgegenkam, um ihn zu
begrüßen, bemerkte er, daß ihre Augen fiebrig glänzten, und erschrocken fragte
er: „Ist sie krank, Sakini?“
„Nein, Chef.“ —
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