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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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„Gott sei Dank!“
meinte er leise. „Chef“, fuhr Sakini fort, „wäre es Ihnen recht, wenn wir
draußen sitzen würden?“ — „Aber natürlich.“
    „Goldblume“ huschte indessen zu einer
Nische, in der, wie Opfergaben, mehrere mit Speisen gefüllte Schüsseln standen.
Sie nahm sie behutsam in die Hände und stellte sie auf ein Tablett, und Fisby
und Sakini folgten ihr durch die offene Tür auf die Veranda, wo man sich auf
Kissen niederließ.
    Es war eine kühle Nacht. Keine Laterne
brannte. Nur das silberne Licht des eben aufgehenden Mondes warf seinen blassen
Schein auf die Gesichter der drei, und Fisby bemerkte, daß aus den dunklen
Augen der Geisha Schmerz und Trauer sprachen.
    „Sakini“, fragte er stockend, „kann
ich irgend etwas für sie tun?“
    „Nein, Chef, sie möchte nur wissen, ob
Seiko Sie noch einmal gebeten hat, sein Vermittler zu sein?“
    „Nein, das hat er nicht getan“, erwiderte
Fisby und blickte verstohlen zu ihr hin. „Hat sie sich jetzt entschieden?“
    Es war, als richtete sie sich
plötzlich auf, aber dann sank sie wieder ganz in sich zusammen und schüttelte
den Kopf.
    „Chef“, sagte Sakini leise, „sie will
Ihnen nicht länger etwas Vorspielen, weil das ja doch keinen Sinn hat. Wenn man
einen Mann liebt, dann liebt man ihn, und man kann nichts dagegen tun, selbst
wenn er einen manchmal zur Verzweiflung bringt.“ Sie legte die Hände flach
hinter sich auf den Boden, bog, sich mit den Armen stützend, den Oberkörper
weit zurück und blickte traumverloren in den Himmel. „Chef, sie läßt fragen, ob
Sie wissen, was für eine Nacht dies ist.“
    „Nein, ich weiß es nicht.“
    „Nun, dies ist die Mondnacht, die wir
Meigetsu nennen. Sehen Sie den Mond dort? Es ist der Augustmond, und er macht
ihr das Herz schwer.“
    Fisby blickte zu der runden silbernen
Scheibe hoch über den dunklen Kiefern. „Warum macht er ihr das Herz schwer,
Sakini?“
    „Weil sie weiß, daß nun bald der
Septembermond kommen wird und dann der Oktobermond. Das Jahr verlischt, die
Natur rüstet sich zum Sterben. Und wehe dem, der dann allein ist!“
    „Aber sie ist doch nicht allein, so
viele kommen doch zu ihr, und sie singt und tanzt für sie und macht sie
glücklich.“
    „Und doch, sie ist allein. Und die
Menschen, die hierherkommen, sind es ebenso. Auch wenn sie es vielleicht selbst
nicht wissen, aber die Geisha sieht es. Ja, sie lacht und ist heiter wie sie;
doch sie weiß, warum sie soviel lachen und warum sie soviel trinken. Sie
glauben so zu verhindern, daß die Einsamkeit sich ihnen ins Herz stiehlt. Aber
oft, sehr oft hat sie es schon erlebt, daß das Lachen plötzlich erlosch wie das
Licht einer Kerze. Und dann hörte sie die Menschen leise fragen: ,Wollen wir
nicht lieber doch noch bleiben?’ oder ,Wohin sollen wir jetzt gehen?’ Ach,
immer haben sie Angst vor dem Alleinsein. Und was bleibt ihr selber, wenn
wieder einmal ein Fest vorüber ist? Nichts als der Gedanke an das nächste, an
grinsende, leere Gesichter, die sie anstarren, wenn sie tanzt und singt. Ja,
wenn man noch ganz jung ist, berauscht man sich an solchen Festen und ist
glücklich, wenn man die Männer flüstern hört: ,Ist sie nicht hübsch?’ Und man
freut sich auch, wenn sie am Nachmittag kommen, um mit einem zu plaudern. Aber
schon bald sehnt man sich nach dem einen, den man liebt.“
    Fisby nickte verständnisvoll: „Also
nach Seiko?“
    „Ja, so ist es, und sie kann nicht
anders, auch wenn er ihr schon so viel Kummer gemacht hat. Aber nun, Chef,
bittet sie Sie, doch einmal etwas von den Speisen dort auf dem Tablett, auf das
gerade das Mondlicht fällt, zu kosten.“
    Fisby nahm einen kleinen Reiskuchen
und verzehrte ihn. Aber er hätte nicht sagen können, wie er ihm schmeckte, denn
mit seinen Gedanken war er immer noch bei Seiko. „Sakini“, flüsterte er nach
einer Weile, „sag ihr, ich glaube, Seiko hat sich sehr zu seinem Vorteil
verändert. Er ist nicht mehr solch ein Träumer wie früher. Und er baut sich
jetzt sogar ein Haus unten am Meer. Und niemand hilft ihm dabei, und er bezahlt
es ganz allein.“
    Aber wie das denn möglich sei, wollte
die Geisha darauf wissen, da hier doch niemand Geld habe, ja es überhaupt kein
Geld gebe.
    „Nun, in ein paar Tagen wird das schon
anders sein“, antwortete Fisby stolz.
    „Goldblume“ blickte noch immer in den
Himmel. Schon so lange hatte sie sich Heim und Herd gewünscht, jetzt aber, da
es Wirklichkeit werden sollte, mochte sie es kaum glauben. Und

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