Die Geishas des Captain Fishby
auch Hokkaido.
Aber seit er weiß, daß Fräulein Higa-Jiga seinem Gesang gern zuhört, geht er
jetzt täglich zur Teezeremonie in ihr Cha-no-yu-Haus. Und gerade eben habe ich
gehört, daß er ihr heute nachmittag sogar Toffees aus süßen Kartoffeln
mitbringen will.“
„Fisby“, brüllte der Oberst, und seine
Stimme überschlug sich fast „dies ist ein Dienstapparat — und kein
Privattelefon! Haben Sie mit dem Erziehungsprogramm begonnen?“
„Nicht direkt, Herr Oberst. Aber wir
haben es ernstlich diskutiert.“
„So — diskutiert — und das ist alles?“
„Ja, sehen Sie, Herr Oberst, wir haben
keine Bücher, keine Tafeln, keine Kreide, keine Pulte. Aber im übrigen haben
wir eine Anzahl von Privatschulen eingerichtet.“
„Was heißt ,Privatschulen’?“ wetterte
der Oberst weiter, aber Fisby ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen.
„Nun, Frau Kamakura“, erklärte er seelenruhig, „hat eine Kochschule, in der sie
dreimal wöchentlich Unterricht gibt. Einige der Damen hier haben sie darum
gebeten, weil ihre Männer einfach nicht mehr nach Hause kamen, sondern nur noch
im Teehaus aßen — da schmeckte es ihnen besser. Und da haben sich die Damen
gedacht, wenn sie bei Frau Kamakura kochen lernen ..
„Und das nennen Sie Erziehung?“ höhnte
der Oberst. Fisby fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
„Ja, wenn auch nicht Erziehung im
eigentlichen Sinn, aber immerhin bleiben die Männer nun zu Hause. Im übrigen
gibt ‘Goldblume’ Kurse, wo sie den anderen das Blumenstecken, die Teezeremonie
und das Nähen beibringt. Dann haben wir eine Fachausbildung für alle, die sich
für die Herstellung von Lackarbeiten interessieren. Und richtig — ja, Herr
Oberst, eine Geishaschule haben wir auch noch. Immerhin, wir haben
fünfundzwanzig der niedlichsten kleinen Mädchen dafür ausgesucht.“
Der Oberst rang nach Atem. „Fisby“,
keuchte er, „wissen Sie, was das für Mädchen sind? Wissen Sie überhaupt, was
Sie da tun?“
„Ja, Herr Oberst, aber mehr als diese
fünfundzwanzig bilden wir in diesem Jahre auch nicht aus — sonst werden es zu
viele.“
„Nein, so etwas!“ Der Oberst vermochte
vor Entsetzen jetzt nur noch zu flüstern. „Wie weit wollen Sie und der Doktor
sich noch erniedrigen aus so schnöder Gewinnsucht?“
„Wir wollen aber doch gar keinen
Gewinn erzielen, Herr Oberst“, antwortete Fisby ungerührt. „Und wir werden auch
keinen von den Geishabesitzern hier zulassen. Jedes Mädchen soll selbständig
und unabhängig bleiben.“
Die Stimme des Obersten kam wieder zu
Kräften. „Das ist ja wohl wirklich das letzte!“ schrie er. „Jetzt langt es mir!
Opium, Prostitution! Ich verstehe alles. Nur deshalb wollen Sie und der Doktor,
daß ich nicht nach dem Rechten sehe — damit Sie Ihr schmutziges Geschäft
ungestört weitertreiben können. Sie haben gemeint, ich durchschaue nicht die
Verlogenheit all dieser Krankheitsberichte des Doktors — und wenn er noch so gelehrt
von Wahnvorstellungen, Persönlichkeitsspaltung und ähnlichem Blödsinn faselt.“
„Krankheitsberichte, Herr Oberst?“
„Spielen Sie doch nicht den
Unschuldigen, Fisby! Ich möchte meinen letzten Dollar wetten, daß Sie diese
Berichte gemeinsam abgefaßt haben. Sie haben mich absichtlich ferngehalten, nur
der medizinischen Wissenschaft wegen, wie Sie das nannten. Aber ich werde es
Ihnen beiden schon beweisen! Wagen Sie sich nicht einen einzigen Schritt noch
aus dem Dorf! Ich werde selber an Ort und Stelle eine sehr genaue Untersuchung
durchführen. Und verlassen Sie sich darauf, ich werde Sie beide dahin bringen,
wohin solche Gauner gehören — nämlich ins Gefängnis — , und wenn das meine
letzte dienstliche Handlung sein sollte!“
25
Völlig verwirrt hängte Fisby den Hörer
wieder ein. Er wollte keineswegs ins Gefängnis. Und er wollte auch nicht, daß
der Doktor dorthin kam. Warum hatte der Oberst nur so fürchterlich getobt? Und
was mochte er bloß mit all dem Gerede von Opium und Prostitution gemeint haben?
Ja — und dann diese Krankheitsberichte! Offensichtlich war der Doktor
beauftragt worden, aus irgendeinem Grunde Fisbys Gesundheitszustand zu
beobachten und darüber Bericht zu erstatten. Und natürlich hatte er sich alles
aus den Fingern gesogen — bloß, um den Oberst zufriedenzustellen und ihn
dadurch von Tobiki fernzuhalten. Man konnte ihm das auch gar nicht verdenken.
Er wollte eben nicht — wie er’s Fisby selber einmal gesagt hatte — , daß ihm
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