Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)
Hand gegeben hatte.
Hans Bender galt damals als der führende Parapsychologe in Deutschland. Er hatte 1968 an der Universität Freiburg eine internationale wissenschaftliche Tagung der »Parapsychological Association« (PA) veranstaltet und stand damit in Kontakt mit der weltweiten Forschung auf dem Gebiet der Parapsychologie. Er galt als Pionier der Spukforschung, die selbst unter Parapsychologen höchst umstritten war. Er wurde 1907 in Freiburg geboren, hatte Romanistik, Philosophie, Psychologie und Medizin studiert und 1950 das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene auf der Eichhalde gegründet. Von 1954 bis 1975 war er Professor für Grenzgebiete der Psychologie an der Universität Freiburg.
Als ich ihn im Sommersemester 1968 aufsuchte, berichtete er voller Begeisterung von einem höchst interessanten Fall, der seiner Meinung nach einen Durchbruch in der Spukforschung darstellte. Ende 1967 hatten sich in einer Anwaltskanzlei in Rosenheim sehr seltsame Dinge zugetragen. Bender beschreibt die Ereignisse in den Kanzleiräumen in einem später erschienenen Buch 21 so: »An einer zweieinhalb Meter hohen Decke befestigte Leuchtstoffröhren erloschen immer wieder. Elektriker stellten fest, daß sie um 90 Grad aus ihren Halterungen gedreht waren. Von zahlreichen Zeugen wurden heftige Knallerscheinungen gehört, Sicherungsautomaten lösten selbsttätig ohne ersichtlichen Grund aus, die Entwicklerflüssigkeit eines Photokopiergeräts wurde immer wieder verspritzt, Telefonstörungen drohten den Kanzleibetrieb lahmzulegen, die vier Apparate läuteten häufig gleichzeitig, Gespräche brachen zusammen, und die Rechnungen des Fernmeldeamts stiegen zu einer ungewöhnlichen Höhe an. Es wurde vermutet, daß abnorme Stromstöße des elektrischen Versorgungsnetzes die Ursache sein müßten.« Hans Bender berichtet, dass die Angestellten der Kanzlei angehalten wurden, außergewöhnliche Vorgänge zu notieren. Revisoren der Stadtwerke kamen und wurden Zeugen der seltsamen Phänomene. Schließlich wurde Bender hinzugezogen. Er fand »ratlose, zu einer Zusammenarbeit freundlich bereite Techniker und ebenso ratlose Beamte der Kriminalpolizei vor, die sich infolge einer Klage des Anwalts gegen Unbekannt in die Aufklärung eingeschaltet hatten«.
Hans Bender entdeckte, dass die Phänomene nur während der Bürozeiten geschahen. »Oft wurde der Vollausschlag genau zu dem Zeitpunkt registriert, an dem die 19-jährige Büroangestellte Annemarie S. die Kanzlei betrat.« Er schreibt weiter: »Auch andere Beobachtungen wiesen darauf hin, daß die Phänomene von ihrer Gegenwart abhängig waren. Ging das junge Mädchen durch den Flur, begannen die Lampen hinter ihr zu schwingen, explodierten Beleuchtungskörper, flogen die Scherben auf sie zu.«
Bender kannte die Muster des »personengebundenen Spuks« aus eigener Recherche und aus der Literatur. Immer wieder, schreibt Hans Bender, berichteten Menschen, die einen Spuk erlebten, von ähnlichen Wahrnehmungen: Bewegung von Gegenständen ohne ersichtliche Ursache, Verschütten von Flüssigkeiten, unerklärliche Geräusche und Knallerscheinungen, Verrücken von Möbeln, Zerbrechen von Geschirr und Lampen, Verschwinden und Wiederauftauchen von Dingen des täglichen Gebrauchs.
In Rosenheim ging es einige Wochen nach Beginn des Spuks immer turbulenter zu. Messgeräte spielten verrückt. Obwohl niemand das Telefon benutzte, wurden im Fernmeldeamt Anrufe registriert. Bilder fielen von den Wänden oder drehten sich. Schubladen rutschten aus den Schreibtischen. »Mindestens 40 Personen vieler Berufsgruppen wurden Zeugen der Phänomene oder ihrer Folgen«, schreibt Hans Bender. Und schließlich: »Als Annemarie Mitte Januar 1968 eine andere Stelle vermittelt wurde, hörten die Erscheinungen schlagartig auf.«
Nach dem Ende des Falles wurde viel über die Ursache der Erscheinungen diskutiert. Hans Benders Interpretation, dass es sich um Spuk handelte, wurde in einem Buch des Wiener Illusionisten Allan (gemeinsam mit Schiff und Kramer) lächerlich gemacht. 22
In Falsche Geister, echte Schwindler schreibt Allan, die seltsamen Erscheinungen seien, das habe er bei seinen Nachforschungen herausgefunden, durch Nylonfäden und »trickhafte Manipulationen« vorgetäuscht worden. Der Anwalt, in dessen Räumen in Rosenheim sich die Ereignisse abspielten, versuchte, die Passagen in dem Buch vor Gericht zu verbieten. Hans Bender schrieb später, Allan sei im Auftrag einer österreichischen
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