Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)
Boulevardzeitung in die Kanzlei gekommen und habe einen Nylonfaden an der Decke entdeckt, der allerdings Teil einer Testkonstruktion war. Bender glaubt, Allan habe den Faden entdeckt und daran seine Interpretation aufgehängt.
Viele Zeitungen hatten den Spukfall von Rosenheim aufgegriffen – und nicht jeder Leser wollte die Spuktheorie nachvollziehen, die Hans Bender ins Spiel brachte. Manche machten sogar Stimmung gegen Bender. Der Mannheimer Vorsitzende Richter Wolf Wimmer und der Bremer Kriminaldirektor Herbert Schäfer entwickelten sich im Lauf der Zeit zu den profiliertesten Gegnern parapsychologischer Wissenschaft. 1970 verfasste Wimmer in einem Fachmagazin einen Artikel über »Die merkwürdige Wissenschaft der Spuk-Professoren«. 23 Darin steht unter anderem: »Es muß mit grober Deutlichkeit gesagt werden, daß eine enge psychologische Verwandtschaft besteht mit dem blutigen und ekelhaften Hexenaberglauben und der Parapsychologie.« Die Kritik wie auch das Buch von Allan, Schiff und Kramer war fundamental: Sie standen beispielhaft für den Versuch, der Parapsychologie ihre Existenzberechtigung abzusprechen, weil sie die Aussagekraft der Zeugenberichte anzweifeln.
Hans Bender verteidigte sich in seinem Buch Verborgene Wirklichkeit gegen die Angriffe und zitierte den Psychoanalytiker Carl Gustav Jung.
Jung hatte einst ein Vorwort für das Buch Spuk, Irrglaube oder Wahrglaube. Eine Frage der Menschheit 24 geschrieben, das die Biologin und Spukforscherin Fanny Moser verfasst hat. Dort heißt es:
»Die vielerorts herrschende Voreingenommenheit gegenüber den hier in Betracht kommenden Tatsachenberichten weist alle Symptome primitiver Gespensterfurcht auf. Selbst gebildete Leute, die es besser wissen könnten, brauchen gelegentlich die unsinnigsten Argumente, werden unlogisch und verleugnen das Zeugnis ihrer eigenen Sinne.« Schließlich erinnert sich Hans Bender selbst an die Umstände in Rosenheim: »Als ich den Kronzeugen des militanten Staatsanwalts, den Kriminalisten Dr. Schäfer, aufforderte, an der Untersuchung in Rosenheim teilzunehmen, warteten wir vergebens auf sein Kommen.« In seinem Buch Der Okkulttäter 25 , das wichtiges Material über Leichtgläubigkeit, Schwindel und gefährlichen Betrug im Dunstkreis des Okkulten enthält, lässt er sich leider auch dazu hinreißen, die um eine sachgemäße Aufklärung bemühte Parapsychologie kurzerhand als Aberglauben zu bezeichnen. »Nein«, schreibt Bender weiter, »mit affektiven Deklamationen kommt man nicht weiter. Nur wissenschaftliche Forschung mit den Methoden der Beobachtung und des Experiments, die auch vor dem Ungewöhnlichen nicht zurückschreckt, kann darüber entscheiden, was Aberglaube ist und was nicht.« Hans Bender verteidigt die Forschung zum Spuk, damit »die außerordentliche Bedeutung der Spukphänomene für unser Wissen vom Menschen und von der Natur« klar werde.
Das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene von Hans Bender lag malerisch an der Eichhalde 12, im schönen Stadtteil Herdern am Schlossberghang in Freiburg.
Schon bei meiner ersten Begegnung mit dem Hausherrn kam es zu einer anregenden Diskussion, und Bender deckte mich mit einer Menge Literatur ein. Er war der Wissenschaftler, den ich mir vorgestellt, vielleicht sogar gewünscht hatte. Die, die sich für sein Fach interessierten, empfing er mit offenen Armen. An der Universität Freiburg hatte er den Lehrstuhl für Grenzgebiete der Psychologie inne – in ganz Deutschland die einzige Professur, die sich im Wesentlichen mit parapsychologischen Themen beschäftigte. Man kann sagen: Bender gab der Parapsychologie in Deutschland den akademischen Rahmen. Die Zeit war auch reif. Die Gesellschaft erlebte einen Umbruch. Die 68er-Bewegung trat an, nicht nur die Gesellschaft, sondern auch den Lehrbetrieb an den Hochschulen zu entstauben. Denkverbote waren verpönt; die Studenten widmeten sich mit mehr Energie den Grenzen der Wissenschaft als andere Generationen.
Hans Bender nutzte dieses Interesse. Er inszenierte seine Vorlesungen regelrecht: Jeden Dienstag während des Semesters las er in der Aula der Universität. Bevor er ans Pult trat, wurde der Raum verdunkelt, ganz so, als wenn die Aufführung in einem Theater anfangen würde. Nur die kleine Leselampe brannte, damit er seine Aufzeichnungen sehen konnte. Die Szenerie war perfekt, die Aula war fast immer bis auf den letzten Platz besetzt, und es herrschte absolute Ruhe. Nicht nur Studenten aller
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