Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)
alle Verwandten von mir waren. Ich stand ganz vorn mit meiner Tante, als der Sarg ins Grab gelassen wurde. Zwei Tage später kam mein Opa mit Lähmungserscheinungen ins Krankenhaus. Zweieinhalb Wochen später starb er. Die Beerdigung verlief genauso wie die in meinem Traum.
Als ich den dritten Traum hatte, hatte ich mich gerade mit meiner Freundin gestritten. Ich träumte, dass sie in der Schule zu mir kommen würde, um sich zu entschuldigen, während ich gerade vor unserem Kiosk stand. Am nächsten Tag war es dann auch so.
Jetzt habe ich aber schon dreimal geträumt, dass ein Junge, den ich sehr gern habe, von einem Auto angefahren wird und stirbt. Und das passiert immer an der Kreuzung, an der er im letzten Herbst angefahren wurde. Und immer erzählt mir mein Freund Timm, dass Basti (so heißt der Junge) tot sei, dass er mir sagen soll, dass Basti mich immer noch liebt (wir waren mal zusammen). Ich habe jetzt solche Angst, dass es wirklich passiert. Was soll ich machen?
Als ich den Brief zur Seite lege, fällt mein Blick auf meine Archivordner. Es gibt einen ähnlich gelagerten Fall, in dem mich eine Frau anrief. Nach kurzer Suche finde ich meine Notizen und sehe den Fall wieder vor mir:
Die Frau rief mich damals an und erzählte zuerst, dass sie bereits zwei Freunde durch einen Motorradunfall verloren habe. Jedes Mal habe sie vorher von dem Unfall geträumt, sodass sie nun alarmiert sei, denn: Sie träume wieder von einem Unfall. Dieses Mal stehe ihr Freund im Mittelpunkt, der sich gerade ein Motorrad zulegen wolle. »Ich habe jetzt schon dreimal geträumt, dass er auch bei einem Motorradunfall ums Leben kommt.« Sie sagte mir, dass sie nun, gerade wegen der beiden anderen Träume, fürchterliche Angst habe. »Ich habe ihn darauf angesprochen«, erzählte sie. »Ich habe ihm von meinen Träumen erzählt, aber er mag mir nicht glauben. Nun flehe ich ihn an, sich kein Motorrad zu kaufen.« Offensichtlich konnte er ihre Furcht nicht nachvollziehen. Die Frau suchte Hilfe. Träumte sie wirklich Ereignisse vorher?
Mein Mentor Hans Bender sprach bei Wahrträumen immer von einem »sehr engen Band zwischen dem inneren und äußeren Schicksal«. Der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung schrieb in einer Arbeit von seiner Idee eines »organisierenden Archetypus«, der unabhängig von Zeit und Raum »sinnvolle Koinzidenzen zwischen Psyche und Natur herbeiführe«. Jung geht in seiner Analyse davon aus, dass in jedem Menschen archetypische Bilder angelegt sind, auf die wir zurückgreifen können. Diese Bilder können wir intuitiv erfassen, zum Beispiel im Traum. Sie sollen uns laut Jung auf etwas in unserem Leben hinweisen. Wenn dieses Konzept richtig ist, könnte man sagen:
Ja, es gibt Wahrträume. Auch wenn sie keinen mystischen Ursprung haben, sondern aus uns selbst stammen.
Würde das auch heißen, dass man Wahrträume nutzen kann? Dass man die Lottozahlen oder den Fortgang einer Partnerschaft vorhersehen kann?
Manche Menschen versuchen, aus der latenten Fähigkeit, Ereignisse vorherzuträumen, eine Art Geschäftsmodell zu machen. Manche bieten anderen ihre Dienstleistung an, indem sie als Hellseher arbeiten. Das ist ein Fehler, den viele Hellseher machen, die über ein eigenes paranormales Erlebnis in den »Beruf« finden. Sie denken, sie würden Signale empfangen. Ein Mensch, der spontan paranormale Erlebnisse wahrnimmt, hat aber keine Möglichkeit, diese auf Wunsch herbeizuführen. Es gibt keinen Schalter, den man drücken könnte, und keine Kraft, die zum Einsatz kommt. Damit schließe ich nicht aus, dass es Wahrträume gibt. Es ist, wie ich schon andeutete, sehr wahrscheinlich kein Zufall, wenn jemand Szenen erlebt, die er vorher geträumt hat. Sehr wahrscheinlich gibt es einen Bedeutungszusammenhang zwischen einem Traum und der Person, die in einem Traum vorkommt. Überhaupt haben Träume eine Funktion. Sie weisen uns wahrscheinlich auf Handlungsoptionen in unserem Leben hin.
Träume sind vermutlich auch dazu da, unser Augenmerk im Alltag auf Alternativen oder auf Probleme zu richten, die wir noch nicht realisiert haben. Wir sollten den Traum, den Wahrtraum zumal, als Alarmsignal akzeptieren. Wenn im Auto eine rote Lampe aufleuchtet, wäre es ja auch dumm zu glauben, es handle sich um einen Zufall. Vielleicht weiß man nicht immer gleich, was die rote Lampe bedeutet. Sie ist aber eine Aufforderung, in die Werkstatt zu fahren.
Was ist also zu tun, wenn Sie öfter einen Wahrtraum haben? Es gibt eine Technik, mit
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