Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)
behandelt wie ein zuverlässiges Signal. Daraus folgt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er so, wie er geträumt wurde, auch eintritt, mit jedem Wahrtraum abnimmt. Wir haben es also mit zwei gegenläufigen Prozessen zu tun – der eine erhöht die Wahrscheinlichkeit für solche Träume, der andere verringert die Wahrscheinlichkeit ihres Eintreffens.
Genau diesen Sachverhalt habe ich der jungen Frau erklärt. Sie wirkte daraufhin zwar schon gelassener, wollte aber wissen, was sie nun eigentlich tun könne.
In der Tat gibt es noch einen aktiven Teil beim Umgang mit Wahrträumen. Es ist fast wie im Märchen. Es gibt eine Pi-mal-Daumen-Regel: Wenn die Träume angenehm waren und etwas ausdrückten, was man sich wünscht, soll man nicht darüber sprechen und sie möglichst schnell vergessen. Wenn es etwas Schlimmes ist, soll man mit den Betroffenen darüber reden. Die meisten Menschen haben dabei Angst vor »sich selbst erfüllenden Prophezeiungen« und trauen sich daher nicht, das Unheil anzusprechen. Natürlich soll man niemandem unnötig Angst machen, aber das Dokumentieren eines Wahrtraums blockiert sein Eintreten. In diesem Falle hatte die junge Frau ja schon mit ihrem Freund gesprochen. Das war gut so, und ich sagte ihr das auch.
Ich weiß: Oft ernten die Betroffenen in einer solchen Situation hinterher Hohn und Spott, weil sie als überbesorgt gelten – vor allem wenn nicht wirklich etwas passiert. Ich denke aber, das ist nur ein kleines Übel.
14. Kapitel:
Tabuthemen: Verhexung, Verfluchung
Ein weiterer Brief, den ich in die Hand nehme und der mit Telepathie zu tun hat, wirft wieder die Frage auf, ob Menschen Gedanken übertragen können. Kann es sein, dass ein uns übel gesinnter Mensch uns mit Gedanken verflucht und Einfluss auf uns nimmt?
Sehr geehrter Herr von Lucadou!
Ich freue mich, Sie durch den ersten brieflichen Kontakt kennenzulernen.
Vor circa sechs Jahren habe ich mich von meiner Frau getrennt, weil ich mit einer anderen Frau eine neue Beziehung eingegangen bin. Meine Exfrau machte mir mehrere Eifersuchtsszenen, die aber ihre Wirkung verfehlten. Der Haken an der Sache ist aber, dass sie sich schon immer mit spiritistischen Sitzungen beschäftigt hat. Ein guter Freund von damals teilte mir seinerzeit mit, dass sie einmal zwei Voodoo-Puppen habe anfertigen lassen und sie auf dem Friedhof vergraben hat. Ob das hundertprozentig der Wahrheit entspricht, kann ich nicht sagen. Aber auszuschließen ist es nicht, da sie sich schon immer mit so etwas befasste. Ich glaube, dass ich mittlerweile davon betroffen bin.
Es fing an mit meinem Bein, mit dem ich auf einer Wiese umgeknickt bin. Nach dem Missgeschick war mein Bein ein Trümmerhaufen, ich habe einige Monate im Krankenhaus verbracht. Ich bin immer noch krankgeschrieben und leide an starken Schmerzen, obwohl der Unfall schon vier Jahre zurückliegt.
Finanziell bin ich dadurch schwer geschädigt. Früher war ich selbstständig, heute bin ich nun Sozialhilfeempfänger.
Dann höre ich ständig Klopfzeichen in der Wohnung. Die Türen gehen von selbst auf, obwohl niemand außer mir da ist.
Eines Abends beim Fernsehen hatte ich einen brennenden Schmerz im Bein. Als ich am folgenden Morgen wach wurde, hatte ich einen Riss über den ganzen Oberschenkel, und mein Bein war wieder einmal wund.
Ich habe einen drei Jahre alten Sohn, mit dem wir nur Pech haben. Wir müssen mit ihm zum Kinderpsychologen, weil er ein sehr aggressives Verhalten an den Tag legt, mit dem wir nicht fertig werden. Ich könnte Ihnen noch viel mehr schreiben, aber das würde kein Ende nehmen. So arm wie heute war ich noch nie in meinem ganzen Leben. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir helfen könnten.
Fälle wie dieser liegen verhältnismäßig oft in meinem Postfach. Menschen, die sich in einer anhaltenden Lebenskrise befinden, fühlen sich vom Unglück verfolgt. Ich notiere mir die Worte »synchronistische Überschwemmung« auf einem Blatt Papier, als ich den Brief zur Seite lege.
Die synchronistische Überschwemmung tritt bei einer Reihe von paranormalen Phänomenen auf; unter anderem findet man sie bei dem, was wir als »Verhexung« 40 bezeichnen.
Im vorliegenden Fall würde ich jedoch nicht von einer Verhexung, sondern eher von einer Verfluchung sprechen. Das ist ein ernsthaftes Problem, das von den Kollegen aus der Psychologie zu wenig beachtet wird. Verfluchung gibt es in vielen Familien; viele Konflikte enden mit der Verfluchung eines Streitgegners.
Weitere Kostenlose Bücher