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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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immer den Großteil über mich ergehen lassen. Er rief mich zu jeder Tages- und Nachtzeit an, wenn er eine Idee hatte, noch bis vor wenigen Jahren, aber nach meinem ersten Herzinfarkt hörte er damit auf. Jetzt erzählt er mir gar nichts mehr, aus Angst, es könnte mich aufregen. Und Davy ist genauso schlimm.« Sie hämmerte mit großem Nachdruck einen weiteren Nagel in die Wand. »Wenn Sie und Robbie nicht wären, hätte ich überhaupt keine Ahnung mehr, was da oben auf Rosehill vor sich geht.«
    Ich konnte die leichte Verärgerung in ihrer Stimme hören. Schon die ganze Zeit hatte ich mich gefragt, warum sie nie zu Besuch kam oder warum Peter und David sie anscheinend nicht auf Rosehill sehen wollten. David liebte seine Mutter, Peter lag ungeheuer viel an ihr, und ihr Interesse an unserer Arbeit war offensichtlich. Ich lehnte mich nachdenklich mit dem Rücken an die Wand. »Warum kommen Sie nicht einfach mal herauf und sehen sich die Ausgrabung an? Ich führe Sie gern herum und zeige Ihnen, wie weit wir gekommen sind.«
    Sie zog die Mundwinkel nach unten. »Dann würde Peter einen Herzinfarkt bekommen, aus lauter Sorge, daß mich der Spaziergang überanstrengen könnte. Nein, ehe dieser Dummkopf von einem Doktor mich nicht für gesund genug erklärt, eine ganze Meile im Spurt zurückzulegen, werde ich auf Rosehill nicht willkommen sein.« Sie hielt das zweite Bild an die Wand und drehte sich halb zu mir um. »Nun, wie sieht das aus?«
    »Sehr gut.«
    Die Hängung war wirklich gut, was mich ungeheuer erleichterte. Ich hatte die Leiterin des Museums am Morgen nur kurz gesprochen, aber sie erwartete offenbar Großes von der »beratenden Expertin«, die Davids Mutter mitgebracht hatte, und ich versuchte mein Bestes, um ihre Erwartungen nicht zu enttäuschen. Gemälde und andere großformatige Ausstellungsstücke waren leider nicht meine Stärke. Ich kannte mich gut mit historischen Fundstücken, frühgeschichtlichen Artefakten aus – wußte, wie man sie am besten zur Geltung bringt, wie man sie beleuchtet und so weiter –, aber was die Ausstellungsgestaltung im großen Rahmen betraf, da war ich normalerweise verloren.
    Trotzdem hatte ich mich ganz wacker geschlagen. Der ungeordnete Haufen von Fotos und langen, reichgeschmückten Gewändern, mit dem wir vor ein paar Stunden begonnen hatten, war schon zu einem recht professionell aussehenden Überblick über die »Geschichte der Woche der Heringskönigin« gediehen.
    Die Woche der Heringskönigin war nämlich, wie Nancy mich informierte, das große Ereignis des Sommers in Eyemouth.
    Nach allem, was ich gehört hatte, war die Wahl einer jungen Einheimischen zur diesjährigen Heringskönigin ein wirklich sehenswertes Ereignis – die Königin und ihre Begleiterinnen trugen farbenfrohe Gewänder und Schärpen, und das ganze Ritual wurde von fröhlichen, tagelang andauernden Festivitäten begleitet. Davids Mutter hatte sich redlich bemüht, so gut wie möglich zu beschreiben, was sich in der besagten Woche abspielen würde, mir dann aber geraten, lieber Jeannie zu fragen. »Jeannie war selbst einmal Heringskönigin, sie kann Ihnen alles darüber erzählen. Das war ihr Kleid, das violette dort. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ihre Mutter es für sie nähte.«
    Im Britischen Museum hatte ich es mit vielen wunderbaren Exponaten zu tun gehabt – antiken Mosaiken, alter römischer Glaskunst, seltenen, unbezahlbaren Stücken. Doch das erhebende Gefühl, das ich empfunden hatte, wenn ich sie in ihren Schaukästen anordnete, war nichts im Vergleich zu der Befriedigung, die es mir verschaffte, dieses eine Heringskönigingewand – ein furchtbares, mit Rüschen überladenes Ding aus dunkelviolettem Taft – sorgsam an seinem Platz in der Ausstellung zu arrangieren.
    Heimatmuseen, fand ich, hatten gegenüber ihren größeren Brüdern den Vorteil, daß sie eine persönlichere und freundlichere Atmosphäre besaßen. Ich gehörte zwar nicht nach Eyemouth, wie die Einheimischen sagen würden, aber als ich in diesem kleinen Fischermuseum stand, wo Nancy Fortunes muntere Erzählungen mich wie eine frische Brise an der See umgaben, Jeannies Kleid auf einem Ständer in der Ecke hing und die ganze Vergangenheit der Gemeinde um mich herum versammelt war, spürte ich ein seltsames Gefühl der Zugehörigkeit.
    Es wärmte mich wie eine gemütliche Wolldecke, und ich kuschelte mich einen Moment tief in sie hinein, ehe mein Realitätssinn mich zwang, sie wieder abzulegen. Du bist nur den

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