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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Schleudern, als ich abrupt auf das Bremspedal trat, und ich riß meine Hände vors Gesicht. Als ich sie nach einer Weile wieder herunternahm, waren sie naß. Der Wagen war gegen ein Geländer auf der anderen Straßenseite geprallt und dort zum Stehen gekommen, direkt gegenüber dem verunglückten Range Rover. Ich konnte sehen, daß die Sitze leer waren. Nach einigem Fummeln am Türgriff taumelte ich heraus und ließ mich vom Sturm über die Straße wehen.
    »David!« schrie ich voller Panik, die Hände in dem vergeblichen Versuch, gegen den Wind anzuschreien, zu einem Trichter an den Mund gelegt. Er war nicht mehr im Range Rover. Ich schnitt mir die Hände an dem zerbeulten Blech auf, als ich den Wagen nach ihm durchsuchte, aber er war nicht da. Schluchzend und vor Schock und Schmerz zitternd verließ ich die Unfallstelle und stolperte durch das dichte Dorngestrüpp am Straßenrand. »David«, rief ich wieder, aber der Sturm erstickte mein Rufen. Ich ließ mich verzweifelt zu Boden sinken.
    An meinen Haaren strömte das Wasser in Bächen herab, und meine Hände hinterließen blutige Spuren auf den bereits durchweichten Kleidern, die mir am Körper klebten. Der Wind schnitt wie eine eisige Klinge durch mich hindurch. Ich erschauerte.
    Auf einmal hörte ich undeutlich eine tiefe Stimme rufen. Hoffnungsvoll hob ich das Gesicht und sah mich um. Aber es war nicht David. Es war nicht David.
    Es war niemand. Ein zuckender Blitz erhellte das leere Moor und die vom Wind niedergedrückten Dornbüsche. Doch als der Donner polternd verklang, vernahm ich wieder die Stimme, die merkwürdig hohl tönte, so als würde jemand versuchen, mich aus großer Entfernung zu erreichen. »Claudia.«
    Die schwachen Umrisse eines Mannes nahmen unsicher vor dem silbrigen Regenvorhang Gestalt an, um sich gleich darauf wieder aufzulösen. Als ich mir die Regentropfen aus den Augen blinzelte, schien er eine neue, gewaltige Anstrengung zu unternehmen, und der Schemen erschien wieder vor mir, deutlicher diesmal. Dunkle Augen, die nicht ganz menschlich waren, blickten mich sanft an.
    Der Umriß eines Arms oder einer Hand hob sich, als wollte er mich berühren, und diesmal konnte ich die Anstrengung regelrecht sehen, ich sah, wie er darum kämpfte, die Worte zu formen. » Non lacrimas, Claudia. «
    Weine nicht.
    Ich spürte einen eisigen Hauch auf meiner Wange, als er versuchte, meine Tränen wegzuwischen, und dann glaubte ich, den Schatten lächeln zu sehen. » Non lacrimas «, wiederholte er und löste sich im Regen auf.
    Aus Furcht, mich zu bewegen, starrte ich weiter auf die Stelle, wo ich ihn gesehen hatte, ungeachtet des brüllenden Sturms und des düsteren, bewegten Himmels. Wieder teilte ein Blitz die Wolken und beleuchtete die unebene Fläche vor mir, und auf einmal entrang sich mir ein Schluchzer schierer Erleichterung.
    Ein Mann kam über das Moor gelaufen.
    Er wirkte ungeheuer groß, ein starker Riese, der mit mühelosem Schritt Farn- und Dorngestrüpp überwand. Es war, als hätte jemand eine Sanduhr umgedreht, so daß die Zeit rückwärts lief und ich wieder in dem Bus nach Eyemouth saß und ihn zum erstenmal sah, wie er über das wilde Moor auf mich zukam.
    Er trug etwas auf den Armen, das in einen leuchtend gelben Regenmantel gewickelt war, irgendein Tier mit leblos baumelnden Beinen.
    Ich sah, wie er stehenblieb, sich gegen den Sturm aufrichtete und auf den Jaguar starrte, dessen rote Motorhaube in das Straßengeländer verkeilt war. Dann drehte er sich zur Seite und sah mich neben dem Wrack des Range Rovers im Gras hocken, und noch ehe ich meine Stimme wiederfand, um ihn zu rufen, begann er zu laufen.
    Ich wollte ihn nie wieder loslassen. Wir saßen warm und sicher im Inneren des Jaguars und tropften auf die Ledersitze, aber meine Hände hatten sich an sein nasses Hemd geklammert und wollten sich nicht von ihm lösen.
    David hatte sich mit seiner freien Hand Adrians Autotelefon geschnappt, um seine Mutter anzurufen und zu hören, ob sie in Sicherheit war. Jetzt rollte er mich sanft ein Stückchen zur Seite, um das Telefon wieder auf die Konsole zu legen. Wir hockten beide dicht zusammengedrängt auf dem Beifahrersitz, aber das schien ihm nichts auszumachen. Er zog an einem Hebel und schob den Sitz zurück, um mehr Platz für seine Beine zu haben, dann legte er die Arme um mich und drückte mich an seine Brust.
    Das Bündel, das er mitgebracht hatte, lehnte neben uns auf dem Fahrersitz. Der kleine Kopf war zur Seite gerollt, und ich

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