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Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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streckte eine Hand aus, um eine nasse schwarze Locke aus Robbies blassem Gesicht zu streichen. Er war unverletzt, atmete normal und schlief, eingehüllt in Davids Regenmantel, den Schlaf des Gerechten.
    Zum Glück, dachte ich. Denn die Worte, die ich zu David gesagt hatte, als wir uns draußen im Regen aneinandergeklammert hatten, waren nicht für die Ohren Dritter bestimmt, schon gar nicht für die eines Achtjährigen.
    »Bist du sicher, daß es ihm gutgeht?« fragte ich.
    »Ja. Aber wie ein so kleiner Junge es den ganzen Weg hier raus geschafft hat …« David zog den weiten Regenmantel enger um Robbies Schultern und nahm dann meine Hand sachte vom Gesicht des Kindes. »Du weckst ihn noch auf, wenn du so weitermachst.«
    Ich ließ ihn in Ruhe und lehnte mich wieder gegen Davids Brust. »Es ist nur, weil er so blaß aussieht.«
    »Dabei bin ich derjenige, der blaß sein sollte. Ich habe ihn fast überfahren. Der Junge ist direkt vor mir über die Straße gerannt – hat mich beinahe zu Tode erschreckt. Ich konnte gerade noch erkennen, daß es Robbie war, ehe ich den Rover zur Seite riß und mich überschlug, und nachdem ich mich aus dem Schlamassel befreit hatte, bin ich ihm sofort nachgelaufen. Ich konnte ihn bei diesem Sturm ja nicht allein draußen im Moor herumlaufen lassen«, erklärte er. Ich fühlte, wie sein Kinn mein Haar streifte, als er seinen Blick wieder auf den schlafenden Jungen richtete. »Zuerst wollte ich ihm am liebsten eine Ohrfeige verpassen, muß ich gestehen. Ich hätte bei dem Ausweichmanöver umkommen können.«
    Seine Stimme wurde leise, und er blickte durch das beschlagene Fenster über das Moor, das sich bis nach Saint Abb’s erstreckte.
    »Ich hätte umkommen können«, wiederholte er.
    Ich drückte ihn noch fester an mich.
    So gut ich konnte, hatte ich versucht zu erklären, was geschehen war, aber meine Erklärungen waren lückenhaft geblieben. Ich hatte die Geschehnisse wirr und unzusammenhängend herausgesprudelt, wobei ich zwischen Fabia und dem Fortuna-Anhänger hin und hergesprungen war. Später würde ich David alles noch einmal der Reihe nach berichten müssen, sagte ich mir.
    Aber nicht jetzt. Nicht jetzt. Wir würden noch genug Zeit zum Reden haben, wenn wir erst wieder heil auf Rosehill angekommen wären.
    »David?«
    »Ja?«
    »Ich glaube, ich habe die Wagenschlüssel verloren.«
    Er lachte. »Keine Sorge. Wie es aussieht, würden sie uns sowieso nicht viel nützen. Wir stecken nämlich ganz hübsch in diesem Geländer fest.«
    Ich sah zerknirscht auf die zerdrückte Motorhaube des Jaguars, aber David strich mir durchs Haar und hielt mich fest, während der böige Wind am Wagen rüttelte. »Es wird alles wieder gut«, beruhigte er mich. »Und wie ich meine Mutter kenne, ist Rettung schon unterwegs.«
    Er hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, als Blaulicht hinter uns aufleuchtete und Sirenengeheul das Tosen des Sturms übertönte.

REQUIESCAT

     
    … and trust
    With faith that comes of self-control,
    The truths that never can be proved
    Until we close with all we loved
     
    Tennyson, »In Memoriam«, CXXX

XXXVI
     
    Der Sturm war zur Teezeit vorübergezogen, aber der Himmel blieb grau und trübe und lag schwer über den durchweichten Feldern und den tropfenden Dachfirsten von Rosehill.
    »Kann um Himmels willen jemand das Licht anmachen«, sagte Peter, streckte sich in seinem zerknautschten Ledersessel aus, nahm seinen halb geleerten Drink in die eine Hand und legte die andere auf Murphys schwarzen Rücken. »Ich habe für heute genug von dunklen Schatten.«
    Ich griff nach dem Schalter einer Lampe, und die roten Wände strahlten ein warmes Licht wider. Charlie, die kleine Graue, bewegte sich unruhig auf meinem Schoß und kniff die Augen in dem plötzlichen Licht zusammen, bevor sie ihr kleines Gesicht mit einem leisen Schnurren zwischen meinen Beinen vergrub. Sie und ich, dachte ich, waren hier die Außenseiterinnen – zwei geduldete weibliche Wesen in einer Männerrunde. Aber schließlich war dieser Raum in seiner ganzen Art auch ein Männerzimmer. Wally, der in einer Ecke saß, die Füße hochgelegt und die Augen gegen den aufsteigenden Rauch seiner Zigarette halb geschlossen, sah ganz so aus, als ob er hier hereingehörte. Ebenso David, der sich neben mir auf dem alten, abgenutzten Ledersofa lümmelte und einen Arm lässig um meine Schultern geschlungen hatte, während er mit dem anderen Robbie an sich drückte.
    Robbie, inzwischen hellwach, ließ keine negativen

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