Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition)

Titel: Die Geister von Rosehill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
Vom Netzwerk:
erreichen würden und daß man bitte darauf achten solle, beim Aussteigen keine Gepäckstücke liegenzulassen.
    Ich zwang mich, wach zu werden und mich zu erheben, wobei ich mich in dem schwankenden Gang an den Sitzen festhalten mußte. Die Frau auf dem Platz hinter mir sah auf und lächelte. »Gut, daß Sie aufgewacht sind«, sagte sie freundlich. »Der Zug hält erst wieder in Dunbar.«
    Ich lächelte zurück. »Ja, ich weiß.« Ich hatte nicht die Absicht, meine umständliche Anreise von vor einer Woche – du lieber Himmel, war das erst eine Woche her? – zu wiederholen. Die Zeit dazwischen kam mir viel länger vor. Doch hier fuhr ich also wieder, am Freitag der Woche darauf, mit dem gleichen Zug nach Norden, nachdem ich meine Angelegenheiten in London geregelt und genug Kleider für die Sommersaison auf Rosehill zusammengepackt hatte.
    In Wahrheit, gestand ich mir ein, als ich mich durch den Gang des Waggons schlängelte, hatte meine Schwester Alison den größten Teil des Packens besorgt. Alison war sehr tüchtig und dachte an alles, was erklärte, weshalb ich jetzt mit drei Koffern beladen war. Der kleinste, vom Format einer Aktentasche, enthielt die Toilettenartikel, der nächstgrößere Schuhe und sperrige Dinge und der größte, vom Ausmaß eines Schranks, enthielt wohl so ziemlich meine gesamte Garderobe. Ich traute mich gar nicht nachzusehen. Zusammen belegten meine Koffer beinahe die gesamte Kofferablage am Ende des Zweite-Klasse-Waggons.
    Es war kein Kinderspiel, sie aus dem Zug zu hieven. Selbst der Gepäckträger, der mir seine Dienste angeboten hatte, war ziemlich aus der Puste, als er den letzten Koffer auf den Bahnsteig gewuchtet hatte. »Brauchen Sie …«, schnaufte er, holte tief Luft und versuchte es noch einmal, »brauchen Sie Hilfe, um das Gepäck die Treppe hinaufzutragen?« Das Angebot war sehr galant von ihm, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Nein, vielen Dank, ich werde abgeholt.« Ich entließ ihn mit einem großzügigen Trinkgeld und setzte mich auf eine Bank, um auf Adrian zu warten.
    Hinter mir fuhr der Zug aus dem Bahnhof hinaus, und ich blieb in der friedlichen Stille zurück, die nur gelegentlich von dem Geflatter einer Taube unter dem alten Bahnhofsdach unterbrochen wurde.
    Es war ein hübscher kleiner Bahnhof, nach zwei Seiten offen und lichtdurchflutet; er war, wie mir eine Tafel erklärte, genau auf der Stelle erbaut, an der sich einst die große Empfangshalle von Berwick Castle befunden hatte. Ich schloß halb die Augen und versuchte, mir den Ort ohne Züge vorzustellen, mit Buntglasfenstern, die das warme Licht der Nachmittagssonne färbten, und ein paar Jagdhunden, die um einen noch glimmenden Kamin herum dösten. Ich wollte der Szene gerade Menschen hinzufügen, Männer in Wämsern und Reithosen aus weichem Leder und Damen mit raschelnden Gewändern, als eine nur allzu vertraute Stimme mich gnadenlos in die Gegenwart zurückbeförderte.
    »Großer Gott!« Adrian starrte entsetzt auf den Mammutkoffer. »Was um alles in der Welt hast du denn da drin?«
    »Keine Ahnung. Alison hat ihn gepackt. Ihre Art, sich dafür zu bedanken, daß ich ihr für den Sommer meine Wohnung zur Verfügung stelle.«
    Er hob skeptisch eine Augenbraue. »Du vertraust deine Wohnung einer Studentin an? Das ist aber mehr als tolerant von dir, findest du nicht? All die wilden Partys …«
    »Alison? Sei doch nicht blöd. Sie würde nie auf die Idee kommen, eine wilde Party zu schmeißen. Im Gegenteil«, sagte ich grinsend, »sie wird wahrscheinlich eher dafür sorgen, daß auch die Nachbarn keine veranstalten.« Alison war schon immer die Vernünftige in der Familie gewesen. Ich wußte, sie würde meine Pflanzen gießen und meine Fenster sauber halten und meine Salzstreuer wieder genau bis zur vorgefundenen Höhe auffüllen.
    »Studiert sie immer noch Ingenieurwesen?« fragte Adrian, worauf ich nickte.
    »Noch ein Jahr bis zum Examen. Diesen Sommer hat sie einen Job bei einer Firma in Westminster, so daß meine Wohnung perfekt für sie liegt und sie nicht soviel Zeit in der U-Bahn verplempern muß. Und sie wird sich um meine Sachen kümmern.«
    »Sie scheint dir eh das meiste mitgegeben zu haben«, bemerkte er und sah wieder auf meine Koffer hinunter.
    »Ach, das ist eben Alison. Sie findet, man muß auf alles vorbereitet sein. Sie hat bestimmt ein Abendkleid eingepackt und vermutlich auch meinen Wintermantel …«
    »Schade, daß sie nicht auch noch an ein kleines Maultier gedacht hat«, flapste

Weitere Kostenlose Bücher