Die Geisterverschwoerung - Mara deckt auf
 ⦠«
Frau de Santis stemmte eine Hand in die Hüfte. »Ich dachte, ich hätte langsam alle Nachbarskinder durch. WeiÃt du, dass mir das ständig passiert? Aber ich sagâs gern noch mal: Ja, ich bin Geisterjägerin! Aber ihr klingelt doch auch nicht bei einem Maurer, um ihn zu fragen, ob er wirklich Maurer ist, oder? Und nein, ich kann dir keine Fotos von Geistern zeigen. Sind damit alle deine Fragen beantwortet?«
Ihre Empörung verunsicherte Mara. »Na ja  ⦠«
Frau de Santis nickte ungeduldig. »Dann ist es ja gut. Tut mir leid, aber ich hab gerade unheimlich viel zu tun. Mein Beruf klingt vielleicht lustig, aber er ist ziemlich anstrengend. Vielleicht habe ich ja ein anderes Mal mehr Zeit zum Plaudern.«
Ehe Mara noch etwas sagen konnte, fiel die Tür zu. Mara wandte sich um und atmete tief durch. Auf einmal sah sie auf dem verwilderten Grundstück gegenüber etwas aufblitzen. Ein Fernglas! Lucas!
Nachdenklich versuchte sie, seinem Blick zu folgen. Wo starrte er hin? An der Tür war schlieÃlich nichts mehr los  ⦠Er schien das Fenster neben der Tür ins Visier genommen zu haben! Ob es da etwas zu sehen gab? Neugierig spähte Mara durch das Glas ins Haus und blickte in ein groÃes Wohnzimmer. Zwischen dunklen Polstermöbeln schritt Frau de Santis auf und ab und betrachtete einen runden Gegenstand, der genau in ihre Handfläche passte. Eine runde Dose aus Metall, vielleicht Messing. Sie war abgeschabt und wirkte antik. Frau de Santis drehte daran herum, tippte auf die Oberfläche und drehte wieder ein Stück. SchlieÃlich schüttelte sie den Gegenstand ärgerlich. Mit hängenden Schultern sagte sie irgendetwas, das Mara durch das Glas nicht hören konnte. Sie schien traurig.
In diesem Moment bemerkte Mara eine dunkle Gestalt. Wie hatte sie sie zuvor übersehen können? Sie löste sich aus dem Schatten des groÃen Wohnzimmerschranks â und hatte die Umrisse eines kräftigen Mannes. Aber das war mit Sicherheit kein Mensch. Es lief nicht auf zwei Beinen â es flog! Wie schwarzer Rauch im Wind, fast wie ein Tornado, sauste es über die Möbel auf Frau de Santis zu, drehte kurz vor ihr ab und richtete seine Wut gegen die Wand. Nein, gegen ein Gemälde! Der schwere Rahmen krachte zu Boden.
Frau de Santis drehte erschrocken den Kopf und Mara stieà einen Schrei aus. Die Geisterjägerin wandte den Kopf zum Fenster.
Mara wich ihrem Blick nicht aus, sondern deutete hektisch auf den schattenhaften Geist hinter Frau de Santis. Dieses Wesen war so voller Wut und so kraftvoll  â¦
Frau de Santis verlieà das Wohnzimmer. Gleich darauf öffnete sich die Haustür.
»Was ist los? Was machst du noch hier? Und was sollen die wilden Handzeichen? Willst du mir damit etwas sagen?«
»Das mit dem Gemälde â das war ein Geist! Haben Sie nicht gespürt, wie er auf Sie zugerast ist, bevor er das
Bild runtergeworfen hat? Irgendwas hat ihn wütend gemacht.«
Frau de Santis musterte sie. Erst ungläubig, dann überrascht. »Du kannst Geister sehen ?«
Mara hatte noch nie mit jemandem darüber gesprochen. Aber die schlanke Frau schien auch keine Antwort zu erwarten.
»Komm doch bitte mal mit.« Sie führte Mara ins Wohnzimmer, hob den abgestürzten Rahmen auf und lehnte ihn mit ruhiger Hand gegen die Wand. »Okay, kannst du mir sagen, wo er jetzt ist?«
Mara lieà ihren Blick von der Tür aus durchs Zimmer schweifen. Es sah aus wie in einem englischen Herrenhaus: schwere, alte Möbel, eine geblümte Tapete, ein Kamin mit Feuerholz, der wuchtige Schrank, den sie schon von auÃen gesehen hatte  ⦠Aber einen Geist konnte sie nirgends entdecken. Oder? War da nicht eine Bewegung?
»Da ist er! Hinter dem Vorhang!«
Frau de Santis ging in aller Seelenruhe darauf zu. »In meinem Haus benimmt man sich, Geist!«, sagte sie mit vorwurfsvollem Ton. »Wer mich hier angreift, will offenbar Krieg.«
Der schwarze Umriss zögerte einen Augenblick, dann sauste er hinter dem Stoff hervor in Richtung einer zweiten Tür. Das Ganze geschah so schnell, dass es den Anschein hatte, als würde das schattenhafte Wesen nur einen einzigen groÃen Schritt quer durchs Zimmer machen. Gespenstisch! So etwas hatte selbst Mara noch nie gesehen.
»Ist er weg?«, flüsterte Frau de Santis in die Stille hinein.
»Ja, er ist dorthin  â¦
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