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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Perlen durch ihre Finger gleiten. »Meine Mom macht mir Angst. Wirklich«, fügte sie hinzu,
als sie Jennys ungläubigen Blick sah. »Ihre Arbeit an der Uni … Computer und das alles.« Dee schaute zum Fenster.
    Jenny folgte ihrem Blick und sah nur die Vorhänge aus jenem verzierten Stoff, der aus dem einstigen Königreich Dahomey stammte.
    »Du hast Angst vor der Technik ?«, fragte sie erstaunt.
    »Ich habe keine Angst vor der Technik. Ich gehe die Dinge nur gern … du weißt schon, direkt an.« Dee hob eine schlanke, geballte Faust, und Jenny betrachtete die angespannten Sehnen in ihrem dunklen Unterarm. Kein Wunder, dass Dee keine Angst vor allem hatte, was mit Schwertern und Zauberei zu tun hatte – passte sie selbst doch wunderbar in diese heroischen Mythen hinein.
    »Das ist auch der Grund, warum ich nicht aufs College gehen werde«, fuhr Dee fort. »Ich will mit den Händen arbeiten. Nichts Intellektuelles.«
    »Aba würde dich ohrfeigen«, erwiderte Jenny. »Und dein Gehirn arbeitet mindestens so gut wie deine Hände …« Sie brach ab, weil Dee erneut zum Fenster schaute.
    »Dee?« Jenny richtete sich kerzengerade auf und stellte endlich die Frage, die sie von Anfang an hätte stellen sollen. »Was hast du gezeichnet?«
    »Es geschieht nichts.«
    »Was hast du gezeichnet?«
    Draußen vor dem Fenster erglühte ein rotes Licht, wie der Schein eines fernen Feuers. Ein knisterndes Geräusch ließ Jenny herumfahren, und sie entdeckte, dass es aus Dees Stereoanlage qualmte.

    »Was …?«, hauchte Jenny. Dee ging zum Fenster hinüber.
    »Was wird passieren?«, brüllte Jenny und sprang auf. Ein plötzliches Dröhnen erschütterte den Raum und hallte in Jennys Knochen wider.
    Draußen vor dem Fenster erschien eine Silhouette, dunkel vor dem hellen roten Hintergrund.
    »Dee!« Jenny packte ihre Freundin und versuchte, sie vom Fenster wegzuziehen. Voller Panik, denn das Ding da draußen war gewaltig  – von dumpfem, mattem Schwarz, umgeben von der roten Aura seiner Glut, blendete es die Sterne aus. Ein wilder Wind ließ die Eukalyptusbäume fast zusammenknicken.
    »Was ist das?«, schrie Jenny und spürte vage, wie Dee sich an sie klammerte. Dumme Frage, schalt sie sich. Was konnte es denn sein, das da draußen vor dem Fenster schwebte wie eine Halbkugel mit der flachen Seite nach unten? Plötzlich schossen sechs Lichtstrahlen, hell wie Phosphorfackeln, aus dem flachen Boden des Dings.
    Einer der Strahlen schwang herum und leuchtete direkt durchs Fenster. Jenny war geblendet, sie hörte nur noch das Klirren von Glas, und ein heftiger Windstoß fuhr ihr durchs Haar. Das Fenster ist weg, dachte sie.
    Der Wind, der sie umtoste, war eisig und fühlte sich irgendwie elektrisch an. Hinter ihr fiel ein Messingtablett mit einem lauten Krachen zu Boden.
    Genau in diesem Moment stellte Jenny erschrocken fest, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Der Lichtstrahl
lähmte sie, ihre Muskeln waren wie Gelee. Der starke, stechende Geruch eines Gewittersturms lag in der Luft.
    Ich werde sterben, dachte sie. Ich werde nie wieder aufwachen.
    Unter großer Kraftanstrengung drehte sie ihren Kopf Hilfe suchend in Dees Richtung. Dee starrte wie gebannt auf das Licht, die Pupillen nicht größer als Nadelspitzen. Außerstande, sich selbst zu helfen. Oder gar Jenny.
    Kämpfe, dachte Jenny schwach.
    Und dann kam die Ohnmacht erneut über sie, diesmal wie das Hineinsickern in eine schwarze Schlammpfütze.
     
    Der Raum war rund. Jenny lag auf einem Tisch, der sich ihrer Körperform angepasst hatte. Ihre Augen brannten und tränten und sie verspürte eine große Abneigung gegen jegliche Form der Bewegung. Ein weißes Licht schien von oben auf sie herab.
    »Es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe«, erklang eine heisere Stimme. Jenny kämpfte so weit gegen ihre Trägheit an, dass sie den Kopf drehen konnte. Dee lag einige Meter entfernt auf einem anderen Tisch. »Genau wie das, was ich über die Besucher gelesen habe, genau wie in meinen Träumen.«
    Jenny hatte sich bis jetzt keine großen Gedanken über Ufos und Außerirdische gemacht, aber das hier war ganz bestimmt nicht das, was sie erwartet hätte. Das Einzige, was sie über Aliens wusste, war, dass sie Menschen … etwas antaten.

    »Das war also dein Albtraum«, sagte sie.
    Dees perfektes Profil war nach oben gerichtet, zu dem weißen Scheinwerferlicht über ihr, und sah genau so aus wie eine ägyptische Schnitzarbeit. »Oh, genial«, sagte sie. »Noch

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