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Die Gejagte

Die Gejagte

Titel: Die Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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sagen, begann Jenny, ihr zu helfen; sie beugte sich vor, um mit ihren Händen über und unter dem Knauf, den Dee umfasst hielt, gegen die Tür zu drücken. Im Schlüsselloch steckte ein riesiger Schlüssel.
    »Du musst drücken«, keuchte Dee.
    Jenny lehnte sich noch stärker dagegen, legte ihr ganzes Gewicht in die Bewegung, während Dees Körper direkt über ihr gegen die Tür drückte. Die Tür erwiderte den Druck und wölbte sich stärker. Das leise, schwere Knurren schwoll an. Jenny spürte, wie ihre Muskeln zu zittern begannen. Wütend senkte sie den Kopf, schloss die Augen und biss die Zähne zusammen.
    »Drücken!«
    Plötzlich gab die Tür um zwei entscheidende Zentimeter nach und schloss sich. Dees Hand schoss zu dem Schlüssel und drehte ihn herum. Es folgte ein Klicken, das Geräusch eines vorgeschobenen Riegels.

    Und die Tür drückte nicht länger zurück.
    Jenny stolperte rückwärts – die plötzliche Entspannung ließ ihre Beine schwach werden –, dann sah sie die Tür an. Keine Wölbung. Auch kein Knurren mehr. Nur eine gewöhnliche Tür mit sechs Vertäfelungen, so reglos und unschuldig, wie es eine Tür nur sein konnte.
    Im Flur herrschte vollkommene Stille.
    Jenny wich an die gegenüberliegende Wand und ließ sich langsam zu Boden gleiten, bis sie auf den Fersen hockte. Der Haaransatz an ihrer Stirn war nass.
    Dee stützte sich mit einer Hand an der Wand neben der Tür ab.
    »Hi«, sagte Jenny schließlich.
    »Hi.«
    Mit leerem Blick starrten sie einander an.
    »Hast du die anderen gesehen?«
    Dee schüttelte den Kopf.
    »Ich auch nicht. Er hat gesagt – du weißt schon, er « – Jenny hielt inne, bis Dee nickte –, »er hat gesagt, ihr wärt überall im Haus verteilt. Und würdet euch euren Albträumen stellen.« Jenny betrachtete die Tür. »Warst du da drin?«
    »Nein, ich war im Salon und habe Tom beobachtet und dann ist mir ganz plötzlich schwindlig geworden. Ich bin hier auf dem Flur aufgewacht. Da war nur diese eine Tür, und ich habe mich gefragt, was wohl dahinter steckt, also habe ich sie geöffnet.«
    »Oh. Und was steckte dahinter?«

    »Nur ein mittelmäßiges, potthässliches Monster.«
    »Wie die auf den Bildern – der Kriecher und der Schleicher?«
    »Nein, wirklich hässlich. Ungefähr so wie Trainer Rogers.«
    Dee nimmt’s ja ziemlich gefasst, dachte Jenny. Sie wirkte zwar angespannt und ernst, aber zugleich sehr schön, wie eine aus Ebenholz geschnitzte Statue.
    »Wir sollten uns besser mal umschauen«, sagte sie. »Vielleicht finden wir die anderen.«
    »Okay.« Jenny rührte sich nicht.
    Dee hatte sich gar nicht erst hingesetzt und streckte ihr nun die Hand hin.
    »Komm schon. Hoch mit dir.«
    »Ich werde ohnmächtig.«
    »Wag es bloß nicht. Auf die Füße, Soldat!«
    Jenny stand auf. Sie blickte den Flur entlang. »Ich dachte, du hättest gesagt, da wäre nur eine Tür gewesen. Was ist dann das da?«
    »Die war vorher nicht da.«
    Sie betrachteten beide die Tür. Sie war genau wie die erste, mit sechs Vertäfelungen, unauffällig.
    »Was, denkst du, ist hinter der da?«, fragte Jenny bedächtig.
    »Lass uns nachsehen.« Dee streckte die Hand nach dem Knauf aus.
    »Warte, du Wahnsinnige!« Jenny presste ein Ohr gegen das Holz. Sie konnte nichts hören außer ihrem eigenen
Atem. »Okay – aber mach dich darauf gefasst, sie schnell wieder zu schließen.«
    Dee ließ ein wildes Grinsen aufblitzen und stellte sich in Position, um die Tür mit einem Tritt wieder zuschlagen zu können. Jenny legte die Hand auf den Knauf und drehte ihn.
    »Jetzt«, sagte Dee, und Jenny riss die Tür auf.

Der Raum hinter der Tür hatte ockergoldene Wände. An einer von ihnen hing eine primitive afrikanische Maske in ihrer vollen Pracht. Mehrere Tonskulpturen standen auf Einbauregalen aus Teakholz, einschließlich einer Büste, die wie Nofretete aussah. Lederkissen lagen auf dem Boden verteilt, eins davon neben einer Gym-Ecke mit kompletter Fitnessstudio-Ausstattung.
    Es war Dees Zimmer. Die Büste hatte ihre Großmutter Aba von Dee angefertigt. Neben dem Bett türmten sich Schulbücher und auf dem Nachttisch lag ein Stapel halb erledigter Hausaufgaben.
    Jenny liebte dieses Zimmer, sie liebte es, jedes Mal aufs Neue zu entdecken, was Aba ihrer Enkelin von ihren Reisen mitgebracht hatte. Aber es ausgerechnet jetzt zu sehen, war beängstigend.
    Sobald sie drin waren, schloss sich die Tür hinter ihnen  – und verschwand. Als Jenny sich bei dem Geräusch umdrehte, sah sie dort, wo

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